Wenn der Keks redet, haben die Krümel Pause
hervorgebracht hat. Vielleicht sollte man besser von Service
entkräfteten
sprechen, denn sie bewegten sich langsamer als die gefrorenen Schnitzel, die sie in einer großen Mikrowelle erwärmten.
Hatte man das Glück, dennoch mal ein Essen zu ergattern, bezahlte man vier Euro, nur um festzustellen: Von anderthalb kleinen Kartoffeln, einem winzigen Schnitzel und einem Klecks Soße kann nicht mal ein Viertklässler satt werden. Warum man trotzdem alle Gerichte auch als halbe Portionen bekommen konnte, habe ich nie verstanden. Da konnte man sich das Essen doch gleich sparen?!
Im Nachhinein vermute ich Kalkül dahinter. Uns sollten zwei Dinge klargemacht werden: 1 . Mensaessen muss nicht schmecken. 2 . Eine Mensa ist nicht dafür da, hungrigen Schülern etwas zu essen zu geben, sondern die hungrigen Schüler sind für die Mensa da, damit auch diejenigen Menschen Arbeitsplätze finden, die allergisch gegen schnelle Bewegungen sind.
Wie sonst ist es zu erklären, dass jede Woche der gleiche Speiseplan aushing und man nur das Datum darauf änderte?!
Als Schüler hatte man entsprechend darunter zu leiden: Man bekam nicht nur jede Woche den gleichen Fraß vorgesetzt (ich glaube, man hat auch die Reste der Vorwoche wiederverwertet), sondern musste auch immer den Essensgeruch ertragen, der sich im ganzen Schulgebäude verteilte. Einen Vorteil hatte das: Wir wussten immer schon vorher, was es gab. Roch es nach Plastik, gab es Schnitzel, hatte man das Gefühl, in einer Kläranlage zur Schule zu gehen, stand Gemüse auf dem Speisezettel. Und jeden Donnerstag machten sich die Mensabetreiber den unglaublichen Spaß, eine Aktion auszuloben: den «Dönerstag».
Am «Dönerstag» gab es nicht etwa, wie bei einer «Aktion» normalerweise üblich, niedrigere Preise, sondern einfach nur Döner. Wo die «Aktion» war, verriet man uns nicht. Vielleicht ging es dabei auch nur um einen mensainternen Wettbewerb, den Döner jede Woche schlechter zu machen. Was das anging, legten die Mitarbeiter der Mensa überraschenden Aktivismus an den Tag. Immer nach dem Motto: «Wenn wir genug Soße drüberkippen, wird’s schon schmecken.»
Hätten die Türken, als sie vor Hunderten von Jahren vor Wien standen, gewusst, was man in Deutschland einmal als Döner verkaufen würde, sie hätten die Belagerung vermutlich freiwillig aufgegeben. Vielleicht wären sie dann mit dem Schiff losgefahren und hätten Japan erobert. Dann gäbe es heute Sushi mit Tsatsiki oder Döner mit rohem Fisch … (Der Besitzer der türkischen Imbissbude bei mir nebenan verkauft im Übrigen Sushi-Döner. Vielleicht sollte ich ihn mal fragen, ob seine Vorfahren mal in Japan waren.)
Unsere Mensa hat es jedenfalls geschafft, selbst aus den unkompliziertesten Nahrungsmitteln ein kulinarisches Inferno zu zaubern. Leider tat sie dies nicht nur provisorisch, denn das «Provisorium» bestand zu dem Zeitpunkt, als ich die Schule verließ, bereits seit drei Jahren. Ein Mensagebäude mit eigener Küche ist nicht in Sicht. Die Stadt, die das Geld dafür zur Verfügung stellen müsste, fand es wichtiger, eine komplett sinnfreie und historisch sowie architektonisch fragwürdige, aber schweineteure Freitreppe an die Rückseite des Aachener Rathauses zu bauen. Das meinen Politiker also, wenn sie von mehr Geld für Bildung sprechen.
Im Wahlkampf heißt es: «Kinder sind unsere Zukunft.» Und nach der Wahl: «Wenn Kinder unsere Zukunft sind, dann können wir uns ja auch in Zukunft um sie kümmern.» Warum sollte man als Verantwortlicher auch so ein schönes Milliönchen aus dem Kommunalhaushalt in Bildung oder zumindest Schuldentilgung investieren, wenn es die Möglichkeit gibt, die Asche direkt aus dem Fenster zu werfen?! Wahrscheinlich wird ein Bürgermeister, der keine volksferne und sinnlose Investition in ein solches Projekt vorweisen kann, auf Generalsversammlungen ausgelacht.
Nur zur Beruhigung der Schulen, die in Zukunft gezwungen sein werden, Ganztagsunterricht zu gewährleisten, ohne die Mittel dafür zu haben: Im Notfall schnallt sich der Schulleiter eben einen Bauchladen um und verkauft saure Drops und Schokoriegel. Das kann man nun wirklich als Mittagsverpflegung gelten lassen.
Hass und Kotz
In der Schule muss wie so oft im Leben alles eine besonders kreative Bezeichnung haben. Ein Klassenraumanbau darf da nicht einfach Anbau heißen, nein, es muss mindestens eine
Educational Room Expansion
daraus werden. Klingt sinnlos, ist es auch und außerdem grammatikalisch und von der
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