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Wenn Die Nacht Beginnt

Wenn Die Nacht Beginnt

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seiner Versehrtenrente.«
    »Ja.« Kelly nimmt seinen Kaffeebecher. »Und er hasst alles und jeden.«
    »Hast du mit ihm gesprochen?«, fragt Bohannon.
    Kelly zieht eine Grimasse. »Er war nicht erfreut, mich zu sehen. Es war kein gutes Gespräch, ganz und gar nicht das, was ich erwartet hatte.«
    »Was du dir erträumt hattest, meinst du.« T. Hodges setzt sich mit ihrer eigenen Tasse an den Tisch. »Kelly, manche Dinge sollen einfach nicht sein.«
    Kelly bläst den Dampf von seinem Kaffee und probiert ihn vorsichtig: »Ich wollte nicht aufgeben. Ich wollte ihn zurückbringen, ich hatte es meiner Mutter versprochen, wollte ihn mitnehmen, und es wäre wieder wie in den Siebzigern, wir wären wieder eine Familie. Wir hatten gute Zeiten. Damals war er in Ordnung. Stabil. Sogar heiter. Ein guter Dad. Ich hab ihn wirklich vermisst. Zwanzig Jahre sind eine lange Zeit.«
    »Allerdings«, stimmt Bohannon zu. »Du hast also noch mal versucht, mit ihm zu sprechen?«
    »Drei-, viermal. Er verscheuchte mich, sagte, ich solle ihn, verdammt noch mal, allein lassen.«
    T. Hodges hat das schon lange Zeit nicht mehr gemacht, aber jetzt greift sie nach Bohannons Packung Camels auf dem Tisch und zündet sich eine an. Durch die langsam um die Lampe ziehenden Rauchschwaden sagt sie: »Und vorletzte Nacht?«
    »Da konnte ich nicht schlafen. Im Geiste stritt ich immer weiter mit ihm. Ja, ich bin dort hochgegangen.« Kelly schaut weder sie noch Bohannon an. Seine Stimme ist fast zu leise, um verstanden zu werden. »Er hat auf mich geschossen.«
    »Bist du sicher, dass er dich gesehen hat, dass er wusste, auf wen er da schießt?«
    »Na, zum Teufel, wie soll ich das wissen?«, erwidert Kelly. »Glauben Sie vielleicht, ich bin dageblieben, um es herauszufinden? Er hatte eine Waffe, und ich hab mich verdrückt. Du weißt gar nicht, wie schnell du rennen kannst, bis jemand auf dich schießt.«
    »M-hm«, murmelt Bohannon. »Und worüber bist du gestolpert?«
    »Was?« Kelly setzt sich mit aufgerissenen Augen ganz gerade hin. »Was?«
    »Du bist aus Angst davongerannt, und du hast nicht aufgepasst, wohin du getreten bist, und weiter unten auf der Straße bist du über die Leiche eines Mannes gestolpert.«
    »Mist«, sagt Kelly, »woher weißt du das?«
    »Deine Hände sind aufgeschürft und schorfig, weil du auf Asphalt gefallen bist«, erklärt Bohannon.
    »Und ich fürchte«, fügt T. Hodges hinzu, »dir ging der Gedanke durch den Kopf, dass dein Vater diesen Mann erschossen haben könnte und dass er sich in diesen zwanzig Jahren mehr verändert hatte, als du dir vorstellen konntest, und plötzlich hattest du ziemlich Angst vor ihm.«
    »… und wolltest nicht mehr in seiner Nähe bleiben«, ergänzt Bohannon. »Du nahmst die Beine in die Hand. Deshalb hast du dir nicht mal mehr die Zeit genommen, mir einen Zettel zu schreiben.«
    »Ich hab Stubbs noch besucht«, verteidigt sich Kelly.
    »Ja, hundert Kilometer weiter«, stimmt Bohannon zu. »Und George hat es nicht gerade als einen langen Besuch beschrieben.«
    »Was werden sie mit meinem Dad machen?«, fragt Kelly besorgt.
    »Du liebst ihn trotz allem«, staunt T. Hodges.
    »Mach dir keine Sorgen um ihn«, meint Bohannon. »Ich glaube nicht, dass er den Mann erschossen hat, aber es würde helfen, wenn ich wüsste, wer es getan hat.«
    T. Hodges drückt ihre Zigarette aus. »Du hast niemanden hier in der Gegend gesehen? Vielleicht ein teures Auto?«
    Kelly lacht, aber es klingt hohl. »Ich hab solche Angst gehabt, dass ich überhaupt nichts gesehen habe. Mensch, ich war da draußen, ich meine, ich bin um mein Leben gelaufen.« Sie beobachten ihn ohne Kommentar, er hält inne, blinzelt ernst vor sich hin. »Moment. Nein. Sie haben Recht, da war ein Auto. Auf der anderen Straßenseite. Ein Mercedes. Auch noch falsch geparkt.«
    »Kein Fahrer?«, fragt Bohannon.
    »Nicht dass ich wüsste.« Kelly wird blass. »Du meinst den Mörder?«
    »Ich meine den Mörder«, bestätigt Bohannon.
    Lange Zeit hatte er kein Telefon neben dem Bett gewollt, aber als Stubbs schließlich einen Rollstuhl brauchte, war es gut, eines zu haben, als Wechselsprechanlage in Notfällen. Nachdem Stubbs ins Pflegeheim gegangen war, hatte Bohannon das Telefon neben dem Bett einfach nicht mehr abgeschafft. Und jetzt klingelt es. Früher Morgen. Er hat verschlafen. Er stöhnt, tappt umher, bekommt den Hörer zu fassen und murmelt »Bohannon« hinein.
    »Die Waffe war das stolze Eigentum des Gestorbenen«, verkündet Gerard,

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