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Wenn die Liebe erwacht

Wenn die Liebe erwacht

Titel: Wenn die Liebe erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Lindsey
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wehzutun, aber der Vorfall hatte trotz der Beschwerde, die Leonie nach Montwyn geschickt hatte, keine Folgen gehabt.
    Tante Beatrix und Leonie schlossen sich im Saal Sir Guibert an, um ihre Gäste zu begrüßen. Leonie wappnete sich gegen weitere unerfreuliche Auseinandersetzungen mit Judith, aber nichts hatte sie auf den erschreckenden Anblick vorbereitet, der sich ihr bot, als ein alter Mann auf sie zutrat. Sie erkannte ihn kaum. Ihr Vater – hier? Ein plötzlicher Strudel heftiger Gefühle machte sie benommen: Bitterkeit, Haß und Kummer über seinen erbärmlichen Zustand und die Ausschweifungen, die auf seinem ausgemergelten Gesicht zu lesen waren, das deutlich bewies, daß er ein Trinker geworden war. Aber in diesen Zügen spiegelte sich auch Gefühl.
    »Leonie?«
    Williams Stimme klang so überrascht, als sei er nicht sicher, ob sie seine Tochter war. Das ließ Leonies Bitterkeit wieder aufwallen und alle anderen Gefühle in den Hintergrund treten. Wie hätte er sie auch erkennen sollen? Sie war jetzt eine Frau, kein Kind mehr. Er hatte sie seit sechs Jahren nicht mehr gesehen.
    »Sie erweisen uns eine Ehre, Mylord«, sagte Leonie kühl. »Setzen Sie sich ans Feuer, ich werde mich um Erfrischungen kümmern.«
    Ihr eisiges Auftreten bestürzte William. »Was fehlt dir, mein Herzchen? Ist dir dein Ehemann nicht recht?«
    Die zärtliche Anrede versetzte Leonies Herz einen Stich, doch gleich darauf war sie schockiert. »Mein Ehemann?«
    »Du machst uns etwas vor, Leonie«, warf Judith ein. »Du weißt genau, daß dein Vater von dem Mann sprichst, den du morgen heiraten wirst!«
    »Was?«
    »Spiel nicht die Unschuldige, Leonie«, erwiderte Judith unwillig. »Das Aufgebot ist angeschlagen worden. Der König hat diese Heirat befohlen. Du weißt, daß dein Vater dich benachrichtigt hat, nachdem der Bote des Königs gekommen war.« Sie wandte sich an ihren Mann. »Das stimmt doch, William?« William spielte ihr indirekt in die Hand, indem er bestürzt dreinsah. »Sag nur nicht, du hast vergessen, Leonie Bescheid zu geben! Das arme Mädchen hat nur noch diesen einen Tag zur Vorbereitung! O William, wie konntest du so etwas bloß vergessen!«
    Sir Guibert war genauso schockiert wie Leonie, aber er durfte es sich nicht anmerken lassen. Guiberts Leben würde sich jetzt ändern, wie sich Leonies Leben änderte. Ihr Ehemann würde ihr Herr und Gebieter sein. Die Vasallen würden anläßlich der Hochzeit aufgefordert werden, ihr Gelübde zu erneuern, ein Akt, der ausdrückte, daß sie Leonies Gemahl akzeptierten. Es stand außer Frage, daß Guibert seinen Schwur erneuern würde, Leonie zu dienen. Ganz gleich, ob er ihren Gatten billigte oder nicht – er würde sie niemals im Stich lassen. Aber ihre anderen Vasallen würden sich vielleicht entschließen, sie zu verlassen.
    »Wer ist der Gemahl meiner Herrin?« fragte Guibert, und Judith lächelte aus dem Gefühl heraus, das Schlimmste sei vorüber. »Es wird Sie sicher freuen, zu erfahren, daß es sich um Ihren Nachbarn handelt, den neuen Lord von Kempston.«
    Ein betroffenes Schweigen trat ein, und Guibert, der Leonie ansah, stellte fest, daß die Farbe aus ihrem Gesicht wich. Sie sagte kein Wort. Er wußte, warum. Sie konnte sich nicht gegen den Willen des Königs auflehnen, ganz gleich, was sie empfand. Außerdem war es an der Zeit, daß sie heiratete, fand Guibert. Sie würde sich an die Ehe gewöhnen. Es blieb ihr ja auch nichts anderes übrig.
    Leonie drehte sich wortlos um und floh aus dem Saal. Sie schloß sich in ihrem Zimmer ein, warf sich auf ihr Bett und schluchzte in ihrem Selbstmitleid. Ihr Vater fühlte so wenig für sie, daß er es fertigbrachte, bis zum Tag vor ihrer Hochzeit zu warten, ehe er ihr mitteilte, was ihr bevorstand. Machte er sich denn gar nichts aus ihr? Was war aus dem liebevollen Mann geworden, der er einst gewesen war?
    Endlich fiel ihr wieder ein, daß sie nicht allein war, und sie sah sich um. Ihre Zofen standen mit weit aufgerissenen Augen da, denn sie hatten sie noch nie weinen gesehen. Unwirsch wischte sie sich die Tränen ab und war wütend auf sich selbst, weil sie ihren Gefühlen auf so kindliche Weise nachgegeben hatte. Ihre Wut war heilsam, denn sie ließ sie wieder aufleben.
    Sie schickte die Mädchen mit Anweisungen, die das Abendessen betrafen, in die Küche und setzte sich dann vor ihren Kamin. Sie war froh, allein zu sein und nachdenken zu können. Sie wußte, warum sich der König in ihr Leben einmischte. Es störte ihn nicht,

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