Wenn die Liebe erblueht - Im Rosengarten der Liebe
Heftigkeit begehrt, die sie nie für möglich gehalten hätte.
Ihre Hemmungslosigkeit erfüllte sie mit tiefer Verachtung. Wie hatte sie sich so kurz nach dem Tod ihrer geliebten Tante nur so verhalten können? Bei dem Gedanken daran wurde ihr übel. Rasch warf sie die Bettdecke zurück und eilte ins Bad. Zehn Minuten später betrachtete Geraldine ihr aschgraues Gesicht und das zerzauste Haar im Spiegel und wandte sich verächtlich ab. Kurz entschlossen drehte sie in der Dusche das kalte Wasser auf und stellte sich unter den eisigen Strahl, als wolle sie sich und ihren Körper auf diese Weise bestrafen.
Auch beim Anziehen kurze Zeit später lieÃen sie die Gedanken an die vergangene Nacht nicht los. Nein, wie sie es auch drehte, Mitchell Fletcher traf keine Schuld. Er hatte nur genommen, was sie ihm aufgedrängt hatte. Und warum nicht? Jeder Mann hätte das getan oder zumindest die meisten Männer â¦
Geraldine hielt nachdenklich inne. Wenn sie ehrlich war, hätte sie Mitch Fletcher nicht für einen Mann gehalten, der seinen körperlichen Schwächen so rasch erlag. Sie hätte ihn für beherrschter und ⦠wählerischer gehalten, denn immerhin hatte er ihr mehr als einmal deutlich gesagt, was er von ihr und ihrem angeblichen verheirateten Liebhaber eigentlich hielt.
Ein bitteres Lächeln huschte über ihr Gesicht. Sie hatte bisher nur einen Liebhaber gehabt. Unwillkürlich schloss sie die Augen und rief sich ins Gedächtnis, wie leidenschaftlich sie Mitch ermutigt hatte, sie zu lieben, und wie sie trotz ihrer fehlenden Erfahrung instinktiv gewusst hatte, wie ⦠Auch wenn Mitch ihr erster Liebhaber gewesen war, hatte sie ihn mit einer Heftigkeit und Leidenschaft begehrt, die nichts von der Scheu und Verkrampftheit hatte, wie sie eine Frau vielleicht in ihrer ersten Liebesbegegnung erwartete.
Gott sei Dank hatte sie das Haus zunächst für sich. Ein Blick aus dem Fenster verriet ihr, dass Mitchs Wagen bereits fort war, und sie war froh darum. Wie sollte sie ihm je wieder gegenübertreten? Wenn sie für sich nach einer Erklärung für ihr Verhalten suchte, dann konnte sie es sich nur als eine tiefe Gefühlsverirrung erklären. Aber würde Mitch das glauben? Würde er sich überhaupt für ihre Gründe interessieren?
Als sie die Küche betrat, fiel ihr Blick als Erstes auf den Briefumschlag auf dem Tisch. Noch bevor sie ihn geöffnet hatte, ahnte sie bereits, was er enthielt. Nachdem sie Mitchs Nachricht überflogen hatte, lieà sie den Brief fallen, als könne sie sich daran die Finger verbrennen, und barg das Gesicht in den Händen. Sie glaubte, genau zu verstehen, was unausgesprochen zwischen diesen wenigen höflichen Zeilen stand.
Mitch verachtete sie für ihr Verhalten. Konnte sie es ihm verübeln? Ihr ging es ja genauso. Kein Wunder, dass er sich entschlossen hatte fortzugehen. Mit zitternder Hand nahm Geraldine Mitchs Nachricht wieder auf und betrachtete die schöne, klare Handschrift. Gedankenverloren strich sie mit den Fingerspitzen über die schwungvolle Unterschrift, so wie sie vergangene Nacht Mitch gestreichelt hatte, als â¦
Sie schluckte, verwirrt und entsetzt über ihre Gefühle. Hatte sie sich nicht davor gefürchtet, ihm, nach dem, was zwischen ihnen geschehen war, gegenübertreten zu müssen? Anstatt nun aber angesichts seiner Nachricht froh und erleichtert zu sein, fühlte sie sich verloren, im Stich gelassen und zurückgestoÃen. Unglücklich sank sie auf einen Stuhl. Fast schien es, als träfe sie dieser Verlust genauso schmerzlich wie der Tod ihrer Tante kurz zuvor. Aber das war unsinnig, unmöglich! Mitchell Fletcher bedeutete ihr doch gar nichts. Sie kannte ihn ja kaum.
Nein, verbesserte sie sich unwillkürlich, denn in ihrer Erinnerung tauchten Bilder auf, die ihr deutlich verrieten, wie gut sie ihn kannte: seinen Gang, seine Haltung, den wechselnden Ausdruck seiner faszinierenden Augen, den Duft seinesAftershave, die intimsten Geheimnisse seines Körpers.
Reine ÃuÃerlichkeiten, die nichts bedeuten, dachte sie geringschätzig.
Wiederum musste sie sich korrigieren, denn ihre Kenntnis von Mitch reichte weitaus tiefer. Sie wusste, dass er mitfühlend und fürsorglich war. Er besaà eindeutige und bestimmte Ansichten zu wesentlichen Bereichen des Lebens, die ironischerweise Geraldines Vorstellungen sehr ähnelten. Wie Mitch glaubte sie,
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