Wenn der Wetterhahn kräht
auch bei Bluthunden ihre Wirkung nicht verfehlten.
Es sei denn, die Hunde gehörten in Wirklichkeit ihr, und die gemütliche Höhle
war nichts anderes als ein Gefängnis, in das sie ihn und Swope hineingelockt
hatte. Doch das würden sie noch früh genug erfahren. Peter hüllte sich in seine
Deckenhälfte. Sie roch nach Holzfeuer. Immer noch besser als brennendes
Seifenfett. Sehr viel besser sogar. Er schloß die Augen und folgte dem Beispiel
seiner Gastgeberin.
Kapitel 9
G ib Kosenamen mir, o Liebster, nenn mich
deine Taube, die zu dir fliegt —.‹ Gebraten oder gekocht?«
»Die Taube oder dein Gehirn?«
erkundigte sich Helen. Bei Catriona konnte man nie wissen. »Sie sind ja heute
bestens bei Stimme, Miss McBogle. Wo haben Sie denn dieses Lied her?«
»Aus einem alten Buch mit dem hübschen
Titel ›Herzenslieder‹. Es steht direkt neben ›Als Liebeskranker ich zu deinen
Füßen liege‹. Um noch einmal auf das eigentliche Thema zurückzukommen: Wie
hätte die Gnädigste ihre Eier denn gern? Gebraten oder gekocht?«
»Ich weiß gar nicht, ob ich überhaupt
ein Ei möchte«, gab Helen zu bedenken.
»Sei ein braves Mädchen und iß deine
Eier, dann zeig ich dir auch ein Foto von Lillian Nordica als Walküre.«
»Du bist einfach ein Herzchen, Cat. Wie
wäre es mit einer einfachen Tasse Tee und einer Scheibe Toast für eine arme
erschöpfte Bibliothekarin? Was trägt man eigentlich hierzulande auf
Walexpeditionen?«
»Darüber brauchst du dir wirklich nicht
den Kopf zu zerbrechen, da du wohl kaum Wale treffen wirst, die du kennst. Und
wenn sie dich nicht kennen, ist es auch egal, was du anhast, oder? Ich
beabsichtige, meine flauschige rote Jogginghose und das Sweatshirt mit dem
Aufdruck ›Rettet den Wal‹ zu tragen. Und für den Fall, daß die Biester uns
bespritzen, nehme ich meinen Regenmantel mit.«
»Bespritzen Wale denn Leute?«
»Woher soll ich das wissen? Ich habe
noch nie einen näher gekannt. Oder auch nur entfernt, was ich, ehrlich gesagt,
vorziehen würde. Ich kann mir vorstellen, daß manche Wale spritzen und andere
eben nicht. Oder andersherum, je nachdem, wie man es sieht. Weizen- oder
Roggentoast?«
»Roggen, bitte.«
»Ein Glück. Ich habe nämlich vergessen,
Weißbrot zu kaufen. Wahrscheinlich, weil ich das Zeug selbst nie esse. Von
Weißbrot fallen einem nämlich die Augenbrauen aus.«
»Tatsächlich? Das wußte ich gar nicht.«
Helen zog einen grüngestrichenen Stuhl unter dem Küchentisch hervor und setzte
sich näher ans Fenster, wo sie die Morgensonne besser genießen konnte. »Ich
finde dein Haus ganz toll, Cat.«
»Und ich finde es ganz toll, daß du
endlich hier bist. Es ist schon so lange her, Marsh, alter Kumpel.«
»Stimmt. Ist es nicht schrecklich, wie
die Zeit vergeht? Oder pulst, oder was auch immer sie tut. Vielleicht ist ein
Ei doch keine so schlechte Idee. Bekommen wir auf dem Boot etwas zu essen?«
»Sie belieben zu scherzen, Madam. Ich
hoffe bloß, daß es wenigstens ein halbwegs vernünftiges Klo auf dem Boot gibt
und nicht nur einen ekligen alten Ködereimer. Ich habe gedacht, ich packe uns
ein bißchen Reiseproviant ein, unter anderem eine Flasche Gewürzrum, die ich
letztes Jahr gekauft habe, weil ich Früchtebrot damit machen wollte. Irgendwie
bin ich dann doch nicht dazu gekommen. Rum hat außerdem ein angenehm nautisches
Flair, findest du nicht?«
»Wir hätten bestimmt auch ein angenehm
nautisches Flair, wenn wir das Zeug trinken würden«, antwortete Helen. »Hast du
nicht etwas Einfaches, Gesundes, wie Scotch oder Bourbon?«
»Selbstverständlich habe ich das.
Welches von beiden wäre deiner Meinung nach medizinisch wirksamer für den Fall,
daß wir seekrank werden?«
»Wir werden schon nicht seekrank,
Catriona. Wir werden lediglich die majestätischen Wale beobachten und unsere
Bootsfahrt genießen. Seekrankheit ist eine Sache der Einstellung.«
»Ich dachte, es hätte etwas mit einem
Knöchelchen im Innenohr zu tun.«
»Und wenn schon.« Helen machte eine
abfällige Handbewegung und begann, das Omelette mit Kräuterfüllung zu essen,
das ihre Gastgeberin scheinbar nebenbei kreiert hatte. »Wo ist Iduna?«
»Schon aufgestanden, glaube ich. Hast
du eine Ahnung, was sie gern zum Frühstück essen würde?«
»Du brauchst sie nur zum Kühlschrank zu
führen, dann bedient sie sich schon. Ich würde vorschlagen, du packst uns ein
paar Sachen für das Picknick zusammen. Oder sollen wir auf dem Weg irgendwo
anhalten und ein
Weitere Kostenlose Bücher