Wenn die Schatten dich finden: Thriller (German Edition)
linken Oberarm hatte er einen blutigen Verband. Er war übel verdroschen worden, und alles anscheinend vergebens. Der Kerl wollte nicht reden. Warum nicht?
Bennett drillte seine Leute nicht darauf, Folter auszuhalten. Wenn der hier früher beim Militär gewesen war, dürfte er stärker als der Durchschnitt sein, aber woher seine Loyalität gegenüber Abschaum, der Kinder schändete? Die Leute, die sie bei den Razzien letztes Jahr geschnappt hatten, hatten schon bei der geringsten Androhung von Gewalt gesungen wie die Chorknaben. Weshalb schwieg dieser Kerl so beharrlich? Was machte ihn anders?
Noah bemerkte eine Wasserflasche auf dem Boden, hob sie hoch und hielt sie dem Mann an den blutigen Mund. Er trank, sprach aber immer noch nicht.
Obgleich Zeit der alles entscheidende Faktor war und Noah nicht vorhatte, ihm allzu lange zu geben, spürte er, dass er diesen Typen eher totprügelte, als ihm ein Wort zu entlocken. Vielleicht gab es einen anderen Weg.
Noah zog sich einen Stuhl heran und setzte sich vor den Mann. »Wie es aussieht, hast du eine Menge durchgemacht. Verrätst du mir, weshalb du solchen Abschaum schützt?«
Keine Antwort.
Noah sah sich den stoischen Ausdruck des Mannes genau an. Liebend gern würde er auf ihn einschlagen, bis er so gut wie tot war, nur hatte das bisher nichts gebracht. Und Noah glaubte nicht, dass weitere Prügel etwas än derten. Was bedeutete, dass ihn etwas vom Reden abhielt, das ihm sehr wichtig sein musste.
»Du gehörst gar nicht zu dem Verein, stimmt’s?«, fragte Noah ruhig.
Keine Antwort.
»Du bist undercover.« Es war geraten, aber etwas flackerte in den Zügen des Gefangenen auf, und Noah wusste, dass er einen Treffer gelandet hatte.
»Bundesbehörden oder privat?«
Keine Antwort.
Noah atmete langsam aus. Je länger das hier dauerte, umso mehr litt Samara. Den Gedanken wies er energisch von sich. Er musste sich auf das Hier und Jetzt konzentrieren. An das zu denken, was Samara gerade durchmachte, würde seine Konzentration schwächen. Er war der Einzige, der sie retten konnte, und dazu brauchte er die Kooperation dieses Mannes.
Also lehnte er sich vor und kam geradewegs zum Punkt: »Folgendes, diese Schweine haben in den letzten paar Monaten mindestens dreizehn junge Mädchen entführt. Ich glaube, dass sie noch ein paar mehr wollen, dann bringen sie alle an einem Treffpunkt zusammen. Wir haben vor, den Treffpunkt zu finden, die Mädchen zu retten und die ganze Organisation hochzunehmen.«
Ihm war voll und ganz bewusst, dass er soeben Dinge preisgegeben hatte, die ihre gesamte Operation sprengen könnten. Aber das machte ihm keine Sorgen. Falls dieser Bursche nicht aus einem guten Grund undercover war, wäre es sowieso egal, wie viel er wusste, denn er käme nicht wieder frei.
»Wenn es jemanden gibt, dem du zu helfen versuchst, dann arbeite mit uns zusammen, um sie zu finden, ehe es zu spät ist.«
Der Mann holte angestrengt Luft und schluckte. »Meine Schwester, Lara. Sie wurde vor sechs Wochen in Macon, Georgia, verschleppt. Sie ist vierzehn.«
Noah setzte sich auf. »Wie hast du die Kerle gefunden?«
»Ich habe einige Kontakte, konnte mich von denen anheuern lassen. Ich war bei drei der Entführungen dabei.« Er schloss die Augen und flüsterte: »Ich habe mein Bestes getan, dass den Mädchen nicht wehgetan wird. Die vergewaltigen sie nicht. Sie lagern sie bloß, bis sie zum Transport bereit sind.«
»Weißt du, von wo aus sie transportiert werden sollen?«
»Von einem alten Anglercamp außerhalb von Monarch in Mississippi. Wir sollten mit dem Mädchen dahin kommen.«
Noah rieb sich übers Gesicht. Er hätte wissen müssen, dass Mitch nach Hause geht.
»Wie viele sind sie?«
»Schwer zu sagen. Ich habe drei gesehen.« Er blinzelte durch die geschwollenen Lider. »Einer von denen sah fast genauso aus wie Sie.«
Noah stand auf, zog ein Messer aus seiner Jacke und schnitt die Seile durch, die den Mann hielten. Er sackte auf den Boden. »Ganz ruhig bleiben, wir holen dir Hilfe.«
»Gabe, komm rein!«, rief er.
»Was zum Geier hast du gemacht?«, fragte Gabe entsetzt, der sofort in die Halle gestürmt kam.
»Das erkläre ich dir gleich. Besorgen wir …« Er sah hinab zu dem halb Bewusstlosen auf dem Estrichboden. »Wie ist dein Name?«
»Justin Kelly«, murmelte er.
Noah nickte. »Besorgen wir einen Arzt für Mr. Kelly.«
Jordan erschien in der Tür. »Was ist los?«
»Trommel so viele Leute zusammen, wie du kannst. Wir müssen einen Einsatz
Weitere Kostenlose Bücher