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Wenn der Wetterhahn kräht

Wenn der Wetterhahn kräht

Titel: Wenn der Wetterhahn kräht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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hat.«
    »Und weil du noch nicht mal genug Speck
auf den Rippen hast, um ein Blech damit einzufetten«, fügte Iduna ein wenig
selbstgefällig hinzu.
    »Ich glaube eher, daß es daher kommt,
daß ich gesehen habe, wie die Männer Eustace umgebracht und ins Wasser geworfen
haben, während du auf der Toilette warst, Cat, und Iduna geschlafen hat.«
    Helen wunderte sich, daß sie dies so
gelassen sagen konnte, aber nach allem, was sie und ihre Freundinnen
durchgemacht hatten, war nicht zu erwarten, daß eine von ihnen über den
schrecklichen Tod des Bootsmannes noch außer sich geraten würde. Iduna kaute
weiter an ihrem Sandwich. Catriona bekundete nur ein rein professionelles
Interesse.
    »Wie haben sie das denn angestellt?«
    »Der Grinser mit dem Bürstenschnitt hat
ihm von hinten eins über den Kopf gegeben. Ich weiß auch nicht genau womit — es
hat ausgesehen wie ein kurzer Stock oder ein Stück Rohr.«
    »Vielleicht ein Knüppel mit einem
Bleigewicht. Und was ist dann passiert?«
    »Er hat Eustace’ Oberkörper gepackt,
und der Kerl, der deine Knöchel festgehalten hat, packte seine Füße, und dann
haben sie ihn gemeinsam über Bord geworfen. Genauso wie sie es bei uns beiden
auch gemacht haben, bloß nicht so — spielerisch.«
    Sie begann wieder zu zittern. Iduna
schenkte ihr noch ein wenig Kaffee ein.
    »Trink das, Helen, und dann sollten wir
besser Treibholz suchen, bevor alles so feucht wird, daß es nicht mehr brennt.
Ich würde bloß gern wissen, wie groß diese Insel ist. Vielleicht gibt es hier
sogar irgendwo ein Haus?«
    Leider gab es keins. Ihr Zufluchtsort
war nur eine winzige Insel, sicher nicht größer als ein Morgen. Sie fanden
keinen einzigen Baum, dafür aber ein paar verkümmerte Büsche, die sie
vielleicht als Schutz benutzen konnten. Aber es gab genügend Treibholz, und Streichhölzer
hatten sie ebenfalls. In einer der Taschen von Cats Regenjacke fanden sich ein
wasserdichter Streichholzbehälter sowie ein Taschenmesser, mit dem sie die
Büsche soweit zurechtstutzte, daß sie Idunas Regenmantel darüberhängen konnten.
    »Hat Guthrie Fingal mir gegeben«,
teilte sie ihren Freundinnen mit. »Er sagt immer, man sollte nie ohne Messer
und Streichhölzer unterwegs sein. Ich habe gedacht, er macht Witze, aber er hat
Stein und Bein geschworen, daß ich bestimmt eines Tages verdammt dankbar dafür
sein würde, daß ich die Sachen dabeihabe. Das einzige, das ich an Guthrie nicht
ausstehen kann, ist die Tatsache, daß er immer recht behält.«
    »Wenn er wirklich so vorausschauend
ist, warum hat er dir dann kein Faltboot mitgegeben?« Nachdem sie etwas gegessen,
sich bewegt und am Feuer ihre Knochen ein wenig aufgewärmt hatte, begann Helen
allmählich, ihre gute Laune wiederzufinden. »Hat eine von euch sich
zufälligerweise schon mal mit der Frage beschäftigt, wie wir von diesem Felsen
wieder herunterkommen?«
    »Zerbrich dir darüber nicht den Kopf,
Marsh. Es wird sich bestimmt wieder ein freundlicher Wal finden, der uns
beisteht. Vielleicht kommt der Wal zurück, der Iduna zugeblinzelt hat, als wir
noch auf dem Boot waren. Verflixt, ich hätte besser das Boot nicht erwähnt.
Jetzt muß ich wieder an den armen alten Eustace denken.«
    Iduna gab ihre Rolle als Trostspenderin
nicht auf. »Vielleicht war er nur bewußtlos und ist durch das kalte Wasser
wieder zu sich gekommen.«
    »Was hätte ihm das schon genützt?
Eustace hatte keinen Picknickkorb, an dem er sich festhalten konnte, und ich
bezweifle, daß er je in seinem Leben auch nur einen Schlag geschwommen ist. Ihr
wärt überrascht, wenn ihr wüßtet, wie viele Fischer Nichtschwimmer sind. Es
reicht ihnen vollkommen, wenn sie die ganze Zeit oben auf dem Wasser
herumgondeln. Ich glaube, ich sollte mich dafür entschuldigen, daß ich euch in
diese schlimme Lage gebracht habe.«
    »Woher hättest du denn ahnen können,
daß so etwas passieren würde?« protestierte Helen. »Wir waren genauso scharf
darauf herzukommen wie du. Und schließlich haben wir ja auch tatsächlich ein
paar Wale zu Gesicht bekommen. So pessimistisch war das eben auch gar nicht
gemeint. Früher oder später kommt bestimmt jemand und sucht nach uns.«
    »Das glaube ich auch. Sobald der Nebel
sich verzogen hat, wird man feststellen, daß die ›Ethelbert Nevin‹ nicht
zurückgekommen ist, und die Küstenwache wird anfangen, die Fahrrinnen
abzusuchen. Wir sollten uns eher Sorgen darüber machen, ob die Fieslinge, die
uns in diese mißliche Lage gebracht haben,

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