Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wenn Die Nacht Beginnt

Wenn Die Nacht Beginnt

Titel: Wenn Die Nacht Beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
Kicherns überhörte sie die Geräusche, die aus dem Dallour Coin and Stamp Collector's Shop hervorbrachen. Mrs. Risk riss Rachel zurück und erstickte ihr Kichern zu einem Quäken.
    Sie presste Rachel gegen das Fenster des Immobilienmaklers neben der offenen Tür des Münzgeschäfts, zeigte mit einem Finger auf die von der Sonne gebleichten Fotos von Hamptons Ferienwohnungen (die wahrscheinlich bereits für die kommende Saison ausgebucht waren) und befahl: »Psst!«
    Rachel ignorierte den Befehl und knurrte: »Wenn Sie wollen, dass ich in Immobilien investiere, dann müssen Sie netter sein.«
    »Hören Sie!«
    Verwirrt kauerte sich Rachel gegen die Schaufensterscheibe und horchte. Dann richtete sie sich auf. »Ach, das ist Tante Marguerite.«
    Mrs. Risk schnaubte: »Und mich nennen sie eine Hexe!«
    Wegen Mrs. Risks exzentrischem Wesen (das Rachel mit ihr teilte) und unheimlicher Fähigkeit, Dinge zu sehen, die andere oft übersahen, glaubten die Einwohner von Wyndham-by-the-Sea, Mrs. Risk sei eine Hexe. Die meisten fühlten sich von ihr eingeschüchtert – ein Eindruck, den sie schamlos ausnutzte –, aber einige waren fasziniert und einige akzeptierten sie. Aus dieser letzten, sehr kleinen Gruppe wählte sie ihre Freunde aus. Nachdem Mrs. Risk Rachel davor bewahrt hatte, eine fatale Verzweiflungstat zu begehen, hatte sie auch Rachel ausgewählt – typischerweise, ohne sie zu fragen.
    Als ihre manchmal stachelige Freundschaft schon zwei Jahre andauerte, hatte Rachel begonnen, sich selbst ›Lehrlingshexe‹ von Mrs. Risk zu nennen, und sie war sich nicht immer sicher, ob sie es im Spaß sagte.
    Aus dem Inneren des Münzgeschäfts ertönte eine Tirade, die mit jedem Atemzug an Lautstärke und Stimmlage gewann: »Wage ja nicht, zu sagen, es sei unnötig, du zu kurz geratener Faulpelz. Nach allem, was ich für dich getan habe, schuldest du mir ein wenig Mühe. Ich habe dir deine so genannte Karriere ermöglicht und habe diesen Laden für dich gekauft, nicht wahr? Ohne mich wärst du – wenn ich nicht – Harry! Wo gehst du hin? Wende mir nicht den Rücken zu! Du würdest immer noch in Eingängen schlafen, jawohl! Also! Wie ich schon sagte, für jede verdammte Briefmarke und Münze in diesem Laden will ich eine genaue Beschreibung mit Wert, Kommentar und Herkunft. Und wage ja nicht wieder, dich mit deinen üblichen, nichtsnutzigen Kritzeleien durchzumogeln. Ich versteh sie nicht. Denk dran: Niemand sonst würde einen leblosen Klotz wie dich anstellen. Nur ich, mit meinem weichen Herzen.
    Hm. Ich werde alles überprüfen, und wenn du die Bücher frisiert hast, dann werde ich es bald wissen. Jedenfalls, wie ich schon sagte, fang an, den Laden abends geöffnet zu lassen. Wir brauchen mehr Geschäft, um die Ausgaben, die du verursachst, aufzufangen. Die großen Ausgaben, mit der Wohnung oben im Haus, die ich dich benutzen lasse! Ich könnte dafür Miete verlangen.«
    »Ja«, flüsterte Rachel Mrs. Risk zu. »Es verursacht ihr große Ausgaben, ihn in dieser Hundehütte hausen zu lassen und ihn zu einem eingebauten Wachhund rund um die Uhr, sieben Tage die Woche zu machen. Sie scheut keine Ausgaben, um ihn davon abzuhalten, woanders ein echtes Einkommen zu beziehen. Der Mensch kann sich nicht mal drei anständige Mahlzeiten am Tag leisten! Und keine Krankenversicherung. Wissen Sie noch, die Grippe letztes Jahr? Wenn sich Dr. Giammo nicht unentgeltlich um ihn gekümmert hätte, dann wäre er jetzt tot!«
    Die Stimme fuhr fort: »Und lass die Nachbarsgören hier nicht rein, ich warne dich, Harry! Und wenn du schon dabei bist, dann mach hier mal ordentlich sauber. Dieser Laden fängt schon an, abgenutzt auszusehen. Genau wie du!« Sie wieherte vor Vergnügen. »Was mich daran erinnert: Lass diesen Smoking reinigen, den ich dir letzten Herbst gekauft habe. Du wirst mich begleiten, wenn ich zum – wo gehst du denn hin! Bleib da! Bald haben wir die St.-Bonifaz-Gala. Alle werden dort sein. Diese alte Vogelscheuche Velma, ich hab gehört, sie bringt ihre Schwester mit, ist das nicht köstlich? Großer Comedystar, kriegt nicht mal ein Rendezvous.« Sie kicherte.
    Dann veränderte sich ihr Ton zu einem schmeichelnden Summen. »Jetzt sei nicht schwierig. Mami wird sichergehen, dass es dir nicht Leid tut. Mami liebt dich. Würde ich dir alles, was ich besitze, in meinem Testament vermachen, wenn ich dich nicht lieben würde? Also, gib mir einen Kuss.« Ein schmatzendes Geräusch folgte.
    Mrs. Risk stürzte in den Münzenladen,

Weitere Kostenlose Bücher