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Wenn der Wetterhahn kräht

Wenn der Wetterhahn kräht

Titel: Wenn der Wetterhahn kräht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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von
dem heißen Kaffee, den sie sich für ihr Frühstück hatten aufsparen wollen, in
eine der Tassen und schüttete eine ordentliche Portion von dem Gewürzrum, den
Catriona schließlich doch noch eingepackt hatte, hinein.
    »Kommen Sie, setzen Sie sich zu uns ans
Feuer. Hier, trinken Sie das.«
    Die Hände des alten Seebären waren so
taub vor Kälte, daß sie ihm helfen mußten, die Tasse zu halten, doch nachdem er
ein paar Schlucke zu sich genommen hatte, begann er wieder aufzutauen.
    »Herrgott noch mal, das war höchste
Zeit.«
    »Möchten Sie vielleicht auch ein
Sandwich? Wir haben Schinken und — «
    »Egal was es is’, ich eß alles. Sind
Sie sicher, daß Sie nich’ doch die Lorelei sind?«
    Iduna errötete sanft und sah aus wie
eine riesige Pfingstrose. »Das sagt mein Ehemann auch manchmal. Er kann sehr
poetisch sein, wenn er will.«
    »Ehemann? Na, das hätt’ ich mir ja
denken können.«
    Eustace schnappte bereits ausgehungert
wie ein Wolf nach seinem Sandwich, bevor er es richtig aus dem Frühstücksbeutel
gezogen hatte. Er griff schon nach dem nächsten, bevor er das erste ganz
heruntergeschlungen hatte, und sprach mit vollem Mund und wahrscheinlich
genauso vollem Herzen. »Wieso läßt er dann so ‘ne tolle Frau wie Sie ganz
allein inner Weltgeschichte rumgondeln?«
    »Er mußte weg, weil er bei einer Schweinzüchtertagung
einen Vortrag halten sollte, daher bin ich mit Mrs. Shandy hergekommen, um
unsere gemeinsame alte Freundin Cat zu besuchen. Mein Gatte ist Professor
Daniel Stott. Das ist Helen, und ich heiße Iduna. Noch ein Sandwich?«
    »Da sag’ ich nich’ nein.«
    »Eustace, jetzt reicht es aber
langsam!« schrie Catriona. »Hör endlich auf mit dem Gefasel und erzähl uns
lieber, wie du hergekommen bist.«
    Er kaute ein wenig an seinem Schinken
und schüttelte dann den Kopf. »Hat sowieso keinen Zweck, daß ich’s euch erzähle.
Ihr glaubt mir sowieso nich’.«
    »Versuch es doch erst mal.«
    »Habt ihr noch was von dem Rum?«
    »Okay, du verrückter alter Dummkopf.«
Catriona goß ihm eine neue Ladung ein. »So, das müßte dich eigentlich von all
deinen Leiden kurieren. Was glauben wir dir sowieso nicht?«
    »Was is’ mit meinem Boot passiert?«
    »Eustace!«
    »Hör endlich auf, mich anzubrüllen, ja?
Ich hab’ schließlich ‘n Recht, das zu wissen, oder etwa nich’? Is’ es hier
irgendwo?«
    »Ich weiß auch nicht, wo es ist«,
übernahm Helen die Beantwortung seiner Frage, da Catriona auf stur geschaltet
hatte und es vorzog zu schmollen. »Was mit uns passiert ist, war genauso
unglaublich, aber es ist trotzdem wahr.«
    Sie schilderte ihm die Geschehnisse in
allen Einzelheiten, während er sie sprachlos über sein Sandwich hinweg
anstarrte. »Das ist unsere Geschichte. Wollen Sie uns jetzt nicht auch Ihre
erzählen? Sie können doch unmöglich die ganze Zeit in dem eiskalten Wasser
verbracht haben?«
    Eustace erinnerte sich wieder an sein
Sandwich und biß herzhaft hinein. »Na ja, einerseits ja, andrerseits nein, würd’
ich sagen. Jetzt wo ich weiß, daß die mir eins über’n Kopf gegeben haben, fang’
ich langsam an zu kapieren, wenn man das so sagen kann. Ich kann mich bloß noch
erinnern, wie ich am Steuer gestanden hab’ un’ ihr runtergestiegen seid. Un’
das nächste, was ich weiß, is’, daß ich im Wasser bin un’ langsam absaufe. Auf
einmal fühl’ ich was Hartes unter mir, das Wasser läuft ab oder ich werd’
hochgehoben. Ich weiß selbs’ nich’, was es war.«
    Er schwieg einen Moment, um zu kauen.
»Jedenfalls war ich wieder oben über’m Wasser, flach auf’m Rücken, un’ hab’ in ‘n
Himmel gestarrt. Mal hab’ ich gedacht, das is’ja alles ganz furchtbar, und dann
wieder, so schlimm isses nun doch wieder nich’. Ich hab’ geglaubt, ich wär’ wieder
auf der ›Ethelbert Nevin‹, wißt ihr. Hab’ geglaubt, man hätt’ mich hochgehievt
un’ auf Deck hingelegt wie ‘ne aufgeschlitzte Makrele. Doch dann hab’ ich
gemerkt, daß das nich’ stimmen kann, weil wir ganz schön schnell waren, aber
kein Ton zu hören war. Un’ dann hab’ ich endlich geschnallt, was los is’, aber
wie ich schon gesagt hab’, das glaubt ihr mir sowieso nie im Leben, es is’
nämlich — «
    »Ein Wal unter dir aufgetaucht und hat
dich huckepack genommen«, fuhr Catriona ungeduldig fort. »Was soll denn daran
so ungewöhnlich sein? Das passiert schließlich jeden Tag.«
    »Von wegen jeden Tag! Ich fahr’ aus der
Hocasquam Bucht raus auf’s Meer, seit ich

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