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Wenn der Hunger erwacht (German Edition)

Wenn der Hunger erwacht (German Edition)

Titel: Wenn der Hunger erwacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rhyannon Byrd
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dessen, was heute Nacht passiert war. Die heiße Dusche hatte natürlich geholfen, aber vor allem war es diese Frau. Sie hatte irgendetwas an sich – etwas, das er schon bei ihrer ersten Begegnung gespürt hatte. Etwas, das den Druck abschwächte, der seit so langer Zeit auf ihm lastete und ihn beherrschte. Gleichzeitig hungerte er unersättlich nach ihr und würde bis zum Tode kämpfen, um sie zu beschützen. Seltsame, beunruhigende Gefühle für einen Mann, der immer stolz auf seine Distanziertheit gewesen war – darauf, sich um niemanden außer sich selbst Sorgen zu machen.
    Er strich sich das nasse Haar aus dem Gesicht. Für eine Zigarette hätte er jetzt einen Arm gegeben, aber er hatte die Schachtel in seinem Apartment gelassen, und vom Geschmack ihres Atems wusste er, dass sie nicht rauchte. „Als ich aus diesem Traum erwachte“, erzählte er, „wusste ich, dass etwas nicht stimmte. Ich konnte spüren … Scheiße, ich weiß nicht, wie ich das erklären soll. Als ob da so ein Ding in mir wäre, das herauskommen wollte. Und anders als in den Albträumen früher, hat es diesmal verdammt wehgetan.“
    Ihre Brauen zogen sich sorgenvoll zusammen. „Es hat wehgetan?“
    „Und wie.“ Er sah zu, wie sie ihre Hände unter der Spüle wusch, zurückkam und einen Tupfer in Alkohol tränkte.
    „Du hast dagegen angekämpft, oder?“
    „Ja“, murmelte er und verzog das Gesicht, als sie mit dem Tupfer über die tiefste Schnittwunde an seinem Arm fuhr.
    „Das hat vielleicht die Schmerzen verursacht.“
    Die Luft, die er jetzt mit einem tiefen Atemzug aufsog, roch nach Molly und der Zitronenseife, mit der sie ihre Hände gewaschen hatte. „Ja, vielleicht.“
    Sie riss die Verpackung eines neuen Tupfers auf. „Was ist dann passiert?“
    „Ich wusste sofort, dass diese Kreatur dich in dem Traum bedroht hat, und im nächsten Augenblick stürmte ich auch schon hinaus in die Nacht, in den Wald. Wie ein Verrückter bin ich durch den Wald gerannt, bis ich es gehört habe. Ich hielt an, und da war er. Wartete auf mich. Rief nach mir. Oder so was.“
    Ihre Hand hielt inne, ihre Augen flackerten angsterfüllt. „War er … hat er genauso ausgehen wie in dem Traum?“
    „Ganz genauso.“ Sein Mund verzog sich zu einem bitteren Lächeln. „Hat mir eine Heidenangst eingejagt.“
    Sie kümmerte sich jetzt um die oberflächlicheren Wunden, achtete peinlich genau darauf, was sie tat. „Aber trotzdem bist du nicht zurückgewichen, sondern hast gekämpft. Du bist nicht abgehauen, wie die meisten Leute es getan hätten.“
    Fast liebevoll musterte er sie, hätte ihr am liebsten das Haar hinters Ohr gestrichen, um ihr Mienenspiel beobachten zu können. Vielleicht könnte er sie dann verstehen. Könnte dahinterkommen, was eigentlich in ihr vorging, denn ihm war längst klar, dass dies alles kein Schwindel sein konnte. Er wollte herausfinden, was sie antrieb – was sie dazu brachte, ihr Leben zu riskieren, indem sie ihm komische Botschaften aus dem Jenseits überbrachte. Allerdings war für ihn immer noch kaum vorstellbar, dass sie tatsächlich mit dem Geist seiner Mutter sprach. „Woher willst du wissen, dass ich nicht abgehauen bin?“
    Das kurze Lächeln, das sie ihm schenkte, brachte etwas in seiner Brust zum Schmelzen. „Ich weiß es einfach. Egal wie die Chancen stehen, ich kann mir nicht vorstellen, dass du dich jemals ohne Kampf geschlagen gibst.“
    Ian rollte eine Schulter und spürte eine merkwürdige Hitze im Nacken. „Na ja, dieses Wesen hat mich ganz schön in den Arsch getreten.“
    „Du hast dich also nicht verwandelt?“ Sie rieb seinen Oberarm mit einer antiseptischen Salbe ein. „Nicht einmal, als du mit dem Wesen gekämpft hast?“
    „Irgendwas ist passiert“, erzählte er nachdenklich. Die kühle Salbe linderte den Schmerz. „Es hat noch einmal Drohungen gegen dich ausgestoßen, es würde dich schon noch kriegen, und das machte mich wütend genug, um … um herauszulassen, was immer da in mir ist, und ihm eine Chance zu geben. Aber dann schien der Casus in dem Wald irgendetwas anderes wahrzunehmen.“
    Sie runzelte die Stirn. „Was denn?“
    „Keine Ahnung. Vielleicht irgendein Tier. Ein Bär. Oder ein Berglöwe. Was immer es war, es hat die Kreatur verjagt.“
    „Und du bist hierhergekommen.“ Sie sagte das gedämpft, beinahe feierlich.
    „Ja. Ich …“ Die Worte blieben in der Luft hängen, als sie sich mit einer Hand auf seinen Oberschenkel stützte und ihre Aufmerksamkeit den hässlichen

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