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Wenn der Wetterhahn kräht

Wenn der Wetterhahn kräht

Titel: Wenn der Wetterhahn kräht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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mehr jemanden interviewen, ohne daß man mir fast
den Kopf abreißt.«
    »Ist es wirklich so schlimm?«
    »Noch viel schlimmer. Ich bin nach
Clavaton gefahren, um ein paar Informationen aus Mr. Snell herauszukitzeln.
Aber alles, was er zu sagen hatte, war: ›Dazu kann ich zu diesem Zeitpunkt noch
nichts sagen‹ und ›Das wird unser Aufsichtsrat entscheiden‹ Er hat mir
allerdings versichert, daß er von dem Brand erst erfahren hat, als das Feuer
schon wieder gelöscht war. Er war die ganze Zeit in West Clavaton und hat in
einem Kammerorchester, bei dem er Mitglied ist, Gambe gespielt. Ich habe daraus
die Schlagzeile gemacht ›Snell fiedelt, während Fabrik in Flammen steht‹ aber
mein Chefredakteur will es nicht drucken. Er hat Angst, daß Snell seine
Anzeigen nicht mehr bei uns veröffentlicht, falls die Fabrik irgendwann
wiederaufgebaut werden sollte.«
    »Die Entscheidungen von Chefredakteuren
werden uns Normalsterblichen stets unbegreiflich bleiben, Swope. Irgend etwas
Neues von Ihrem Bruder?«
    »Hunts Zustand ist stabil, soweit ich
weiß. Brink mußte seine Fenster verbarrikadieren und seine Frau und die Kinder
zu ihren Verwandten nach Hoddersville schicken, damit sie in Sicherheit sind.
Mums Cousins Clarence und Silvester Lomax bewachen Brinks Haus, damit der Mob
es nicht niederbrennt, während er weg ist. Ich weiß wirklich nicht, was ich tun
soll, Professor.«
    »Dann würde ich vorschlagen, daß wir
gemeinsam zum Woeful Ridge fahren. Was halten Sie davon?«
    Cronkite war überrascht. »Von mir aus,
wenn Sie gern möchten. Aber warum ausgerechnet Woeful Ridge?«
    »Weil ich seit mehr als zwanzig Jahren
hier in Balaclava County lebe und noch nie auch nur in die Nähe dieses Ortes
gekommen bin, und Sie die dritte Person sind, die den Namen innerhalb der
letzten vierundzwanzig Stunden erwähnt hat, also denke ich, daß es allmählich
an der Zeit ist. Wie sieht es dort eigentlich aus?«
    »Einsam und verlassen. Überall Felsen
und Unkraut. Ein richtig deprimierender Ort, man möchte sich am liebsten
hinsetzen und heulen. Ich weiß auch nicht, warum, aber es geht jedem so. Wollen
Sie sich eine Kugel durch den Kopf jagen, oder was?«
    »Lieber nicht, Swope. Meine Frau würde
es nicht verstehen.«
    »Und schließlich sind Sie ja auch für
Jane verantwortlich.« Cronkite kitzelte den weißen Latz unter dem Kinn der
kleinen Tigerdame und stellte erleichtert fest, daß er zur Abwechslung nicht
angeknurrt, sondern angeschnurrt wurde. »Wollen Sie sofort los? Wir können
meinen Dienstwagen nehmen, dann brauchen Sie Ihren nicht rauszuholen.«
    »Haben Sie schon gegessen?«
    »Meine Mutter hat einen Topf
Hühnersuppe gemacht, den sie Huntley ins Krankenhaus bringen wollte, aber das
Personal hat gesagt, er darf sie nicht essen, deshalb füttert sie mich jetzt
damit. Jedesmal, wenn ich nach Hause komme, um zu telefonieren, setzt sie mir
einen Teller von dem Zeug vor. Zum Mittagessen habe ich zwei Teller essen
müssen, und seitdem noch drei, daher bin ich nicht besonders hungrig. Falls ich
es wäre, könnte ich mir wahrscheinlich inzwischen selbst ein Ei legen. Wenn Sie
wirklich ernsthaft zum Woeful Ridge wollen, Professor, sollten wir uns besser
auf die Socken machen. Der Ort ist schon bei Tageslicht nicht besonders
erhebend, und ich fürchte, im Dunkeln ist es noch schlimmer. Außerdem kriechen
dann die Werwölfe aus ihren Verstecken, glaube ich.«
    Der Dienstwagen des Sprengel-Anzeygers war ein 1974er Plymouth Valiant, der zwar nicht mehr sehr ansprechend aussah, aber
immerhin noch fahrtüchtig war, also fuhren sie. Die sogenannte Fahrt dauerte
allerdings bedeutend länger, als Peter erwartet hatte.
    »Was für eine langweilige Strecke. Ich
wußte gar nicht, daß es hier in Massachusetts so öde Landschaften gibt.«
    »Es wird gleich noch viel öder«,
versicherte Cronkite, und sollte recht behalten.
    »Die Überlebenskämpfer, von denen Sie
gestern abend sprachen, haben sich zum Überleben ja keinen sonderlich
einladenden Ort ausgesucht«, meinte Peter nach einer Weile. »Was machen die
denn bloß hier draußen?«
    »Der Erde näher kommen. Das hat
jedenfalls einer von den Kerlen zu mir gesagt, als ich versucht habe, ihn zu
einem Interview zu bewegen. Er hat seine Aussage dadurch bekräftigt, daß er
mich rein zufällig umgestoßen und mein Gesicht durch den Dreck gerieben hat,
während sechs oder acht andere von den Mistkerlen daneben gestanden und sich
halbtot gelacht haben. Ich vermute, die meiste Zeit sitzen

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