Wenn die Liebe erwacht
besser als alles erwiesen, worauf sie je hätte hoffen können. Sie wurde mit Respekt behandelt, fast so, als sei sie in der Burg Crewel die Dame des Hauses. Hier hatte sie soviel Macht, wie sie eine verheiratete Frau nur irgend haben konnte, und das liebte sie. Es gab hier keine andere Frau von Rang, vor der sich sich verantworten mußte, nur Dienstmädchen. Hier war sie nur Rolfe verantwortlich, der nichts von ihr forderte, was sie nicht gern getan hätte.
Dennoch machte sich Amelia nichts vor, was ihre Situation betraf. Sie hatte hier alles, was sie sich wünschte, aber nur, solange Rolfe es wollte. Wenn er ihrer überdrüssig war und sie wieder an den Hof zurückschickte, hatte sie keine Möglichkeit, etwas daran zu ändern. Das einzige, was sie tun konnte, war, diesen Zeitpunkt hinauszuzögern und ihm möglichst viele Geschenke abzuschwatzen, damit sie, wenn die Trennung kam, ein Haus in London erwerben und dort weiterhin ihre Gunst verkaufen konnte.
Wenn Rolfe sie jetzt abschob, mußte sie zur Prinzessin zurückkehren oder sich einen neuen Liebhaber suchen. Sie wußte, daß sie nie mehr jemanden wie Rolfe finden würde, der bereit war, sie in seinem Haus aufzunehmen. Das war ihr auch nur gelungen, weil er unverheiratet war.
Es war schon spät, als Rolfe seine Gemächer betrat und Amelia vorfand, die es sich in seinem breiten Bett bequem gemacht hatte. Sie beobachtete ihn, als er vor das Feuer trat, das nur noch glimmte. Er hatte nicht in ihre Richtung gesehen, und seine gerunzelte Stirn warnte sie davor, etwas zu sagen. Dachte er über ihre Trennung nach?
»Komm, hilf mir aus der Rüstung, Amelia. Ich habe meinen Knappen schon fortgeschickt.«
Er wußte also, daß sie wach war. Die schlichte Bitte sagte ihr so vieles, daß sie am liebsten laut gelacht hätte. Er hatte sie nicht vergessen! Er wollte zu ihr ins Bett kommen. Daß er das in der Nacht vor seiner Hochzeit vorhatte, sagte ihr, was er für seine zukünftige Frau empfand.
Amelia schlüpfte unter der Bettdecke hervor. Sie griff nicht nach ihrem Morgenmantel. Sie war eine hochgewachsene Frau von dreiundzwanzig Jahren mit einem schlanken Körper, auf den sie stolz war. Sie brauchte keine Zuflucht zu tarnenden Korsetts zu nehmen, um eine verblüffende Wirkung zu erzielen, selbst dann nicht, wenn sie enganliegende, figurbetonende Kleider trug. Wenn sie nackt war, bewegte sie sich mit einer stolzen Haltung, ihr kastanienbraunes Haar fiel bis zu den Hüften herunter, und ihre grünen Augen blickten verführerisch.
Rolfe sah sie an, als sie langsam auf ihn zukam. Sie bemerkte, daß ihr Anblick eine sofortige Wirkung auf ihn hatte.
»Setz dich, mein Gebieter«, gurrte sie. »Ich bin nicht groß genug, um dein schweres Kettenhemd zu heben.«
Rolfe setzte sich gedankenverloren auf einen Schemel vor dem Feuer. Amelia faßte den unteren Rand seines Kettenhemdes und zog es über seinen Kopf. Manche Männer behielten tagelang ihre Rüstungen an, wenn sie kämpften, und sie stanken schlimmer als ein Stall voll Mist. Aber das hatte sie bei Rolfe nie erlebt. Er roch angenehm.
»Du warst tagelang fort, Rolfe«, sagte sie und verzog ihre Lippen zu einem Schmollmund, als sie sich bückte, um seine Beinschienen abzunehmen. »Ich habe mich schon gefragt, ob ich dich vor deiner Hochzeit noch sehe.«
Er brummte, und Amelia lächelte. Wieviel durfte sie zu der Heirat sagen? »Sir Evarard war damit beschäftigt, für den Festschmaus zu jagen«, fuhr Amelia fort. »Ich habe selbst dafür gesorgt, daß der Saal geputzt wird, weil dein Haushofmeister zu beschäftigt war.«
Das war eine Lüge. Sie gab sich nie damit ab, Dienstboten zu überwachen, aber das wußte Rolfe nicht. Sie wollte ihm das Gefühl geben, daß sie nichts gegen seine Heirat hatte, ihm sogar behilflich sein wollte.
Als nächstes zog ihm Amelia den Rock und das Unterhemd aus, doch sie tat es so langsam, daß Rolfe sie auf seinen Schoß nahm, ehe sie die Kleidungsstücke zur Seite legen konnte. Sie stieß einen Schrei aus, um Protest zu heucheln, und er verschloß ihren Mund mit einem heißen Kuß.
Sie spürte, wie eilig er es hatte, doch sie ließ sich davon nicht rühren, sondern stellte nur befriedigt fest, wie sehr er sie begehrte. Sie lehnte sich zurück, stemmte ihre Hände gegen seine Brust und ließ nicht zu, daß sein Mund sich wieder auf ihre Lippen legte. »Du willst mich also noch?« fragte sie.
»Was ist das für eine dumme Frage?« Er runzelte die Stirn. »Sieht es so aus, als begehrte
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