Wenn die Schatten dich finden: Thriller (German Edition)
Pläne. Er war vor ein paar Tagen ausgebrochen.«
»Hast du ihn getötet?«
»Ja.«
»Es tut mir sehr leid, dass du es tun musstest.«
Er wünschte eher, dass er es früher getan hätte. Er wünschte … Gott, er wünschte, es wäre niemals nötig gewesen.
»Wie macht Matt sich?«
»Gut. Er sieht mit jedem Tag mehr wie ein Stoddard aus.«
»Das tut mir leid.«
»Braucht es nicht. Er ähnelt einem Jungen, in den ich vor Jahren verliebt war.«
Noah musste lächeln. Rebecca hatte das, was passiert war, weit besser verarbeitet als er selbst. »Ich muss Schluss machen, Becca.«
»Danke, Michael. Für alles.«
Noah legte rasch auf, denn er war versucht, ihr nochmals zu sagen, wie leid es ihm tat. Und Rebecca würde keine weitere Entschuldigung hören wollen. Erst nachdem er aus dem Gefängnis entlassen wurde, hatte Noah von ihrer Schwangerschaft infolge der Vergewaltigung gehört. Trotz Rebeccas Beteuerungen, er würde ihr nichts schulden, und der Verachtung ihrer Eltern hatte er ihr geholfen, so gut er konnte.
Sie war selbst noch so schrecklich jung gewesen, als sie bereits ein Kind aufzuziehen hatte. Sie wohnte bei ihren Eltern, wo ihre Mutter den Kleinen hütete, während Rebecca arbeitete und aufs College ging. Damals hatte Noah sehr wenig Geld gehabt, doch was immer er erübrigen konnte, schickte er Rebecca. In der ersten Zeit sandte sie es jedes Mal an ihn zurück, aber nach einer Weile konnte er sie überreden, es zu behalten. Wenn sie es schon nicht wollte, könnte sie es für die Ausbildung ihres Sohnes zurücklegen.
Die Jahre vergingen, Noahs Einkommen stieg, und er konnte ihr mehr helfen. Ihren Eltern hatte Rebecca glaub würdig versichert, dass sie nicht von Noah vergewaltigt worden war; dennoch hassten sie seine ganze Familie, verständlicherweise, was ihn mit einschloss. Er hatte ihre Wünsche respektiert und nie versucht, Rebecca oder seinen Neffen zu besuchen, solange sie bei ihnen wohnten. Als Rebecca sich ein eigenes Haus leisten konnte, fuhr er hin, um sie zu sehen.
Matthew, Rebeccas Sohn, glaubte, sein Vater wäre bei einem Autounfall ums Leben gekommen, als er selbst noch ein Baby war. Er kannte Noah als Onkel Michael, den Zwillingsbruder seines Vaters. Matt war sieben, als Rebecca Kevin Patterson kennenlernte, einen Versicherungsmakler aus San Francisco, und sich in ihn verliebte. Kevin war liebevoll, fleißig und absolut verlässlich. Ihn in Rebeccas Leben zu wissen hatte Noahs unendliche Schuld ein klein wenig gemindert. Es war ein Trost für ihn, dass sie nach vorn blickte.
Inzwischen hatten Rebecca und Kevin drei Kinder: Matthew, Emily und Tyler. Und nun, da Mitchell Stoddard endlich tot war, konnte Rebecca hoffentlich alle Qual für immer hinter sich lassen.
Wäre Noah jemals imstande, es ebenfalls zu tun?
Wie dumm und aufgeblasen er war! Es war von Anfang an sein Problem gewesen. Noah stand auf und drehte sich zum Fenster seines Büros. Paris funkelte vor Licht und Leben, doch Noah sah nur die Finsternis in seiner Seele. Er hatte sich eingeredet, Samara wäre für diese Art Arbeit nicht geschaffen, sie wäre zu schwach, zu zart. Er hatte ihre Bemühungen verhöhnt und kleingeredet, wo er nur konnte. Seine Arroganz hatte ihm die Sicht auf die Wahrheit versperrt. Sie konnte mit solch einem Leben umgehen. Sie war stark, mutig, klug und belastbar, wies mithin all die Eigenschaften auf, die er sich bei einem LCR -Agenten wünschte.
Nun musste er eine Entscheidung treffen. Er wollte sie beschützen, sie von jedweder Gefahr fernhalten. Aber er schuldete ihr diese Chance, wenn Samara sie wollte. Sie hatte ihn schon darum gebeten, und er lehnte ab, weil er sie für zu unerfahren und naiv hielt. Beides galt nicht mehr … hatte in Wahrheit wohl nie gegolten.
Sie hatte gegen Mitchell gekämpft, und das nicht bloß um ihret-, sondern auch um seinetwillen. Nein, sie hatte ihm das Leben gerettet!
Doch wie könnte er damit klarkommen, wenn sie als LCR -Agentin arbeitete und regelmäßig ihr Leben aufs Spiel setzte? Könnte er ihr ein Ultimatum stellen? Entweder ein Leben mit ihm oder als Agentin? Nein, er wollte ein Leben mit ihr, und sollte sie für LCR arbeiten wollen, war das ganz allein ihre Entscheidung. Mit der er sich arrangieren musste, denn, bei Gott, Noah konnte nicht mehr ohne Samara sein.
»Du siehst beschissen aus.«
Noah blickte von seinem Schreibtisch auf, als Eden mit entschlossener Miene ins Büro kam. Zwei Wochen in beharrlicher Unentschlossenheit hatten ihn lediglich
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