Wenn der Wetterhahn kräht
nur, wenn du nichts dagegen hast.
Vielleicht finden wir ja etwas, das sie entlastet oder — «
»Sie endgültig reinreitet«, beendete
Guthrie den Satz. »Und mich dazu, fürchte ich. In Ordnung, Pete. Wenn es denn
sein muß, bringen wir es am besten so schnell wie möglich hinter uns.«
Kapitel 18
W as immer Elisa Alicia Quatrefages auch
sein mochte, sie war zweifellos eine leidenschaftliche Binsenvergolderin. Mit
Ausnahme des einen Raumes, den Guthrie zu seinem Reich auserkoren hatte, war es
ihr gelungen, den gesamten ersten Stock mit Rohmaterial für ihr Kunsthandwerk
zu füllen. Sie hortete stapelweise getrocknetes Weinlaub, getrocknete
Schwalbenwurz, getrocknetes Blatt- und Blütenwerk jeglicher Beschreibung, aber
auch von Arten, die sogar Peter unbeschreiblich fand. Überall lagen Platten,
Stücke, Kegel, Kugeln, Rhomben und Dodekaeder aus Styropor. Zudem besaß sie
eine riesige Sammlung künstlicher Blumen und Tiere, dazu drollige Kobolde,
Zwerge, Elfen, Hexen, Klabautermänner und Feen. Sie besaß Laubsägearbeiten in
Form von Hähnen, Fischen, Schweinen, Schafen, Katzen, Hunden, Emus, Gnus,
Äpfeln, Birnen, Papayas, Blumenkohl, Artischocken, Kartoffeln, Tomaten,
Kohlrabi, Granatäpfeln, Mangos und Kürbissen.
»Nanu, keine Bananen?« murmelte Peter.
Was irgendein Mensch mit all diesen Scheußlichkeiten anfangen wollte, war ihm
unbegreiflich.
Ihren Geschäftsbüchern nach zu
urteilen, wußte Elisa Alicia sehr genau, was sie wollte. Peter blinzelte, als
er die Umsätze sah.
»Grundgütiger, Ms. Quatrefages scheint
ja ein Riesengeschäft zu machen.«
Guthrie zuckte mit den Achseln.
»Tatsächlich? Ich stecke meine Nase nie in ihre Angelegenheiten.«
»Du weißt nicht zufällig, ob sie — eh —
einen Teil der Arbeit von Hausfrauen hier in der Gegend erledigen läßt oder
etwas in der Art?«
»Nein, Pete, das tut sie ganz sicher
nicht. Das wüßte ich, denn als sie damit angefangen hat, habe ich gehofft, daß
es sich vielleicht zu einer Art lokalem Kunstgewerbe ausweiten ließe. Eine
Menge Leute hier wären überglücklich, wenn sie sich ein paar Dollar nebenher
verdienen könnten, um sorgenfrei über den Winter zu kommen. Ich habe das Thema
ein- oder zweimal angesprochen, als sie mir vorgejammert hat, daß sie es nie
und nimmer schaffen würde, mit den vielen Bestellungen Schritt zu halten, die
ihr ins Haus flatterten. Aber sie hat ziemlich sauer reagiert, weil ich gewagt
habe anzunehmen, daß andere Menschen in der Lage sein könnten, ihren hohen
Qualitätsanforderungen zu entsprechen. Was schneidest du denn für Grimassen?«
»Schau dir bloß mal den Stand ihrer
diversen Konten an. Die meisten Verkaufszahlen pro Geschäft belaufen sich auf
Summen zwischen ein paar hundert bis tausend Dollar. Ich würde sagen, daß ist
ganz schön viel für eine Einzelperson, die davon lebt, selbstgemachte
Gegenstände zu verkaufen, die im Laden wahrscheinlich nicht mehr als höchstens
dreißig oder vierzig Dollar kosten. Aber allein in der Brasilien-Boutique
scheint sie in diesem Jahr bereits über 20 000 Dollar verdient zu haben. Wie in
Dreiteufelsnamen macht die Frau das? Kannst du mir das vielleicht erklären?«
Guthrie rieb sich sein lincolnartiges
Kinn. »Verdammt gute Frage. Und ich denke, wir dürfen auch die Tatsache nicht
übersehen, daß der Laden ausgerechnet Brasilien-Boutique heißt und der Deckname
von Roland Childe Brasilien ist. Jessas, Pete, was soll ich bloß machen?«
»Weitersuchen, Guthrie. Irgendwo finden
wir bestimmt noch mehr Hinweise.«
Es dauerte eine ganze Stunde, bis sie
fündig wurden, doch die Mühe hatte sich gelohnt. In einem ausgehöhlten Styroporblock,
der mit lila Bändern und Passionsblumen aus Plastik verziert war und Elisa
Alicias Schlafzimmerwand schmückte, entdeckten sie ein Tagebuch mit einem lila
Satineinband und Eintragungen in lila Tinte. In Geheimschrift.
»Was zum Teufel ist denn das schon
wieder?« Guthrie betrachtete in ratlosem Erstaunen die vollgeschriebenen
Seiten. »Kannst du dir einen Reim darauf machen, Pete?«
»Das kann ich jetzt noch nicht sagen.
Gibt es hier irgendwo einen gut beleuchteten Spiegel?«
»Im Badezimmer. Dort drüben.
Unglaublich! Meinst du, es ist in Spiegelschrift verfaßt?«
Als die beiden Männer die Buchstaben
näher untersuchten, stellten sie fest, daß Elisa Alicia sich tatsächlich von
Leonardo da Vinci hatte inspirieren lassen und die Buchstaben falsch herum
geschrieben hatte. Der einzige
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