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Wenn der Wetterhahn kräht

Wenn der Wetterhahn kräht

Titel: Wenn der Wetterhahn kräht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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er in die Stiefel
gesteckt. Sein Haar war kurz geschoren, Hunt sagt, er sei nicht normal
gegangen, sondern richtig marschiert. Steif und kerzengerade, wissen Sie, mit
hochgerecktem Kinn. Als er genau auf einer Höhe mit dem offenen Fenster war,
sagt Hunt, hat der Kerl einfach etwas seitwärts geschleudert, ohne den Kopf
auch nur zu bewegen. Das runde Ding, das er geworfen hat, hatte ungefähr die Größe
einer Zitrone, es flog durch die Luft, und sofort danach schossen Flammen aus
dem Fenster. Hunt hat noch versucht, Caspar Flum zu retten, aber die Talgküche
war schon ein einziges Flammenmeer. Hunt hat selbst Feuer gefangen.«
    »Wie grauenhaft! Was ist dann mit Ihrem
Bruder passiert?«
    »Sie haben die Schläuche auf ihn
gehalten und sofort ins Hoddersville Hospital gebracht. Die Ärzte glauben, daß
er durchkommen wird, aber er braucht Hauttransplantationen an den Armen, und
sie können noch nicht genau sagen, ob sie sein linkes Auge retten können.«
    Miss Binks schüttelte ihr ergrautes
Haupt. »Man führt wirklich ein sehr beschauliches Leben hier draußen. Oder
glaubt es zumindest. Ich wüßte gern, wie weit Ihre Verfolger inzwischen
gekommen sind. Soll ich schnell die Lage auskundschaften?«
    »Lieber nicht«, meinte Peter. »Falls
die Bluthunde hier irgendwo in der Nähe sind, könnten sie möglicherweise Ihre
Witterung aufnehmen. Eh — das sollte jetzt keine Beleidigung sein.«
    »Habe ich auch nicht so verstanden, Sie
können ganz beruhigt sein. Wenn man die Umstände bedenkt, bin ich eigentlich
recht sauber. Ihre Bedenken sind zwar berechtigt, Professor Shandy, aber
wahrscheinlich ist es gleichgültig, wo die Tiere sind. Bei der Konstruktion
meiner Höhle habe ich Jagdhunde mit einkalkuliert, ich muß allerdings zugeben,
daß mir Bluthunde damals nicht in den Sinn gekommen sind. Dennoch sind die
Chancen, daß jemand dieses Versteck ausfindig machen könnte, meiner Meinung
nach gleich Null.«
    Schweigend aß sie den Rest ihrer Suppe
auf. Dann legte sie ihren Löffel hin und sagte: »Mr. Swope, ich habe mir Ihre
Worte noch einmal genau durch den Kopf gehen lassen. Könnte es sein, daß der
vermeintliche Soldat, den Ihr Bruder gesehen hat, helles Haar hatte, etwa
vierzig Jahre alt war, möglicherweise aber jünger wirkte, sehr eckige Schultern
und eine schlanke Taille hatte und sich fortbewegte, als hätte er einen Stock
verschluckt?«
    »Meine Güte, Miss Binks, das könnte
durchaus sein. Hunt war nicht allzu konkret, was die Einzelheiten anging. Sie hatten
ihm eine Menge Schmerzmittel verabreicht. Kennen Sie etwa jemanden, der so
aussieht?«
    »In meinem ganzen Leben habe ich nur
einen einzigen Menschen getroffen, der gleichzeitig nach vorne schauen und
trotzdem absolut zielsicher etwas zur Seite schleudern konnte. Er ist ein
entfernter Cousin von mir und heißt Roland Childe. Aufgewachsen ist er ganz in
unserer Nähe in West Clavaton. Roland war einer dieser goldgelockten kleinen
Lieblinge, die es immer wieder schaffen, sich mit einem süßen Lächeln oder Grinsen
aus der Affäre zu ziehen.«
    Miss Binks verzog verächtlich den Mund.
»Ich erinnere mich noch genau an eine Begebenheit aus meiner Kindheit. Meine
Tante hatte mich überredet, bei einem Fest in der Sonntagsschule auszuhelfen.
Leider war Roland auch dort. Er kann damals nicht älter als acht Jahre gewesen
sein, aber irgendwie hat er es geschafft, einen lebendigen Frosch
einzuschmuggeln. Er hat gewartet, bis eine Gruppe Kinder sich um die
Punschschüssel geschart hatten, und dann den Frosch hineingeworfen. Das arme
Tier hat verständlicherweise wie verrückt gestrampelt. Der Punsch, der in der
Hauptsache aus blauem Traubensaft bestand, ist auf die hübschen Kleidchen der
Mädchen und die sauberen weißen Hemden der Jungen gespritzt und hat überall
scheußliche lila Flecken hinterlassen.«
    »Das ist ja hundsgemein«, rief
Cronkite.
    »Allerdings«, stimmte Miss Binks zu.
»Vorher hatten die Kinder auch noch Reise nach Jerusalem gespielt, daher waren
sie erhitzt und durstig, und nun mußten sie dastehen und warten, während wir die
Schüssel ausgespült und neuen Punsch gemacht hatten. Wir haben dafür den ganzen
Saft aufgebraucht, den wir für die zweite Landung vorgesehen hatten. Danach war
natürlich kaum noch etwas übrig, und die Kinder hatten nicht genug zu trinken,
was alles nur noch schlimmer machte. Die Mädchen weinten über ihre
verschmutzten Kleider, die Buben machten sich lustig über sie und alberten
herum, und der süße kleine

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