Wenn Die Nacht Beginnt
er fragt: »Also … was für eine Verbindung hatte Lubowitz zu unserer kleinen Stadt?«
»Seine Schwägerin«, sagt Belle und nippt an dem Kaffee. »Aah!« Sie hält den dampfenden Becher einen Moment lang voll Bewunderung hoch und stellt ihn dann mit einem bedauernden Kopfschütteln wieder ab. »Wie kommt es nur, dass alles, was so gut schmeckt, so schlecht für uns ist?«
»Schwägerin?«, wundert sich T. Hodges.
»Mary Beth Madison.« Belle Hesseltine beugt sich über den Tisch und sieht ganz gierig aus. »Ist das Guaven-Gelee von George Stubbs? Hack, schieben Sie mir diesen Toast und die Butter rüber. Dieser tolle alte Mann machte absolut verboten köstliche Marmeladen …« Sie schnappt sich Hacks Messer und stürzt sich auf Toast und Gelee, als ob ihretwegen die Erde ihre Drehung ausgesetzt hätte. Als ihr Mund voll gestopft ist und ihr Gebiss fröhlich klappert, sie sich die Finger leckt und Kaffee schlürft, bemerkt sie schließlich die angespannten Gesichter der anderen beiden und versucht zu schlucken, damit sie sprechen kann. Sie stellt den Kaffeebecher ab. »Sehr gute Familie aus Pasadena. Cedric Lubowitz heiratete Mary Beth' ältere Schwester Rose. Es gab einen Skandal, und man sprach davon, Rose zu enterben, weil sie einen Juden geheiratet hatte, aber das legte sich wieder.«
Ein Mundwinkel der alten Frau zuckt.
»Schließlich waren sie Lubowitz' Nachbarn, und ihr Haus war genauso prächtig. Die Mädchen und der junge Cedric hatten ihre Kindheit zusammen verbracht und standen sich sehr nahe. Ich habe außerdem den Verdacht, dass ein finanzieller Rat seitens der Familie Lubowitz geholfen hatte, das Vermögen der Madisons zu stabilisieren, denn es hatte gewackelt. Henry Madison III. war mit seinem Erbe nicht klug umgegangen. Zu seinen unbedeutenderen Torheiten hatte es gehört, dass er in Madrone und Settiers Cove Land gekauft hatte, das zu der damaligen Zeit wertlos gewesen war. So kam es, dass Mary Beth sich hier niederließ. Und« – sie sieht einen nach dem anderen an – »es war auch der Grund dafür, dass ich mich hier zur Ruhe setzte. Mein Vater war der Hausarzt der Familie Madison und hatte ein Grundstück hier oben als Kompensation für eine Rechnung angenommen, als die Zeiten schlecht waren.«
»Und daher wissen Sie auch all diese interessanten Einzelheiten«, staunt T. Hodges. »Aber lebt nicht Miss Mary Beth Madison mit Dr. Dolores Combs zusammen? Kammermusik? Canyon Mozart Festival? Die Woche mit Gregorianischem Gesang in der alten Missionsstation?«
Belle Hesseltine nickt. »Und auch noch vieles andere. Ja, das ist Dolores. Es ist schwer zu glauben, dass sie in ihrer Jugend kaum mehr als ein Findelkind war, nicht?«
T. Hodges bleibt der Mund offen stehen. »Machen Sie Witze?«
»Die Madison-Mädchen schlossen sie ins Herz, brachten sie eines Tages aus dem Park mit nach Hause, und danach war sie fast ständig im Hause Madison. Die Familie akzeptierte sie schnell, denn was ihr an Herkunft und Bildung fehlte, machte sie durch Intelligenz und Talent wett.«
Bohannon sagt: »Heutzutage gibt sie eine ziemlich gute Figur ab.«
Belle Hesseltine lächelt. »Ihre Angehörigen waren arm und ungebildet, der Vater trank. Sie hatten keine Ahnung, dass sie ein musikalisches Wunderkind in der Familie hatten. Es waren die Madisons, die ihr ein Klavier kauften, ihr Unterricht geben ließen und sie auf die Universität schickten.«
»Und als für Cedric Lubowitz die Zeit reif war, zu heiraten«, sagt T. Hodges, »und er Rose wählte, kämpften sich Dolores Combs und Mary Beth Madison allein weiter?«
Bohannon lacht.
Sie zieht die Stirn in Falten und sieht ihn erschrocken an. »Was ist daran lustig?«
»Du hast mir nie verraten, dass du Liebesgeschichten magst«, grinst er.
»Na, das tu ich ja auch nicht«, protestiert sie. »Aber hier geht es um einen Mordfall, Hack. Das steht genauso in unserem Ausbildungshandbuch. In jedem Mordfall ist die wichtigste Person das Opfer. Und der am ehesten in Frage kommende Täter ist jemand, den das Opfer gut kannte. Stimmt's?«
»Für mich klingt das mehr nach Agatha Christie«, sagt Bohannon.
»Nun …«, Belle Hesseltine hebt ihre große, knochige Gestalt vom Stuhl und nimmt ihre Schultertasche auf. »Ich muss Patienten besuchen.«
»Warten Sie«, sagt Bohannon. »War Cedric Lubowitz hier oben, um Mary Beth zu besuchen – ist es das, was Sie mir sagen wollten?«
»Ach, das nehme ich eigentlich nicht da. Ihm gehörte eines dieser Grundstücke,
Weitere Kostenlose Bücher