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Wenn die Dunkelheit kommt

Wenn die Dunkelheit kommt

Titel: Wenn die Dunkelheit kommt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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gekommen, Rebecca verteidigen zu müssen. Während einer Spielpause hatten die anderen Spieler - Al Dufresne,
    Witt Yardman und Phil Abrahams - sich den Mund über sie zerrissen.
    »Ich verstehe nicht, wie du es mit ihr aushältst, Jack«, sagte Witt.
    »Sie ist richtig kalt«, sagte Al.
    »Direkt eine Eisjungfrau«, sagte Phil.
    Während Al geschäftig die Karten schnalzen ließ, ergingen sich die Männer in weiteren Beschimpfungen.
    Schließlich sagte Jack: »Ach, so schlimm ist sie gar nicht, wenn man sie genauer kennt.«
    »Die entmannt jeden«, meinte Al.
    »Hört mal«, sagte Jack. »Wenn sie ein Mann wäre, würdet ihr sagen, sie ist einfach ein abgebrühter Bulle, und ihr würdet sie deshalb irgendwie sogar bewundern. Aber weil sie ein abgebrühter weiblicher Bulle ist, sagt ihr, sie ist ein eiskaltes Biest.«
    »Die schneidet jedem die Eier ab, das sieht man auf hundert Meter gegen den Wind«, sagte Al.
    »Sie hat durchaus ihre guten Seiten«, widersprach Jack.
    »Ja?« zweifelte Phil Abrahams. »Welche denn?«
    »Sie beobachtet scharf.«
    »Das tut ein Geier auch.«
    »Sie hat Grips. Sie ist tüchtig«, sagte Jack.
    »Das war Mussolini auch. Er hat dafür gesorgt, daß die Züge pünktlich fuhren.«
    Jack sagte: »Und sie würde ihren Partner nie im Stich lassen, wenn es draußen auf der Straße mal brenzlig wird.«
    »Verdammt, kein Bulle würde seinen Partner im Stich lassen«, sagte Al.
    »Einige schon«, meinte Jack.
    »Verdammt wenige. Und wenn, dann bleiben sie nicht lange Bullen.«
    »Sie arbeitet hart«, sagte Jack. »Und sie hat's nicht gerade leicht.«
    »Okay, okay«, sagte Witt. »Ihre Arbeit macht sie vielleicht ganz gut. Aber warum kann sie dabei nicht auch ein Mensch sein?«
    »Ich glaube, ich habe sie noch nie lachen hören«, meinte Phil.
    »Wo ist ihr Herz?« fragte Al. »Hat sie denn kein Herz?«
    »Doch, sicher«, sagte Witt. »Ein kleines Steinherz.«
    »Na schön«, sagte Jack. »Ich glaube, Rebecca ist mir als Partner lieber als einer von euch geschniegelten Lackaffen.«
    »Tatsächlich?«
    »Ja. Sie ist empfindsamer, als ihr ihr zutraut.«
    »Oho! Empfindsam!«
    »Jetzt kommt's raus!«
    »Er spielt nicht nur den Kavalier!«
    »Er ist vergafft in sie.«
    »Die schneidet dir die Eier ab und trägt sie als Halskette, Kumpel.«
    »So, wie er aussieht, hat sie das wohl schon gemacht.«
    Jack wehrte sich: »Hört mal, Jungs, zwischen Rebecca und mir ist nichts, außer...«
    Er wußte, daß es keinen Sinn hatte zu widersprechen. Seine Beteuerungen würden sie nur amüsieren und erst recht reizen. Er lächelte und ließ die Welle gutmütiger Schmähungen über sich hinwegrollen, bis sie das Spiel schließlich leid waren.
    Irgendwann sagte er: »Na schön, ihr habt euren Spaß gehabt. Aber ich will nicht, daß daraus irgendwelche dummen Gerüchte entstehen. Ich möchte klarstellen, daß zwischen Rebecca und mir nichts ist. Ich glaube, daß sie unter ihrer dicken Haut ein wirklich empfindsamer Mensch ist. Hinter dieser Pose der kalten Unnahbarkeit, um die sie sich so bemüht, verstecken sich Wärme und Zärtlichkeit. Das glaube ich, aber ich weiß es nicht aus persönlicher Erfahrung. Verstanden?«
    »Vielleicht ist wirklich nichts zwischen euch beiden«, sagte Phil, »aber so, wie dir die Zunge raushängt, wenn  du von ihr redest, wünschst du dir ganz offensichtlich, daß es anders wäre.«
    »Ja«, sagte Al, »du sabberst ja richtig, wenn du von ihr redest.«
    Die Neckerei begann wieder von vorne, aber diesmal kamen sie der Wahrheit viel näher als vorher. Jack wußte nicht aus eigener Erfahrung, daß Rebecca ein empfindsamer, besonderer Mensch war, aber er spürte es, und er wollte ihr näherkommen. Er hätte fast alles darum gegeben, mit ihr zusammenzusein, nicht nur in ihrer Nähe - in ihrer Nähe war er seit fast zehn Monaten fünf oder sechs Tage in der Woche -, sondern wirklich mit ihr zusammen, und ihre innersten Gedanken zu teilen, die sie immer eifersüchtig hütete.
    Hin und wieder, selten, nicht mehr als einmal in der Woche, gab es einen unbewachten Augenblick, ein paar Sekunden, da öffnete sich ihre harte Schale ein wenig undließ ihn hinter dem bekannten, kalten Äußeren ganz kurz eine zweite, ganz andere Rebecca sehen, jemanden, der verletzlich und einmalig war, den kennenzulernen sich lohnte und den man vielleicht festhalten sollte. Das faszinierte Jack Dawson: dieser kurze Augenblick der Wärme und Zärtlichkeit, dieses helle Leuchten, das sie immer sofort abschaltete,

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