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Wenn der Keks redet, haben die Krümel Pause

Wenn der Keks redet, haben die Krümel Pause

Titel: Wenn der Keks redet, haben die Krümel Pause Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malte Pieper
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Schüler zu beleidigen.
    Einmal warf er einem Schüler, der wegen der Beerdigung seiner Oma nicht da gewesen war, vor, er hätte geschwänzt, und als der Schüler widersprach, sagte Herr Merovic nur: «Ach komm, sei doch ruhig. Jetzt willst du auch noch recht behalten. Denk ja nicht, dass du gegen mich eine Chance hättest. Ich hab Lebenserfahrung. Du bist ein kleines Würmchen, und die Pubertät vernebelt dir die Sinne!»
    Ein anderes Mal schrie er, nachdem er wiederholt Ruhe eingefordert hatte, dass wir ihn alle mal kreuzweise könnten. Solche Worte haben eine magische Wirkung auf Schüler, denn es wurde sofort still. Herrn Merovic machte das noch wütender: «Ach, wenn ich euch beschimpfe, seid ihr ruhig oder was? Ihr seid so was von asozial!»
    Wie nett von ihm. Schön, wenn Lehrer immer ein gutes Wort für ihre Schüler übrighaben. Aber was will man von einem Lehrer erwarten, der mit seinen Nerven am Ende und von der Gesichtsfarbe her kurz vor der Selbstentzündung steht? Ich wartete eigentlich nur darauf, dass sich ein grünes Licht um Herrn Merovic herum entfachte und er von Außerirdischen in deren Raumschiff gebeamt und als Versuchskaninchen in ein extraterrestrisches Labor entführt würde. Dort hätte er dann gesessen und gerufen: «Das habt ihr doch alles gewusst, ihr Schüler! Ihr steckt doch mit denen allen unter einer Decke!»
    Das geschah aber nicht, und so konnte der alte Merovic weiter seine cholerische Ader an den Schülern ausleben. Beschimpfungen wie «Du bist doch einfach nur blöd!» oder der oft benutzte Reim «Kappe uffm Kopp, gegelte Haare uff der Stirn, heißt große Fresse, schlechte Noten, doch zum Sterben zu viel Hirn» waren an der Tagesordnung.
    Einem Mädchen, dem er eine Klassenarbeit mit der Note fünf zurückgegeben hat, hielt er vor, dass sie «weniger kiffen» und sich mehr für die Schule engagieren solle, dann wäre sie auch nicht «so ekelhaft spargeldünn». Was Herr Merovic eigentlich wusste, wohl aber in dem Moment vergessen hatte: Das Mädchen war gerade aus einer Magersuchtbehandlung zurückgekehrt. Herr Merovic erhält von mir im Nachhinein den Sonderpreis des «Taktlosen Arschlochs» in Gold. Herzlichen Glückwunsch!
    Gerne beleidigte er Schüler auch, wenn seine Opfer sowieso schon Grund zur schlechten Laune hatten. Eines Tages meinte er zu Orhan, der sich ein Bein beim Fußballspielen gebrochen hatte: «Sieh es positiv! Jetzt kapieren deine osmanischen Bandenfreunde vielleicht auch mal, dass man sich beim Einbrechen auch verletzen kann.» Orhans empörte Antwort, er habe sich das Bein beim Fußball gebrochen, wischte Herr Merovic weg mit der Bemerkung: «Ach was. Das würde ich dann auch sagen. Ihr seid doch alle gleich.»
    Im Übrigen war dies das einzige verbale Vergehen, das nicht völlig ohne Folgen blieb. Orhan beschwerte sich über Herrn Merovics Rassismus, und Herr Merovic musste sich entschuldigen.
    Da werden Hunderte Talkshows und Tausende Studien über asoziale Jugendliche und Problemkinder abgehalten, man beklagt die mangelnde Kommunikationskultur und den fehlenden Respekt junger Menschen, und dann sitzt man vor solchen Lehrern. Schon mal was von Vorbildfunktion gehört?!
    Wer beschimpft wird, der wird auch selber vor Beleidigungen nicht zurückschrecken. Das Gleiche gilt für häusliche Gewalt. Man könnte viel Zeit und Geld für Antiaggressionstrainings und Resozialisierungsprozesse sparen, wenn man die Vorbildfunktion der Erwachsenen – nicht nur die der Lehrer – mal wieder etwas mehr in den Fokus der Aufmerksamkeit rücken würde.
    Mal eben was kopieren
    Auch in anderen Bereichen gehen Lehrer nicht immer mit gutem Beispiel voran und dienen ihren Schülern als Vorbild.
    Bei uns zeigte sich das an der hohen Raucherquote im Lehrerkollegium. Dumm nur für alle rauchenden Lehrer und Schüler, dass das Rauchen auf dem Schulgelände irgendwann verboten und somit auch der Raucherbereich auf dem Schulhof aufgelöst worden war. Ab diesem Moment mussten alle vor dem Schultor qualmen. Eigentlich nicht weiter schlimm, wenn der Weg bis dahin nicht so weit gewesen wäre und einige Lehrer das Rauchen in den regulären Pausen neben Arbeitsblätterkopieren und Kaffeemachen einfach nicht mehr schafften.
    Folglich saßen einige besonders nikotinbedürftige Lehrpersonen mit steigendem Entzugspegel im Unterricht. Aber war man nicht Lehrer geworden, um über das, was getan wird, bestimmen zu können? Also verteilten die von der Sucht des Tabakverbrennens gezeichneten

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