Wenn der Golem erwacht
Stirn.
»Schluss mit lustig, einverstanden!«, sagte ich und sah ihr tief in die Augen.
Zum ersten Mal seit unserer Begegnung in der Tiefgarage verlor Rica Aden ihre Selbstsicherheit und Überlegenheit. Verwirrung und Angst sprachen aus ihrem flatternden Blick.
Todesangst.
Dachte sie an das ausgelöschte Beduinendorf im Jemen, an den erwürgten General in Bogotá und an den erschossenen Abteilungsleiter in Frankfurt?
Hielt sie mich für einen eiskalten Killer? Und wenn ja, zu Recht?
»Das ist unglaublich. Ihre Geschichte klingt wie das Drehbuch zu einem Hitchcock-Film.«
»Das wäre schön«, erwiderte ich auf Rica Adens Bemerkung. »Dann würde ich einfach zum Ende vorblättern und nachlesen, was hinter der ganzen Sache steckt.«
Die Journalistin, die noch immer unter mir am Boden lag, sah zu mir hoch. Die Angst war aus ihrem Blick verschwunden, nicht aber die Verwirrung.
Ich konnte das gut verstehen. Hätte ich all das nicht am eigenen Leib erlebt, hätte ich es auch nicht geglaubt. Und selbst jetzt fragte ich mich hin und wieder, ob ich nicht nur träumte.
Angefangen mit meinem Erwachen in der falschen Klinik, hatte ich ihr alles erzählt. Nur Max hatte ich nicht erwähnt. Ich wusste selbst nicht genau, warum ich von dem Theater und Max mit keiner Silbe gesprochen hatte. Eine Stimme aus dem Unterbewusstsein hatte mir dazu geraten. Vielleicht die Stimme eines verliebten Narren.
Sonst hatte ich Rica nichts verschwiegen. Sie wusste von Kurtchen und seinem Tod, von meinem Alb träum, von Dr. Ambeus, Schwester Ira und dem seltsamen Golem-Hinweis, der mich auch nicht weiterbrachte. Und sie wusste, dass der Name und das Gesicht von Robert Fuchs mir so fremd erschienen wie von jedem anderen Menschen.
»Was ist?«, fragte ich. »Glauben Sie mir? Oder halten Sie mich für einen Lügner oder einen entsprungenen Irren?«
»Das überlege ich schon die ganze Zeit.«
»Mit welchem Ergebnis?«
»Die SGB jagt keine entsprungenen Irren. Und für eine Lügengeschichte ist das Ganze etwas kompliziert. Das hätte sich selbst ein Baron Münchhausen nicht ausgedacht.«
»Gut.« Ich stieg von ihr herunter und drückte ihr den Revolver in die Hand. »Nehmen Sie?«
»Warum?«
»Ich habe keine Lust auf ein langes Katz-und-Maus-Spiel. Wenn Sie mich verpfeifen oder erschießen wollen, tun Sie's sofort.«
Sie sah den Revolver und dann mich an. »Was ist die Alternative?«
»Wir arbeiten zusammen. Sie helfen mir, das Loch in meinem Kopf zu stopfen. Was immer wir herausfinden, es ist Ihre Exklusiv-Story.«
»Eine Partnerschaft also?«
»Ja.«
»Hm«, machte sie überlegend. Mit einer schnellen Bewegung setzte sie die Revolvermündung an meine Stirn und zog den Hahn zurück. »Haben Sie Angst?«
»Nicht viel«, antwortete ich ehrlich. »Liegt vielleicht daran, dass ich nicht so recht weiß, was ich zu verlieren habe.«
»Ihr Leben«, sagte sie und drückte ab.
Das klickende Geräusch hallte noch in mir wider, als Rica Adens lautes Gelächter den Raum erfüllte. Sie bog sich förmlich vor Lachen und ließ den Smith & Wesson achtlos auf den marmeladenbeschmierten Läufer sinken.
Ich schnappte mir die Waffe und klappte die Trommel auf. Sämtliche Kammern waren leer.
»Ich habe heute Nacht die Patronen entfernt«, kicherte die Journalistin. »Der geladene Revolver war mir zu gefährlich. Ich habe damit gerechnet, dass Sie mir das Ding wieder abnehmen.«
Ich beugte mich dicht über sie. »Haben Sie damit gerechnet, oder haben Sie es darauf angelegt?«
Wieder übte sie ihr unschuldiges Augenrollen. »Was meinen Sie?«
»Ich frage mich, ob Sie mir die Waffe zugespielt haben, damit ich mich sicher fühle und offen zu Ihnen bin.«
»Sie überschätzen mich, Herr Fuchs. Ich bin doch bloß eine Blondine.«
»Eine ziemlich ausgekochte Blondine.«
»Also ein lebendes Paradoxon?«, fragte sie und legte ihre Hände auf meine Schultern.
»Ein sehr verführerisches Paradoxon.«
Ich küsste sie und sie hatte nur darauf gewartet. Ricas Hände wanderten an meinem Rücken hinab und streiften meine Shorts nach unten. Dann griff sie zwischen meine Schenkel und musste sich nicht groß bemühen, um meine Erregung sichtbar zu machen.
Ich hatte meine Hände unter ihren Pulli geschoben und auf den weichen Stoff des Büstenhalters gelegt. Als ich ihre Hose abstreifen wollte, stieß sie mich plötzlich weg und erhob sich.
»Einen Augenblick, ich muss etwas holen.«
»Was?«, fragte ich konsterniert.
»Ein Kondom. Oder hast du eine
Weitere Kostenlose Bücher