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Wenn die Nacht dich kuesst...

Wenn die Nacht dich kuesst...

Titel: Wenn die Nacht dich kuesst... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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nicht ganz untergegangen war, begannen schon die ersten Sterne am indigofarbenen Himmel im Osten zu funkeln.
    Sie konnte es sich nicht leisten, länger zu warten. Als sie ihre Finger um die Messingklinke schloss, fragte sie sich, ob Kane sich eigentlich an seinen eigenen Rat hielt und seine Türen gegen den Wind verriegelte. Wenn ja, dann bliebe ihr nichts anderes übrig, als in ihr Schlafzimmer zurückzugehen, wo sie eine weitere Nacht in quälender Unsicherheit verbringen musste.
    Ihren sinkenden Mut zusammennehmend, drückte sie die Klinke nach unten. Die Tür schwang auf und lud sie, ohne auch nur einmal protestierend zu quietschen, in die Höhle des Viscounts ein.

15
    Caroline schlüpfte in das Allerheiligste des Turmes und zog die Tür hinter sich zu. Sie hatte das Gefühl, als pochte ihr Herz laut genug, um Tote aufzuwecken. Sie zuckte zusammen und verwünschte den unglückseligen Gedanken.
    Sie zögerte, wartete, dass ihre Augen sich an das spärliche Licht gewöhnten. Obwohl üppige Samtvorhänge vor jedes Fenster gezogen worden waren, war das Zimmer nicht völlig in Dunkelheit getaucht. Eine einzige Wachskerze war in einem Eisenkerzenhalter an der gegenüberliegenden Wand des Turmes fast heruntergebrannt.
    Als sich die Schatten langsam zurückzogen, hing ihr Blick fasziniert an dem Möbelstück, das den Raum beherrschte. Zu ihrer Erleichterung war es kein geschlossener Sarg auf einem Marmorpodest, sondern ein hohes Himmelbett aus Mahagoni, komplett mit vier Pfosten und Vorhängen aus rubinroter Seide. Diese Vorhänge waren zugezogen und verhüllten das Bett geheimnisvoll.
    Langsam tastete sie sich vorwärts, stolperte beinahe über den Klauenfuß eines weiteren Möbels am Fuß des Bettes. Es war lang und schlank und ebenfalls durch Seidendraperien verhüllt. Sie hob gerade eine Ecke des Stoffes an, um darunterzusehen, als sie eindeutig hörte, wie sich etwas hinter den Bettvorhängen bewegte.
    Sie wirbelte herum, ihre letzte geheime Hoffnung, dass das Bett leer sei, war zunichte gemacht. Sie fasste in die Tasche ihres Rockes, und ihre zitternden Finger schlossen sich um den Pflock. Als watete sie durch Treibsand, ging sie schleppenden Schrittes zu der Bettseite, die der Kerze und einzigen Lichtquelle am nächsten war. Ihre Finger glitten über die Seide, als sie den Vorhang vorsichtig zurückzog, um zu enthüllen, wer sich im Bett befand.
    Statt ordentlich auf dem Rücken zu liegen, die Arme vor der Brust gefaltet, schlief Adrian Kane inmitten der roten Seidenlaken auf dem Bauch. Der glatte Stoff war ihm gefährlich tief auf die Hüften gerutscht, sodass sein sehniger Rücken und seine muskulösen Schultern ihren Blicken preisgegeben waren. Es war unmöglich zu sagen, was er unter dem Laken anhatte — wenn überhaupt irgendetwas.
    Caroline musste sich zwingen, ihren wandernden Blick zurück auf sein Gesicht zu lenken, und schluckte, um die plötzliche Trockenheit in ihrem Mund zu vertreiben.
    Er schlief mit dem Gesicht dem milden Schein der Kerze zugewandt, seine langen Wimpern ruhten auf seinen Wangen. Dass die Spitzen golden schimmerten, war Caroline nie zuvor aufgefallen, genauso wenig, wie lang und üppig sie waren. Der Schlaf hatte die Falte verschwinden lassen, die so oft auf seiner Stirn stand, und die Last der Verantwortung von seinen breiten Schultern genommen. Wie er so dalag, das dichte Haar zerzaust und die Lippen leicht geöffnet, konnte sie beinahe den Jungen sehen, der er früher gewesen war.
    Als ein entschieden menschliches Schnarchen von seinen Lippen ertönte, schüttelte Caroline den Kopf, überwältigt von einer Welle der Zärtlichkeit. Sie war hergekommen, um ein für alle Mal zu beweisen, dass er ein gewöhnlicher Mann war. Doch alles, was sie bisher bewiesen hatte, war, was für eine Närrin sie gewesen war. An ihm war nichts gewöhnlich. Genauso wenig wie an ihren Gefühlen für ihn.
    Er hatte sie nicht getäuscht, nein, das war sie ganz allein gewesen. Sie hatte sich darauf versteift zu glauben, dass er eine Gefahr für ihre Schwester darstellte, während einzig für ihr Herz Gefahr bestand. Solange sie sich an die alberne Vorstellung klammern konnte, dass er ein Vampir sein könnte, musste sie ihn nicht gehen lassen. Caroline schloss für einen Moment die Augen, rang um Fassung. Als sie sie wieder öffnete, brannten sie noch, waren aber trocken.
    Sie wusste, sie sollte jetzt gehen, aber sie konnte sich nicht bewegen. Sie mochte nie wieder die Chance haben, im Schutz der

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