Wenn die Liebe erblueht - Im Rosengarten der Liebe
vorzustellen, und spürte erneut die nun schon vertraute Ãbelkeit in sich aufsteigen. Sie erschien ihr jetzt wie eine gerechte Strafe für ihre Torheit. Ja, sie hatte allen Grund, sich elend zu fühlen. Wie hatte sie nur so dumm sein können, sich in einen Mann zu verlieben, der ihre Liebe so offensichtlich nicht gewollt hatte?
Liebe. Ein bitteres Lächeln huschte über Geraldines Gesicht. Warum hatte sie die Wahrheit nicht früher erkannt, bevor es zu spät gewesen war? Bevor sie sie ganz bewusst verdrängt und verleugnet hatte?
Sicher, nach Tante Mays Tod war sie zumindest für kurze Zeit wie von Sinnen vor Schmerz und Entsetzen gewesen und hatte kaum gewusst, was sie tat, als sie ihre Hemmungen abstreifte, ihre Selbstbeherrschung vergaÃ. Aber das war es nicht allein gewesen, warum sie sich Mitch an den Hals geworfen und ihn angefleht hatte, sie zu lieben. Ihr Körper, ihre Sinne hatten schon damals gefühlt, was ihr Verstand so entschieden verleugnet hatte. War das nicht letztlich auch der Grund gewesen, warum sie nie ernsthaft versucht hatte, Mitch die Wahrheit zu sagen, seinen Irrtum zu korrigieren und ihm zu erklären, dass es keinen verheirateten Liebhaber in ihrem Leben gab? Weil sie instinktiv gespürt hatte, dass sie, wenn sie diese schützende Barriere niedergerissen hätte, Mitch und ihren eigenen Gefühlen schutzlos ausgeliefert gewesen wäre?
Geraldine barg ihr Gesicht in den Händen. Hatte sie denn keinen Stolz, keine Selbstachtung mehr? Sie wusste doch, dass er sie nicht liebte. Sie hatte es auch in jener Nacht gewusst, und dennoch â¦
Verzweifelt schluchzte sie auf. Hatte Mitch vielleicht erkannt, was sie selbst nicht hatte sehen wollen? Hatte er ihre oberflächliche Feindseligkeit und Ablehnung möglicherweise durchschaut und ihre wahren Gefühle für ihn bemerkt? Sie hoffte inständig, dass es nicht so war. Besser, er hatte einfach nur geglaubt, sie habe ihn als Ersatz für ihren untreuen Liebhaber benutzt, und war deshalb so überstürzt vor ihr geflohen.
Geraldine erschauerte und fühlte, wie ihr schon wieder übel wurde. Rasch sprang sie auf und eilte ins Bad. Diese beständige Ãbelkeit quälte sie nun schon seit Tagen,obwohl sie kaum etwas aÃ. Das Sterben und der Tod ihrer Tante hatten sie anscheinend nicht nur seelisch, sondern auch körperlich schwer mitgenommen. Die Menschen reagierten ganz unterschiedlich auf einen so schmerzlichen Verlust und die damit verbundene Trauer. Geraldine wusste das und versuchte, sich damit zu beruhigen, obwohl sie normalerweise nicht zu Ãbelkeit neigte â¦
Es gab immer noch sehr viel zu tun und zu erledigen, aber sie brachte nicht die Energie dazu auf. Sie fühlte sich wie ausgebrannt, leer und erschöpft. Gleichzeitig verspürte sie aber nicht den Wunsch, sich aus dieser Lethargie herauszureiÃen, die wie eine schützende Insel war, vor deren Küste Einsamkeit, Schmerz und Verzweiflung wie gierige Haie darauf lauerten, sich mit scharfen Zähnen auf sie zu stürzen.
Müde ging sie in ihr Zimmer, legte sich auf das Bett und schloss die Augen. Ihre Hand strich über das Kissen, so wie sie vor nicht allzu langer Zeit Mitch gestreichelt hatte. Aber das Kissen war nicht Mitch, sondern kalt und leblos â¦
Langsam quollen die Tränen unter Geraldines geschlossenen Lidern hervor und rannen ihre Wangen hinab.
8. KAPITEL
âNein, es geht dir nicht gutâ, sagte Louise energisch, ohne auf Geraldines halbherzigen Protest zu achten.
Sie saÃen in Louises Büro. Geraldine war vorbeigekommen, um einen Stapel fertige Arbeiten abzuliefern und sich neue Aufträge zu holen. Nach einem Blick in ihr bleiches, abgespanntes Gesicht hatte Louise sie jedoch gedrängt, sich zu setzen, und ihr einen Kaffee gebracht. Nun versuchte sie Geraldine klarzumachen, dass sie ihrer Ansicht nach keine weitere Arbeit, sondern dringend etwas Ruhe brauchte.
âIch will aber keine Ruheâ, widersprach Geraldine. âIch kann mich nicht ausruhen â¦â
âDann wird dich jemand dazu zwingen müssenâ, erklärte Louise und fügte sanft hinzu: âGeraldine, ich kann mir vorstellen, wie du dich fühlst, denn ich weià noch sehr gut, wie es mir nach dem Tod meiner GroÃmutter ging. Aber es bringt dir deine Tante nicht zurück, wenn du dich krank machst, und ich bin sicher, dass sie es bestimmt nicht gewollt hätte.â
Geraldine
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