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Wenn der Golem erwacht

Wenn der Golem erwacht

Titel: Wenn der Golem erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Kastner
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Aufenthaltsräume für die Hafenarbeiter enthielten. Versuchsweise drückte ich gegen eine Tür, vergebens. Wahrscheinlich waren sämtliche Gebäude verschlossen. Ein gewaltsames Eindringen hätte meinen Aufenthaltsort verraten. Ich zog mich in einen schmalen, finsteren Durchgang zwischen zwei Baracken zurück und hoffte, dicht an den Boden gekauert, dass die anderen mich hier nicht entdeckten. Für den Fall, dass meine Hoffnung vergebens war, hielt ich die Glock-Automatik schussbereit in der Rechten.
    Der Regen trommelte so laut auf die Wellblechdächer der Baracken, dass ich kaum etwas anderes hörte. Vielleicht hatte ich mein Versteck doch nicht so klug gewählt. Aber jetzt war es zu spät, um es mir anders zu überlegen. Ich sah die SGB-Leute zwar nicht, nahm aber an, dass sie sich auf die Baracken zubewegten. Ich hoffte, dass sie mich in der Düsternis des engen Durchgangs übersahen und glaubten, ich hätte mich längst abgesetzt.
    Jetzt, wo ich ruhig da lag, kroch die Kälte in meine Glieder und machte sich in mir breit. Ich war ihr wehrloses Opfer. Jede Bewegung, die mich hätte wärmen können, konnte mich zugleich verraten. Also lag ich still in Nässe und Kälte und wartete. Hin und wieder wechselte ich die Glock von einer Hand in die andere, um wenigstens die Finger der jeweils freien Hand zu bewegen. Wenn sie steif wurden, konnte ich mich nicht auf die Pistole verlassen.
    Zum ersten Mal seit dem Auftauchen der Polizisten vor Ricas Wohnung hatte ich Zeit, darüber nachzudenken, wie sie mich wohl aufgespürt hatten. Die Erklärung, die mir zuerst einfiel, wollte mir gar nicht gefallen: Vielleicht hatte Rica mich verpfiffen. Aber dann hätte sie sich ihrer hübschen Exklusiv-Story beraubt. Natürlich war es möglich, dass sie mit Kranz eine ähnliche Abmachung getroffen hatte, zu meinem Nachteil.
    Ich empfand es als unfair, Rica zu verdächtigen. Es musste eine andere Erklärung geben. Die Videokamera am Hofeingang vielleicht. War mein Gesicht doch aufgenommen worden, und war die Aufnahme dem SGB in die Hände gekommen? Möglich, aber sehr, sehr unwahrscheinlich.
    Und dann glaubte ich es zu wissen: Die Tiefgarage am Potsdamer Platz! Dort gab es mit Sicherheit Überwachungskameras wie in jedem großen Parkhaus. Vielleicht war ich dort gefilmt worden. Vielleicht hatten die Kameras aber auch nur Ricas Chrysler aufgenommen, der im Hell-Drivers-Stil durch die Garage jagte. Wenn die SGB-Leute nicht dumm waren, hatten sie die Aufnahmen der fraglichen Zeit überprüft. Und falls Ricas Kennzeichen auf dem Videofilm zu erkennen war, bedurfte es nur noch einer Halteranfrage beim Straßenverkehrsamt. Wie dumm von mir, dass ich nicht früher daran gedacht hatte. Mich bei Rica in Sicherheit zu wiegen, war Leichtsinn gewesen, grobe Fahrlässigkeit!
    Die Regentropfen schlugen auf mich ein und zerplatzten vor mir am Boden. Immer mehr Pfützen entstanden, wurden größer. Unter diesem Aspekt hatte ich mir ein schlechtes Versteck gewählt. Bald lag ich mit dem Oberkörper in einer einzigen großen Lache. Es war so unangenehm, dass ich schließlich darüber nachdachte, meine Position zu verändern. In diesem Augenblick hörte ich Schritte, dann zwei Stimmen:
    »… der Kerl bloß? Als hätte er sich in Luft aufgelöst.«
    »… dunkel …«
    »… sollten Unterstützung anfordern … Hubschrauber mit Suchscheinwerfern …«
    »… andere Befehle … unter uns bleiben …«
    »Verfluchter Auftrag! Ich könnte mir bei dem Sauwetter was Schöneres vorstellen.«
    Die Schritte wurden lauter und hörten sich auf dem nassen Asphalt wie ein widerhallendes Patschen an. Und dann sah ich die weißlich fluoreszierenden Umrisse der beiden, obwohl eine Barackenecke zwischen ihnen und mir lag. Noch einmal krümmte ich die Finger der rechten Hand, um ihre Beweglichkeit zu prüfen, dann wechselte ich die Automatik von links nach rechts und stützte die Schusshand mit der Linken ab. Die Mündung wies auf die Stelle, wo die beiden Männer erscheinen mussten.
    Sie traten hinter der Ecke hervor. Der erste mit einer Pump-Gun, der zweite mit einer kleinen Maschinenpistole. Es waren die beiden, vor denen ich mich vorhin zwischen den Fässern verborgen hatte.
    Diesmal hatte ich nicht soviel Glück. Der Typ mit der-Pump-Gun erstarrte für einen winzigen Moment, dann ging ein Ruck durch seinen Körper, und er richtete seine klobige Waffe auf mich.
    »Er liegt da am Boden, zwischen den Barack …«
    Der Rest seines Ausrufs ging in der

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