Wenn die Liebe erwacht
versucht, Pershwick zu kaufen. Natürlich mußte William ihm mitteilen, daß er es nicht verkaufen kann, weil es zu deiner Mitgift gehört. Dann hat er um dich angehalten, aber dein lieber Vater wollte dich keinem Mann zur Frau geben, der nur an deinem Besitz interessiert ist.«
»Mein Vater hat seinen Antrag also abgelehnt?«
»Natürlich hat er das getan. Aber du siehst ja selbst, was dabei herausgekommen ist. Dieser Mann hat sich schnurstracks zum König begeben, und jetzt wird d’Ambert dich bekommen, ob du willst oder nicht.«
»Nein, das wird er nicht. Ich sagte doch, daß er indiskutabel ist. Das ist mein Ernst. Ich werde Rolfe d’Ambert nicht heiraten.«
In Judiths Augen blitzte es einen Moment lang auf. »Doch, das wirst du tun. Ich wünschte wirklich, du hättest die Wahl, Leonie, aber wenn sich der König persön-lich in diese Angelegenheit einmischt, mußt du einsehen, daß dir keine Wahl bleibt. Es würde deinem Vater das Herz brechen, wenn er dich dazu zwingen müßte, aber er kann sich dem Befehl des Königs nicht widersetzen.«
»Ich kann es.«
»Sei kein albernes Kind!« fauchte Judith, die sich eine Szene zwischen Vater und Tochter ausmalte, bei der ans Licht kommen könnte, was ihre gesamten Pläne zunichte machte. »Heinrich interessiert sich nicht dafür, was andere wollen, und sein Wunsch ist es, daß du d’Ambert heiratest. Dein Vater wird dem König nicht trotzen, und ebensowenig wirst du es tun.«
Leonie sprang auf. Sie loderte vor Wut. »Laß mich in Ruhe, Judith. Geh! Wir haben einander nichts mehr zu sagen.«
»O doch«, erwiderte Judith grimmig. »Du wirst mir bei allem, was dir heilig ist, schwören, daß du den derzeitigen Lord von Kempston heiraten wirst.«
»Ich schwöre, daß ich ihn nicht heirate.«
»Du Närrin!« zischte Judith. »Das hast du dir selber zuzuschreiben. Richer!« rief sie, und der Mann, den Leonie fürchtete, betrat ihr Zimmer. »Du weißt, was zu tun ist«, sagte sie zu ihm. »Hör’ nicht auf, ehe sie geschworen hat.«
Mit diesen Worten verließ Judith den Raum. Sie ging fort, um dafür zu sorgen, daß sich kein Mensch im Saal aufhielt und auch so schnell niemand kommen würde. Keiner durfte etwas hören.
Leonie bemühte sich, gegen ihr rasendes Herzklopfen anzukämpfen, und bereitete sich darauf vor, das Schlimmste über sich ergehen zu lassen. Finstere blaue Augen durchbohrten sie mit einem seltsam leuchtenden Blick und brachten sie aus der Fassung. Doch das, was ihr vor Entsetzen Übelkeit verursachte, war Richers breites Grinsen, das sich langsam auf seinem Gesicht ausbreitete.
7. KAPITEL
In jener Nacht forderte eine andere Form von Furcht ihren Tribut von Lady Amelia. Sie wollte nicht an den Hof zurückgeschickt werden, denn dort war sie nichts weiter als eine der vielen Hofdamen Prinzessin Alices, ein hübsches Gesicht unter vielen anderen. Dort hatte sie keine Macht und keinen Einfluß auf ihr eigenes Leben. Sie mußte ständig um die Prinzessin herumscharwenzeln, tun, was ihr geheißen wurde, und unter ihren Launen leiden.
Eine Witwe, die kein Land besaß und keine Verwandten hatte, hatte schlechte Aussichten. Entscheidender war noch, daß Amelia festgestellt hatte, es sei weit weniger erstrebenswert, eine Ehefrau zu sein, als das Dasein einer Mätresse zu führen. Sie war die Mätresse ihres Ehemannes gewesen, ehe sie geheiratet hatten, und ihre Lebensumstände hatten sich nach der Eheschließung so drastisch geändert, daß sie ganz und gar nicht traurig gewesen war, als er starb. Ein Mann ist bestrebt, seiner Mätresse zu gefallen, seiner Frau jedoch nicht, denn sie kann ihn nicht verlassen, eine Mätresse aber kann fortgehen.
Sie wußte auch, daß sich das, was ein Ehemann im Bett tat, nicht mit dem Verhalten eines Liebhabers vergleichen ließ. Vielleicht hatte das mit der Kirche zu tun, die predigte, geschlechtliche Beziehungen seien ausschließlich zur Fortpflanzung da und nicht, damit man Freude daran hatte. Amelias Gemahl war bis zu ihrer Heirat ein aufmerksamer Liebhaber gewesen und hatte dann nur noch eine Pflicht erfüllt, die man am besten schnell hinter sich brachte.
Nein, Amelia war nicht dumm genug, wieder heiraten zu wollen, nicht einmal ihren derzeitigen Liebhaber, der der bestaussehendste unter allen Männern war, die sie in ihrem Bett gehabt hatte. Aber sie wollte ihn auch nicht verlieren. Er konnte barsch sein, sogar zu Wutausbrüchen neigen, aber ihre Stellung als Rolfe d’Amberts Mätresse hatte sich als weit
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