Wenn Die Nacht Beginnt
so verschlossen wie das seine. »Ich wollte nie lügen.«
»Ich wünschte, das würde etwas bedeuten.«
»Ich hatte alles hinter mir gelassen. Ich bin nur deinetwegen zurückgegangen. Ich weiß nicht, wie viel Abilene erzählt hat.«
»Er hat es mir gesagt. Ich verstehe es.«
Nach einer Pause fragte er: »Wie machen wir jetzt weiter?«
Darüber hatte sie ständig nachgedacht, seit sie von der Polizei gekommen war. Sie hatte hin und her überlegt, ohne zu einem Ergebnis zu kommen. Sie sagte die Wahrheit. »Ich weiß es nicht.«
»Wir könnten zu einem Eheberater gehen.«
»Es wird schwer sein, einen mit der passenden Erfahrung zu finden«, meinte sie.
»Ich bin bereit, es zu versuchen.«
Sie senkte den Blick, drehte ihren Ehering am Finger. Sie hatte nicht gemerkt, dass sie ihn nicht abgenommen hatte. Sie schaute auf.
Er konnte in ihrem Gesicht lesen, dass sie es auch versuchen wollte. Er lächelte. Sie machte ein ernstes Gesicht.
»Keine Geheimnisse mehr«, sagte sie.
ANGELA ZEMAN Onkel Harry und die Hexe
»Was meinen Sie?«, fragte Rachel weiter, aber ihre Miene signalisierte Mrs. Risk, dass Rachel keine andere Meinung gelten lassen würde.
Während sie taktvoll verbarg, dass sie amüsiert war, ließ Mrs. Risk ihren Blick über die von Läden gesäumte Straße streifen, und ihr Gesicht strahlte vor Stolz auf ihren Ort. Die Maisonne, die mit ihrer morgendlichen Aufgabe, Dächer zu vergolden, beschäftigt war, wärmte ihre kühlen Nasen und Hände. Es war eine ihrer Lieblingsbeschäftigungen, am frühen Morgen die hölzerne Strandpromenade entlangzugehen, die die Bucht von Wyndham-by-the-Sea säumte. Die Planken unter ihren Füßen gaben in heiterem Rhythmus Töne von sich, wobei Rachels Stiefel einen tieferen hervorbrachte hinter dem Klappern von Mrs. Risks Halbschuhen. Beide Frauen waren ziemlich groß und ihre Schritte passten gut zusammen.
Rachel war nicht nur viel jünger, sondern auch fülliger als die magere, ältere Frau. Wie gewöhnlich trug Rachel Jeans und ein Baumwollhemd, und ihre vielen Locken baumelten als dunkler Pferdeschwanz über ihren Rücken. Mrs. Risks glattes Haar flatterte wie ein zerzaustes schwarzes Banner in den Böen, die von der Wyndham Bay herwehten.
Schließlich sagte sie: »Wenn Sie Gold wollen, dann schlage ich vor, dass Sie das Metall selbst kaufen. Sie hätten etwas, das Sie konkret in der Hand halten oder sogar tragen können, und es steigt im Wert. Aber Termingeschäfte mit Gold? Reine Spekulation, meine Liebe. Mögliche, hohe Gewinne, stimmt, aber das Risiko ist noch höher. Auf dem Rohstoffmarkt kann man sogar mehr verlieren, als man investiert.«
Rachel schnaubte ungeduldig. »Ich kann es mir nicht leisten, in etwas, das man tragen kann, zu investieren!«
Mrs. Risk versuchte, sie zu unterbrechen, aber Rachel setzte sich durch.
»Erinnern Sie sich, dass das St.-Bonifaz-Krankenhaus bei mir die Blumen für seine Fundraising-Gala nächste Woche bestellt hat? Nun, wenn ich diesen Scheck bekomme, dann werden zum ersten Mal, seit ich meinen Laden aufgemacht habe, meine Miete und Rechnungen fristgerecht bezahlt sein, und ein Batzen wird übrig bleiben. Das ist meine Chance, mit diesem Batzen ein wenig zusätzlich zu verdienen. Mel Arvin, der Börsenmakler, sagt …«
»Pah! Wenn dieser Mann mir sagen würde, Wasser fließt abwärts, dann würde ich es nicht glauben.«
»Ja«, krähte Rachel triumphierend, »aber würden Sie Harry Fitch trauen?«
»Absolut. Aber was weiß Harry eigentlich über Gold-Termingeschäfte oder irgendeinen anderen Rohstoff?« Mrs. Risk hob ihr Gesicht zur Sonne und schnupperte. Die Kaffee-Moden der Yuppies hatte auch Wyndham-by-the-Sea erreicht, und das Aroma von gerösteten Bohnen wehte verführerisch durch die salzige Luft.
»Er verkauft ständig Gold!«
»Er verkauft antike Goldmünzen. Das ist etwas völlig anderes. Lassen wir heute Morgen unseren Kräutertee weg und trinken Kaffee, macht es Ihnen etwas aus?«
»Nicht jetzt. Er sagte, wenn ich früh rüberkäme, könnten wir reden. Und zu Ihrer Information, einige seiner goldenen Dinger sind neu. Er sagte, er könnte mir die Weltmärkte erklären. Er nannte Gold ein Edelmetall. Eines der drei auf der Welt.«
»Gold, Platin und Silber, aber Gold hat die älteste Geschichte.«
»Woher wissen Sie – ach, egal, Sie wissen ja alles, das hatte ich vergessen.« Rachel kicherte – da sie noch in einem zarten Alter war, konnte sie es auf sympathische Weise tun –, und wegen des
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