WENN DIE LUST ENTLAMMT
geglaubt hatte, sein Bedürfnis, Mallory wiederzusehen, würde schon nicht so groß sein.
„Das würde ich nicht sagen.“ Sie warf ihm einen Blick zu, der ihm durch und durch ging. „Ich glaube allerdings, für den Moment haben wir genug geredet …“
„Amen.“ Er spürte ihre Wimpern auf der Wange, als er sie auf die Schläfe küsste und dann auf die Wange und das Kinn. An ihrem Hals verweilte er ein wenig, bis Mallory sich mit einem leisen Seufzer an ihn schmiegte. Dann erst küsste er sie auf den Mund. Ihre Lippen trafen sich mit einer Heftigkeit, die beide überraschte. Gabriel hatte das Gefühl, dass seine Sehnsucht nach Mallory immer größer geworden war, seit er sie vor dreizehn Tagen verlassen hatte.
Als er sich schließlich von ihr löste und die Stirn an ihre lehnte, waren es nicht nur ihre Hände, die zitterten. Er ermahnte sich insgeheim, sich zusammenzureißen, und war sicher, dass er nur deswegen so heftig auf sie reagierte, weil er so erschöpft war. „Und?“
„Kann ich dir antworten, wenn ich wieder klar denken kann?“
Ihre Worte und die Atemlosigkeit, mit der sie sie aussprach, halfen ihm sehr, sich selbst ein wenig zu beruhigen. „Ich nehme das einfach als ein Ja, okay?“ Zärtlich streichelte er ihren Rücken. „Du kommst also mit mir?“
„Ich habe schon gehört, dass du ein ganz Schneller bist.“
„Sei nicht frech. Hol deine Sachen und lass uns gehen.“
Sie stellte den Computer aus und nahm ihre Handtascheaus einer der Schubladen. „Ich muss nur kurz ein paar Sachen aus meiner Wohnung holen.“
„In Ordnung.“ Er knipste das Licht aus und schloss die Tür hinter ihnen.
Minuten später waren sie schon in seinem Jeep. „Ein schöner Abend“, bemerkte Gabriel zufrieden und atmete tief die milde Luft ein.
„Wie war das Wetter in Belgrad?“
„Okay. Ziemlich feucht im Vergleich zu hier. Wie läuft deine Arbeit?“
„Nun ja, noch wirst du wohl nicht mein Bild im Lexikon unter dem Eintrag ‚unentbehrlich‘ finden, aber ich arbeite daran.“
„Vielleicht arbeitest du sogar zu hart, wenn heute Abend ein Beispiel ist.“
Sie lachte. „Das hat wirklich noch nie jemand über mich gesagt. Und es ist auch ziemlich ironisch, wenn man bedenkt, dass es von jemandem kommt, der – korrigiere mich bitte, wenn ich mich irren sollte – gerade von einer Hundert-Stunden-Arbeitswoche zurückkommt.“
„Na ja …“
„Und wage jetzt nicht zu sagen, dass es etwas anderes ist“, warnte sie ihn gespielt streng. „Der einzige Unterschied ist, dass du seit Jahren arbeitest und ich seit ungefähr zehn Minuten. Außerdem habe ich heute Morgen herausgefunden, dass man im Büro Wetten darüber abschließt, wie lange es noch dauert, bis ich das Handtuch werfe. Ich habe irgendwie den Kopf verloren und einhundert Dollar auf ‚nie‘ gesetzt. Also kann ich es mir gar nicht leisten, nicht durchzuhalten.“
„Als ob das je infrage stand“, bemerkte Gabriel.
Sie war einen Moment lang still und legte dann die Hand auf seinen Schenkel. „Danke“, sagte sie leise. „Das war eins der nettesten Dinge, die man je zu mir gesagt hat.“
„Es ist nur die Wahrheit.“
„Aber es von dir zu hören, bedeutet mir sehr viel. Was mich an etwas erinnert.“ Sie drehte sich halb zu ihm um, als er vor einer Ampel das Tempo drosselte. „Ich muss dir für die wundervollen Geschenke danken. Es wäre wirklich nicht nötig gewesen, aber um ehrlich zu sein, liebe ich jedes einzelne davon.“
Er warf ihr einen Blick zu, und die unverhohlene Freude, die sich auf ihrem Gesicht zeigte, rührte ihn. Wenn er ehrlich war, musste er zugeben, dass er das erste Geschenk, die Aktentasche, aus einem Impuls heraus gekauft hatte, während er am Flugplatz auf seinen Flug wartete. Sobald er die Tasche gesehen hatte, hatte er beschlossen, dass Mallory sie bekommen musste.
Und dann war ihm aufgefallen, wie viel Spaß es ihm machte, sich ihr Gesicht vorzustellen, wenn sie das Geschenk erhielt, und so hatte er noch mehr gekauft. Er wollte ihr eine Freude machen und ihr vielleicht auch ein wenig das Gefühl geben, dass sie etwas Besonderes für ihn war, selbst wenn er sich nicht erklären konnte, warum ihm plötzlich so viel daran lag.
Aber jetzt sah er das glückliche Leuchten in ihren Augen und ihm wurde bewusst, dass ihre Beziehung sich geändert hatte und dass Mallory vielleicht sogar anfing, ihm ein wenig zu vertrauen. Diese Erkenntnis freute ihn mehr, als ihm lieb war – bis er sich fragte, wie es mit ihnen
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