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Wenn Die Nacht Beginnt

Wenn Die Nacht Beginnt

Titel: Wenn Die Nacht Beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
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Albträume meinen Schlaf heim. Am nächsten Morgen konnte ich mich nicht mehr an viel erinnern, aber ich hatte ein flaues Gefühl im Magen, als ob der Flügel eines Bussards mich gestreift hätte.
    Ich wartete atemlos auf Alexanders Anruf. Drei Tage später (drei Jahre, drei Jahrtausende), kam er. Die Ausstellung war ein großer Erfolg gewesen, und alle Werke waren verkauft. Mein Porträt war zum erhofften, extravagant hohen Preis weggegangen. Ein japanischer Manager aus der Automobilbranche nahm es mit in sein Heim in der Nähe von Kyoto. Ich schloss die Augen. Ich konnte Tempelglocken hören und wie Leute in einer fremden Sprache murmelten.
    »Wie dem auch sei«, sagte Alexander und machte eine Pause.
    Ich wartete seine folgenden Worte nicht ab. Ich wusste, wie sie lauten würden, und konnte es nicht ertragen, sie aus seinem Mund zu hören. Ich legte auf und wählte Charlottes Nummer. Dann fuhr ich noch einmal zu dem Haus.
    Obwohl ich vorgewarnt worden war, war das neue Schild mit seinem roten Wimpel – Verkauft  –, ein Schock. Aber nicht lange. Ich riss es aus dem Boden und begrub es mit dem anderen Schild in meinem Kofferraum.
    Ich saß auf der obersten Treppenstufe, als Alexander mich fand, direkt vor dem großen Schlafzimmer mit dem wunderbaren nördlichen Licht, von dem ich gehofft hatte, dass es eines Tages uns beide, eng umschlungen, wecken würde.
    »Ich wusste, dass du hier sein würdest«, meinte er.
    »Und ich wusste, dass du kommen würdest.«
    »Georgie Ann, es tut mir so Leid, aber es ist vorbei. Du hast nichts getan, um es aufzuhalten, du bist einfach reglos dagesessen, und jetzt ist das Haus verkauft.« Er ließ eine Hand auf meine Schulter sinken. Ich schüttelte sie ab. Er runzelte die Stirn. »Du musst es loslassen.«
    Ich sagte kein Wort.
    Alexander setzte sich neben mich und nahm meine Hand. Seine Berührung war kalt. Ich konnte fühlen, wie die Lügen, die er so sorgfältig einstudiert hatte, durch sein Blut pulsierten. Sie fielen aus seinem Mund, wie kleine, rote Eiswürfel aus der Tür von Luxuskühlschränken fallen.
    »Ich habe dich gewarnt«, sagte er, »dass jemand ernsthaft an dem Haus interessiert ist.«
    Ich hob die Hand und verschloss ihm den Mund. Dann stand ich auf. »Lass uns tanzen, ein letztes Mal«, schlug ich vor und stand auf dem Parkett des oberen Flurs.
    »Ja.« Er lächelte. »Tanzen wir.« Ich konnte seine Erleichterung spüren. Ich würde es nicht übel nehmen.
    Er hatte natürlich befürchtet, dass ich durchdrehen würde, dass ich mit Schaum vor dem Mund schreien und mich auf dem Boden wälzen würde, dass aus meinem Kopf Schlangen sprießen und ihn anfallen würden. Und er hatte allen Grund, sich zu fürchten. Hatte er gedacht, ich wüsste es nicht?
    Es hatte nur dieses einen Anrufs bei Charlotte bedurft, um meine Befürchtungen zu bestätigen. Erst hatte Alexander mit seinen Farben und Pinseln mein Bild gestohlen und es ins Reich der Mitte verkauft. Dann hatte er den Geldsegen dazu benutzt, das Haus zu kaufen. Es war dieses zauberhafte nördliche Licht, hatte er Charlotte erklärt. Es hatte sein Leben verändert. Er musste es einfach für sich haben.
    Würde Alexander allein in dem Haus leben?, hatte ich gefragt.
    Ja, antwortete sie. Zumindest glaube ich das.
    An der Stelle log sie, das spürte ich.
    Und so hob ich langsam meine Arme zu einem letzten Tango. Alexander zog mich an sich. Ich roch Zitronen. Ich hörte die Brandung rauschen. Meine Brüste drückten sich an seine Brust – nicht begehrt, ungeliebt. Wir bewegten uns in langsamer, argentinischer Pracht über den Parkettboden. Dann zurück. Und wieder vorwärts.
    Beim dritten Mal, als er mich von sich wegdrehte, kamen seine Fersen sehr, sehr nahe an die Kante der obersten Treppenstufe. Ich hatte aufmerksam nach diesem Winkel, diesem Moment Ausschau gehalten. Dann ließ ich einfach los, und die Zentrifugalkraft unseres Schwungs trieb Alexander rückwärts, so sicher, als ob er an einem Seil gezogen hätte.
    Er fiel hinunter, Stufe um Stufe, kopfüber, und landete mit einem scharfen Krachen seines Kopfes und Halses auf dem alten Eichenboden ein Stockwerk tiefer.
    Ich rannte ihm nach. Beugte mich über ihn. Brachte mein Gesicht nahe an ihn, wie für einen Kuss.
    Hilf mir, waren seine letzten Worte.
    Nein, war mein letztes.
    Sobald er gestorben war, strich ich mit meinen Locken über die Stelle an seinem Genick, wo die dunklen Locken sich so reizend federartig ausbreiteten, dann ging ich zur Tür und zum

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