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Wenn Die Nacht Beginnt

Wenn Die Nacht Beginnt

Titel: Wenn Die Nacht Beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
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auf anheimelnde, neckische Weise wie ein Zimmer in einer Safarilodge ausgestattet.
    »Das ist wunderschön.«
    »Meine Nichte hat die Zimmer eingerichtet. Lassen Sie uns wissen, wenn Sie etwas brauchen«, sagte er formell, und dann war er mit einem festen Klicken des Schlosses draußen.
    Amelia fühlte sich beleidigt und war verärgert. Sie legte ihre Reisekluft ab und zog Jeans, ein langärmeliges Hemd, Socken, Stiefel, Jacke und eine Mütze an und eilte wieder hinaus, da sie ein paar Tiere besuchen wollte, bevor es dunkel wurde. Als sie zu der Weide der Giraffen ging, sah sie Kopecki neben einem zerbeulten weißen Lieferwagen stehen. Sie hätte schwören können, dass er sie gesehen hatte und dann in sein Gefährt gesprungen war, es angelassen hatte und davongefahren war, als ob ihn ein Dämon jagte.
    Sie fragte sich, was ihn an dem Wort ›Reporter‹ erschreckte? Die meisten Leute liefen nicht so davon, es sei denn, sie hatten etwas zu verbergen. Sie spürte einen Kloß der Enttäuschung in der Brust, während sie zu den Giraffen weiterstapfte.
    Der Anblick der Tiere hob ihre Stimmung.
    Sie stützte sich auf den grauen Metallzaun und schaute ihnen zu.
    »Entschuldigen Sie, sind Sie der neue Gast? Ms. Blaney?«
    Amelia wandte sich stirnrunzelnd um und entdeckte ein junges Mädchen, das mit Händen in den Hosentaschen beim Zaun stand. Die größte Giraffe begann, zu ihr zu trotten, und mehrere der kleineren Giraffen spitzten beim Klang ihrer Stimme die Ohren. Als Amelia mit »ja« antwortete und ihr einfiel, die Stirn wieder zu glätten, sah das Mädchen erleichtert aus. Sie reichte Amelia die Hand.
    »Tag, ich bin Sandy Rogers. Onkel Jim sagte, ich solle Ihnen alles zeigen.«
    Amelia hörte den Nachnamen des Mädchens und musste sich gewaltig anstrengen, um eine sichtbare Reaktion zu vermeiden. Rogers? War das nicht der Name des Mädchens, das getötet worden war, und des Jungen, der sie getötet hatte?
    »Wollen Sie erst die Kängurus sehen, oder sollen wir mit den Giraffen anfangen?«
    Sie sah nach etwa sechzehn Jahren aus, dachte Amelia, hatte ein frisches, hübsches Gesicht und einen kräftigen, kleinen Körper, der sich in dem roten Flanellhemd wohl zu fühlen schien; sie trug eine schwarze Jeans und Cowboystiefel. Sie hatte ihr dunkelblondes Haar zu einem französischen Zopf geflochten, aus dem sich auf sympathische Weise ein paar vorwitzige Haarsträhnen gelöst hatten. Amelia wusste nicht, was sie sagen sollte, aber sie hatte Glück, denn inzwischen war die größte Giraffe bei ihr angekommen. Sie stand hinter Sandy Rogers und neigte ihren Kopf weiter herunter, bis ihr sanftes Gesicht mit den langen Augenwimpern Wange an Wange mit Sandys war.
    »Hey, Malcolm«, murmelte Sandy liebevoll. Zärtlich blies sie in seine Nüstern, und er schüttelte ein wenig den Kopf, hob einen großen Huf und stellte ihn wieder ab. »Das ist ein großer Junge, aber er mag sich nicht anfassen lassen, stimmt's, Malcolm? Die Giraffen mögen es meistens nicht, aber sie sind liebe Wesen und schrecklich neugierig.« Sie sah in das große, schwarz leuchtende Auge vor ihrem Gesicht. »Ist doch wahr, Großer, oder?«
    Amelia sah lange die beiden an – das riesige Tier und das zierliche Mädchen –, und sie spürte solch eine schmerzliche Sehnsucht, dass sie die Hände gegen ihr Herz presste und sagte: »Es sieht aus, als ob Malcolm der Meinung sei, wir sollten hier anfangen. Kopecki ist Ihr Onkel?«
    »Ja. Also, Malcolm, erzählen wir ihr alles über dich und die Damen. Korrigiere mich, wenn ich etwas Falsches sage, okay?« Inzwischen waren auch zwei der kleineren Giraffen herübergetrottet. Sandy bückte sich und nahm einen durchsichtigen Plastikeimer hoch. Amelia sah, dass er geschnittene Karotten und Äpfel enthielt. Ohne auf eine Einladung zu warten, griff sie hinein, nahm eine Karottenscheibe heraus und bot sie Malcolm an. Eine erstaunlich lange graue Zunge kam aus seinem Mund, wickelte sich um den Bissen Gemüse und hob ihn vorsichtig aus ihrer Hand.
    »Ob Sie es glauben oder nicht, Giraffen haben nur sieben Halswirbel, genau wie wir, aber ihr Blutdruck ist doppelt so hoch wie unserer …«
    Während das Mädchen sprach und Fakten erklärte, die Amelia bereits kannte – die sie seit ihrer Geburt wusste, meinte sie –, fütterte Amelia weiter die Giraffen, bis die Karotten aufgefressen waren.
    »Wollen Sie jetzt die Kängurus sehen?«, fragte Sandy.
    »O ja.« Während sie zusammen zu dem großen Kängurugehege gingen,

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