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Wenn die Nacht dich kuesst...

Wenn die Nacht dich kuesst...

Titel: Wenn die Nacht dich kuesst... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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herzerweichendes Schluchzen, Schreie und bittere Vorwürfe zu hören. Aber obwohl inzwischen fast eine Stunde verstrichen war, seit sie verschwunden waren, war noch nicht einmal ein Wimmern aus dem Raum gedrungen. Vielleicht hatte Vivienne beschlossen, diesen Verrat schweigend zu ertragen — wie schon so vieles andere.
    »Sie sollte da nicht mit ihm allein sein. Sie braucht eine Anstandsdame«, erklärte Larkin gepresst und warf Caroline einen vorwurfsvollen Blick zu, der sie daran erinnerte, wie kläglich sie in der Beziehung versagt hatte. Statt das empfindliche Herz ihrer Schwester zu schützen, war sie diejenige gewesen, die es gebrochen hatte.
    Der Konstabler lehnte zusammengesunken an der gegenüberliegenden Wand, aber seine lässige Haltung wurde durch das wachsame Glitzern seiner Augen Lügen gestraft. Fast wären Fäuste geflogen, als Adrian darauf bestanden hatte, ihm Vivienne abzunehmen und von den neugierigen Blicken seiner verblüfften Gäste wegzubringen.
    »Nach allem, was ich Ihnen erzählt habe«, sagte Caroline, »glauben Sie doch nicht immer noch, dass er ihr etwas antäte. Er war es nicht, der ihr Laudanum in den Tee geträufelt hat. Das war ich allein.«
    Larkin schüttelte den Kopf. »Erwarten Sie wirklich von mir zu glauben, dass Victor erst kaltblütig Eloisa umgebracht und dann Julian in eine Art Ungeheuer verwandelt hat? Dass Kane ein Vampirjäger ist und er und Julian die vergangenen fünf Jahre Victor bis ans Ende der Welt und wieder zurück gefolgt sind? Himmel, ich habe noch nie eine derart absurde Geschichte gehört!«
    »Genau das habe ich auch gedacht, als Adrian es mir erzählt hat, aber Julian hat mir dann gezeigt ...« Caroline brach ab und band in ihr Taschentuch einen neuen Knoten. Aus dieser Richtung durfte sie keine Hilfe erwarten. Obwohl sie die Dienstboten auf die Suche nach ihm geschickt hatte, nachdem der Ball so abrupt und unkonventionell geendet hatte, war Julian bislang nicht aufgetaucht. Er schien wie vom Erdboden verschluckt.
    In dem verzweifelten Bemühen, Larkin zu überzeugen, dass sie die Wahrheit sagte, sowohl in Bezug auf Adrians als auch auf ihre eigene Rolle, schaute sie ihm offen in die Augen. »Waren Sie es nicht, der mich aufgefordert hat, auf etwas anderes als bloße Logik zu setzen?« Er erwiderte ihren Blick mit unbewegter Miene. »Wäre es einfacher für Sie zu glauben, dass ich zu der Sorte Frauen gehöre, die ihre Schwester betäuben, um ihr den Verehrer für ein abgeschmacktes Intermezzo abspenstig zu machen?«
    Er schaute sie weiter regungslos an, ehe er sich seufzend geschlagen gab. »Ich nehme an, das wäre noch absurder.«
    Ohne Vorwarnung schwang die Bibliothekstür auf. Caroline drehte sich um, als Adrian aus den Schatten des Zimmers trat. In einer entlegenen Ecke ihres Herzens hatte sie gehofft, er würde durch diese Tür kommen, sie in seine Arme reißen und jede ihrer Sorgen und Befürchtungen, ihre ganzen Schuldgefühle einfach fortküssen.
    Aber diese Hoffnung starb eines jähen Todes, als sie sein Gesicht sah. Der leidenschaftliche Liebhaber aus dem Ballsaal war verschwunden, als habe er nur in ihrer Phantasie existiert, nicht wirklicher als Portias Wassermänner oder Märchenprinzen, ersetzt durch einen unzugänglichen Fremden.
    »Ich habe ihr von Duvalier erzählt«, sagte er, und sein unergründlicher Blick streifte Caroline nur. »Ich habe ihr alles gesagt.«
    Obwohl sich Larkin aufrichtete, als wollte er ihn am liebsten unverzüglich zur Rede stellen, schritt Adrian wortlos an ihm vorüber und den Korridor hinab. Noch eine Weile waren seine Schritte zu hören, dann waren sie verklungen.
    Caroline hatte keine Zeit, über seine absichtliche Beleidigung nachzudenken, nicht solange die Tür zur Bibliothek so verlockend offen stand.
    Larkin warf ihr einen unsicheren Blick zu. »Wäre es Ihnen lieber, wenn ich ...«
    Ehe er seinen Satz beenden konnte, schüttelte Caroline schon den Kopf. Das Letzte, was sie verdiente, war die Unterstützung oder gar das Mitleid des Konstablers. Nicht länger in der Lage, den Moment weiter hinauszuschieben, vor dem ihr so graute, schlüpfte sie in die Bibliothek und schloss leise die Tür hinter sich.
    Vivienne saß vor dem Kamin auf einer Ottomane aus Leder, der Rock von Carolines smaragdgrünem Morgenmantel fächerförmig um sie ausgebreitet. Sie saß vollkommen still, vollkommen reglos, das Gesicht in den Händen vergraben.
    Caroline betrachtete die Schultern ihrer Schwester in stillem Elend, wusste, sie

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