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Wenn Die Nacht Anbricht

Titel: Wenn Die Nacht Anbricht Kostenlos Bücher Online Lesen
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ganzen Tag in Anspruch. Es wäre natürlich angenehmer gewesen, noch ein zweites Paar Hände zu haben, das mir half, auch wenn ich das nicht offen zugegeben hätte. Wenn die Sonne schien, schaffte ich es oft noch, vor dem Zubettgehen zu bügeln. Aber wenn es bewölkt und kühler war, musste das Bügeln bis zum nächsten Tag warten. Ich wusch gern im Fluss, da ich dort ein großes Feuer entfachen konnte. Aber ohne die Hilfe der Mädchen lohnte es sich nicht, ständig hin und her zu laufen.
    Lola gab ein unhöfliches, pferdeartiges Geräusch von sich. »Ich sitz garantiert nicht nur rum und rede, während du arbeitest«, sagte sie. »Ich hab grad Zeit, Ellen kümmert sich um die Kleinen.«
    Also rührte ich in der Wäsche, während sie begann, die gewaschenen Kleider in das saubere Wasser zu tunken, sie danach auszuwringen und schließlich über die Wäscheleine zu hängen.
    »Ich überlass es dir, wie du sie aufhängst. Du weißt’s am besten.«
    Eine Weile arbeiteten wir so vor uns hin. Es war nichts anderes zu hören als das Schwappen des Wassers und das Knacken des Holzes. Ich zog eine von Alberts Grubenhosen aus der Brühe, schüttelte sie, bis der Dampf nachließ, und betrachtete den Stoff. Mit den Fingerspitzen hob ich erst ein Bein und dann das andere hoch, ehe ich den Latz glättete, damit ich sehen konnte, ob es irgendwo noch Flecken gab. Fast sauber. Sie roch auch nicht mehr. Ich warf die Hose in den Bottich, den Lola in der Zwischenzeit fast geleert hatte.
    »Ich schrubb die noch etwas«, sagte sie. »Und du hängst sie auf, wenn du fertig bist.«
    Als ich schließlich die Leinentücher zu Ende gewaschen hatte, war das Feuer von selbst fast ausgegangen. Ich tat, was sie mir vorgeschlagen hatte, da ich keinen Sinn darin sah, etwas zu sagen oder zu widersprechen. Wenn sie auswusch, dann konnte ich genauso gut mit dem Aufhängen beginnen. Wir fanden einen guten Rhythmus, als sie schließlich anfing, die zweite Ladung Kleider auszuspülen und mir Stück für Stück reichte, damit ich es auf die Leine hängen konnte. Nach der Hitze, die mein Gesicht zum Schwitzen gebracht hatte (ich erklärte den Mädchen immer, dass sie »transpirieren« und nicht »schwitzen« sagen sollten), und dem Dampf, der meine Haare klebrig gemacht hatte, genoss ich das Aufhängen. Es gab nichts Leichteres als ein Kleidungsstück zu nehmen, es glatt zu ziehen und an die Leine zu hängen.
    »Hast gute Mädchen«, meinte Lola. »Hübsch.«
    »Danke. Nett, dass du das sagst«, erwiderte ich und warf einen Blick auf sie. Erst jetzt bemerkte ich den Korb, der zu ihren Füßen stand. Es war unser alter kaputter Strohkorb. Als Lola sah, dass ich ihn anschaute, wies sie mit einer nassen Hand darauf.
    »Die Mädchen haben mir den mit Äpfeln gebracht. Nett von ihnen.«
    »Du hättest ihn nicht zurückbringen müssen, Lola. Aber danke.«
    Ich fragte mich, was die Mädchen dazu gebracht hatte, ihr Äpfel zu schenken. Ich war seit mehr als einem Jahr nicht mehr an Lolas Haus vorbeigekommen. Das letzte Mal hatte ich ihr ein paar Eier mitgebracht, aber an den Besuch konnte ich mich kaum noch erinnern. Das vergangene Jahr war hart gewesen, und wir hatten unsere ganzen Vorräte und überschüssigen Lebensmittel weggegeben – an Alberts und meine Verwandtschaft. Manchmal kam auch jemand bei uns vorbei und fragte, ob wir etwas für ihn hätten, das wir nicht brauchten. Deshalb war ich nicht auf die Idee gekommen, Lola wieder einmal zu besuchen.
    »Sie wollten mein neues Baby sehen.« Sie hatte wieder beide Hände im Wasser.
    Das war noch ungewöhnlicher als die Sache mit den Äpfeln. Meine Mädchen waren nicht sonderlich an Babys interessiert. Sie gehörten nicht zu denjenigen, die sich für Puppen begeisterten oder von kleinen Kindern entzückt waren. Außerdem kannten sie Lola nicht einmal. »Kann mir nicht vorstellen, was sie sich dabei gedacht haben«, murmelte ich mehr zu mir selbst.
    Der Beutel mit Wäscheklammern schlug gegen meine Hüfte, während ich mich Zentimeter um Zentimeter die Wäscheleine entlangarbeitete. Mein Gesicht war bereits getrocknet, aber ich konnte noch das Salz auf meinen Fingerknöcheln schmecken, als ich mir eine Klammer in den Mund steckte, während ich eine andere an der Leine befestigte.
    »Ich nehm an, dass sie sich um Frankie Sorgen gemacht haben«, erklärte Lola.
    Ich sah sie an, die Wäscheklammer zwischen meinen Zähnen.
    »Zuerst konnte ich mir nicht erklären, warum sie mich besuchen«, fuhr sie fort. »Ich

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