Wenn der Keks redet, haben die Krümel Pause
und einigen Ernüchterungen des Alltags verwandelt sich der Engagierte häufig in den Frustrierten.
Der Frustrierte
Ein Lehrer, der mal große Erwartungen an seinen Beruf hatte, aber bald enttäuscht wurde, wird meist zum Frustrierten. Dieser ist erkennbar an einem niedergeschlagenen Blick, der einem sagen möchte: «Ich hatte doch so viel vor.» Außerdem hat der Frustrierte einen Hang zu depressiven Aufgabenstellungen. Wenn also in Mathe nicht mehr von zwei Autos, die von verschiedenen Orten zu verschiedenen Zeiten losfahren, die Rede ist, sondern gefragt wird, wann zwei Züge, die sich auf demselben Gleis entgegenkommen, ineinanderrasen, dann kann man davon ausgehen, dass der Lehrer die Wandlung zum Frustrierten vollzogen hat.
Fragt er dann in der nächsten Aufgabe nicht, wie lange der Krankenwagen zum Unfallort braucht, sondern welche Zeit ein Leichenwagen für dieselbe Strecke benötigt, so hat der Frustrierte sich in den Resignierten verwandelt.
Der Resignierte
Der Resignierte hat vor seinem Beruf kapituliert. Er schleicht nur noch mit hängenden Schultern und leerem Blick durch die Schule und wartet auf seine Pensionierung – selbst, wenn er erst Mitte dreißig ist.
Zum Resignierten hier nicht mehr, da ich sonst depressiv werde.
Die Untoten
Am schlimmsten sind die Lehrer, die nicht einem bestimmten Typus angehören, sondern einfach nur schrullig sind. Damit meine ich nicht, dass ein Lehrer eine merkwürdige Art an sich hat oder Klamotten trägt, die nicht zueinanderpassen. Ich meine die Lehrer, die man schon von weitem sehen, hören, fühlen, schmecken und riechen kann. Bei diesen pädagogischen Abschreckungsbeispielen wollen selbst die Streber nicht in der ersten Reihe sitzen.
Liebe Lehrer mit Hang zur überdosierten Parfümierung und zu Augenlicht bedrohender Bekleidung: Habt Erbarmen mit nachfolgenden Schülergenerationen!
Brot kann schimmeln, ihr könnt nix!
Und noch eine Gemeinsamkeit eint die Lehrerschar: Sie haben alle denselben Feind: die Schüler. Unisono beschweren sie sich dementsprechend über deren flegelhaftes Verhalten, ihren ruppigen Umgangston und zunehmende verbale Unverschämtheiten.
Dabei sind die Lehrer selber oft alles andere als Unschuldslämmer auf dem Gebiet der sprachlichen Entgleisung. Aussagen wie: «Boah, seid ihr so doof, oder tut ihr nur so?» oder «Jedes Mal, wenn ich bei euch Unterricht habe, brauch ich danach mindestens drei Stunden Pause» gehören da zu den eher harmloseren Varianten.
«Aber das ist doch nicht böse gemeint. Bei solchen Sprüchen muss man doch auf den Kontext achten», argumentieren Lehrer dann gerne, wenn man sie darauf hinweist. Das wollen wir bei folgendem Fall mal ausführlich tun:
Es war ein besonders schwieriger, weil unglaublich heißer Schultag im Mai. Ein spätes Frühlingshoch – oder war es ein frühsommerliches? – bescherte uns Sonne pur und blauen Himmel, sorgte aber auch dafür, dass es in der Schule unerträglich warm wurde und die Luft in den Klassenräumen sich zunehmend verschlechterte. Wüstenstämme aus der Sahara trieben ihre Kamele über den Schulhof und errichteten ihre Zelte auf der Wiese neben der Sporthalle. Es war ihnen in ihrer Heimat zu kalt geworden, und sie suchten nach einem warmen Plätzchen. Bei uns wurden sie an diesem Tage fündig.
Natürlich war unsere Schule nicht klimatisiert, und auch nicht das leiseste Lüftchen drang durch die geöffneten Fenster. Wir wagten damals aber nicht, auf hitzefrei zu hoffen, denn wir wussten: unser Schulleiter verkündete dies nur, wenn um sieben Uhr morgens die Temperatur im hintersten Loch im zweiten Untergeschoss des Kellers über 35 °C stieg. Also nie.
Sturmfrei hatten wir schon mal, als das Unwetter Kyrill über Deutschland wütete, und schneefrei gab es auch ab und zu, aber hitzefrei kannten wir nur aus dem Fernsehen. Beziehungsweise von allen anderen Schulen der Stadt um uns herum. Aber bei uns – wo kämen wir denn da hin?
Dementsprechend missmutig saßen wir in der Klasse und schafften es wenigstens, eine Lockerung des sonst geltenden Trinkverbots durchzusetzen. Es lief die sechste Stunde, auf dem Plan stand Erdkunde mit Herrn Löchel. Wobei das eigentlich nicht stimmte. Eigentlich sollten wir Klassenleiterstunde haben, eine Stunde, in der mit dem Klassenleiter organisatorische Dinge geklärt, Unternehmungen wie z.B. ein Wandertag oder ein Klassengrillen geplant oder Streitigkeiten hätten geschlichtet werden sollen. Herr Löchel beschloss aber, dass
Weitere Kostenlose Bücher