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Wenn der Wetterhahn kräht

Wenn der Wetterhahn kräht

Titel: Wenn der Wetterhahn kräht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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hätte,
sie und ihre Freundinnen sofort umzubringen, hätte er sicher die Waffe
behalten, mit der er Eustace getötet hatte. Vielleicht plante er, sie als
Geiseln zu benutzen, auch wenn Helen sich nicht vorstellen konnte, warum er
dies tun sollte.
    Jedenfalls gab es nur einen Weg, dies
herauszufinden. Helen wartete, bis Catriona aus dem Kabuff getreten war,
öffnete die Kajütentür und ging vor ihr her ins Cockpit.
     
     

Kapitel
10
     
     
     
     
     
     
     
    V erständlicherweise war Catriona McBogle
überrascht, einen der Passagiere am Steuerrad vorzufinden. »Wo ist Eustace?«
erkundigte sie sich.
    »Nach vorn gegangen, um nach Walen
Ausschau zu halten«, knurrte der Mann.
    »Nach vorn? Wohin denn? Sie meinen doch
wohl nicht das lächerliche kleine Vorderdeck? Der Kerl muß übergeschnappt sein.
Eustace! Ahoi! Komm zurück, du alter Seebär.«
    Sie reckte den Hals in den grauen Nebel
hinaus, der zwar noch nicht gerade undurchdringlich, aber doch dicht genug war,
um alles um sie herum in eine feuchte Waschküche zu verwandeln. »Wo ist er
denn? Ich sehe ihn gar nicht.«
    »Dann sollten Sie vielleicht lieber
richtig nach ihm suchen.«
    Das war der Mann mit dem
Bürstenschnitt. Ohne sein freundliches Lächeln abzustellen, erhob er sich von
seiner Bank und griff nach Catrionas Handgelenken. Der Mann, der direkt neben
ihm gesessen hatte, packte sie bei den Knöcheln. Sie schienen den Widerstand
und die wütenden Schreie der Frau richtig zu genießen, rissen sie hoch und
begannen, sie hin und her zu schwingen wie zwei halbstarke Rowdies, die am
Strand mit den Mädchen herumkaspern.
    Jetzt war keine Zeit zu verlieren.
Helen stürzte sich auf die Männer, trat, schrie, schlug mit den Fäusten nach
ihnen. Woraufhin die anderen beiden Männer, die anscheinend auch ihren Spaß
haben wollten, aufsprangen und Helen die gleiche Behandlung zuteil werden
ließen wie Catriona. Die Banditen zählten im Chor bis drei, schaukelten ihre
strampelnden Gefangenen dreimal hin und her und schleuderten sie ins eiskalte
Wasser.
    Helen und Catriona tauchten
nebeneinander wieder auf, spuckend und nach Luft schnappend. Etwas anderes
wurde in ihre Richtung geschleudert, fiel herab und tanzte auf den Wellen.
Merkwürdigerweise war es der Picknickkorb. Daraufhin ertönte ein Plantscher wie
von einem Wal, und Iduna schwamm neben ihnen.
    »Ich habe zuerst den Korb ins Wasser
geworfen und bin dann selbst gesprungen«, teilte sie ihren Freundinnen in aller
Ruhe mit. »Dachte, ich erspar’ den Banditen lieber einen Bruch, auch wenn sie
nach allem, was sie mit euch angestellt haben, kein Mitgefühl verdienen. Kommt,
Kinder, haltet euch an mir fest, ich eigne mich hervorragend als Rettungsboot.«
    Sie hatte recht. Idunas Gewicht sorgte
dafür, daß sie an der Oberfläche trieb wie ein aufgeblasener Ballon. »Wenn eine
von euch meinen Gürtel aufmacht, können wir uns und den Korb daran festmachen,
genau wie es die Bergsteiger immer machen. Auf die Weise bleiben wir zusammen.«
    Auf die Weise würden sie aber auch ein
gutes Ziel abgeben, dachte Helen. Gewehrkugeln prasselten direkt neben ihnen
ins Wasser. Doch dann erkannte sie, daß die Männer nicht auf sie schossen,
sondern auf einen Wal, der sich mit großer Geschwindigkeit von achtern näherte.
    »Sie versuchen, den Wal wütend zu
machen, damit er uns verfolgt«, gurgelte sie, während sie mit dem nassen Knoten
an Idunas Taille kämpfte.
    »Verdammte Idioten«, Catriona hatte den
Picknickkorb erwischt und brachte ihn zurück zu ihrem menschlichen Floß. »Die
denken wohl, Wale wären total bescheuert.«
    Doch dieser Wal war alles andere als
bescheuert. Ohne auch nur zur Seite zu schauen, schwamm das majestätische Tier
an der lächerlichen kleinen Flotille vorbei direkt auf die ›Ethelbert Nevin‹
zu. Sie konnten Schreie hören, gefolgt von weiteren Schüssen, dann beschloß das
mörderische Quintett anscheinend, es mit dem Wal aufzunehmen und ließ das Boot
nach vorne schießen. Das Meer, das beim Aufziehen des Nebels ganz ruhig gewesen
war, brodelte jetzt im Kielwasser des Schiffes und seines mächtigen Verfolgers.
Iduna und ihr Korb trieben auf den Wellen, Helen und Catriona wurden
automatisch mitgezogen.
    Lange würden sie nicht überleben, dazu
waren die Gewässer von Maine viel zu kalt, dachte Helen erstaunlich nüchtern,
als sie das Ende des langen Stoffgürtels an Idunas Handgelenk festband, durch
den Henkel des Picknickkorbs führte und dann an Catrionas Arm befestigte. Ihre
Finger

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