Wenn die Schatten dich finden: Thriller (German Edition)
hatte, ihm auszuweichen. »Ich sagte, ich stelle die Fragen. Du weißt verdammt gut, wer Noah McCall ist, also verschone mich mit deinen beschissenen Lügen!«
Ihr malträtierter Wangenknochen trieb ihr Tränen in die Augen, die ihr die Sicht verschleierten, und Samara kniff die Lippen zusammen, damit sie ja nicht zitterten. »Ich weiß nicht, wovon du redest. Ich war mit einem Typen in der Bar verabredet, Brian Sanders, und dann hat einer meine Cola umgekippt. Eine Kellnerin hat mir gezeigt, wo ich mir das abwaschen kann, und dann hat mich einer betäubt.«
»Und du willst mir erzählen, dass du nicht den Namen Noah geschrien hast?«
»Hä? Wieso? Nein, ich hab bestimmt ›No‹ geschrien.« Mit seiner großen, wettergegerbten Hand kratzte er sich am unrasierten Kinn, als überlegte er, ob er ihr glauben sollte. Sie wusste, es gab keine Beweise, dass Noah irgendwas mit ihr zu tun hatte. Und je länger sie diese Kerle in eine falsche Richtung lenkte, desto bessere Chancen hatte Noah, sie zu finden. Sie weigerte sich zu denken, dass er vielleicht gar nicht wusste, wo er suchen sollte, oder dass er womöglich nicht mehr am Leben war.
Während die schwarzen Augen des Mannes sie musterten, gab Samara sich alle Mühe, wie ein verängstigter Teenager auszusehen, der nur nach Hause wollte. Was nicht wirklich weit von der Wahrheit entfernt war.
Ein Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus, bevor er ganz langsam den Kopf schüttelte. »Du bist sauschlecht im Lügen, Süße. Ich weiß einiges über die LCR -Leute, und ich sehe dir an, dass du nicht zu dem Haufen gehörst. Was bedeutet, dass du für diese eine Nummer angeheuert worden bist. Warum?«
Samara schwieg. Da ohnehin keine Lüge, die sie erzählte, geglaubt würde, und sie sich weigerte, die Wahrheit zu sagen, war Schweigen die einzige Wahl.
Sein Blick verharrte ungemütlich lange auf ihr. Dann stand er auf und sah über ihre Schulter. »Kommt rein, Jungs!«
Samara drehte sich erschrocken um. Die beiden Männer, die sie entführt hatten, kamen auf sie zu. Und ihr lüsternes Grinsen ließ sie leider zu gut erahnen, was sie vorhatten.
»Zieht sie aus«, befahl Mitchell.
Samara sprang vom Stuhl auf und schaffte zwei Schritte in Richtung Tür, bevor eine Hand ihr Haar packte und sie mitten im Lauf bremste. Sie fiel zurück an den Kleiderschrank von Mann. Der andere näherte sich ihr von der Seite. Samara wimmerte. Angst und Verzweiflung verdrängten alles, was sie bisher an Courage aufgebracht hatte.
Sie schloss die Augen, um den Schrecken auszusperren, der sie erwartete, und betete um die Kraft, zu überleben.
Beim ersten Schnitt des Messers fing sie an zu schreien.
9
Der beißende Gestank von Elend und Niederlage wurde beständig stärker, je näher Noah dem Zuhause seiner Kindheit kam. Liebend gern würde er einmal um den Globus reisen, statt sich auch nur in den Umkreis von hundert Meilen Entfernung von Monarch in Mississippi zu begeben. Nun war ein Meiden nicht mehr möglich. Samara befand sich in diesem Höllenloch, und der Bruder, den Noah endlich bestraft sehen wollte, war bei ihr. Er weigerte sich, darüber nachzudenken, was Mitch ihr mittlerweile angetan haben könnte.
Samara war stark, eine Kämpferin. Sie würde tun, was sie musste, bis er sie gefunden hatte. Und sie wusste sehr gut, dass er alle Hebel in Bewegung setzen würde, um sie zu retten. Er mochte sie in vielerlei Hinsicht schlecht behandelt haben, aber Leute zu retten war sein Job, und ihm fiel niemand ein, dessen Rettung ihm wichtiger wäre als Samaras.
Jordan und Eden waren rasend wütend gewesen, als er ihnen die ganze Geschichte erzählte. Eden fühlte sich verraten. Zwar hatte sie versucht, die Gründe zu verstehen, aus denen er so lange geschwiegen hatte, doch Noah sah ihr an, wie verletzt sie war.
Letztes Jahr, als Noah herausfand, dass sein Bruder für Bennett arbeitete, war er maßlos schockiert gewesen – nicht wegen Mitchells Verbindung zu einem widerlichen Menschenhändler, sondern weil Noah ihm so nahe war. Jahrelang hatte er nach Mitchell gesucht und schien ihm häufiger näher zu kommen, doch im letzten Moment entwischte er ihm immer wieder. Es gab wenig, was Mitchell nicht verbrochen hatte, und Noah wusste von fast allem. Das Einzige, was er nicht wusste, war, wo sich sein Bruder versteckte.
Mit Bennett tauchte auch Mitch unter. Aber Noahs Spur zu ihm war besser denn je gewesen, deshalb hatte er unablässig nach ihnen gesucht. Als er die neue Internet-Falle
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