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Wenn die Seele nicht mehr leiden kann - Gewalt in der Ehe (German Edition)

Wenn die Seele nicht mehr leiden kann - Gewalt in der Ehe (German Edition)

Titel: Wenn die Seele nicht mehr leiden kann - Gewalt in der Ehe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marita R. Naumann
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verschwinden sie auch einfach nach ein paar Bieren. Manche Männer, natürlich nicht alle, lassen sich ausschließlich von primitiven Instinkten steuern.

    Drittes Kapitel

    Dieser Teil ist für mich am schwersten zu erzählen, weil ich mich davor fürchte, alles noch mal zu durchleben, während ich davon erzähle. Als würde man eine schmutzige, oberflächlich verheilte Wunde wieder aufreißen und sich zwingen, die Schmutzpartikel genau zu betrachten. Dann reinigt man sie in der Hoffnung, dass sie endgültig verheilen möge, und muss sich doch damit abfinden, eine lebenslange hässliche Narbe zurückzubehalten. Vieles, was ich erlebt habe, ist immer noch wie ein dichter Nebel, den ich kaum durchdringen kann. Noch heute versuche ich unsicher, festen Boden unter den Füßen zu finden und ein Licht am Ende des Tunnels zu erkennen. Vieles von dem, was ich berichte, ist Polizeiverhören und Prozessunterlagen entnommen. Ich habe fortwährend Schwierigkeiten, alle Vorgänge richtig einzuordnen, weil ich damals nur noch von einem Augenblick zum nächsten lebte und stets panische Angst vor dem folgenden Tag hatte.
    Schon nach kurzer Zeit, wir waren gerade mal ein Jahr verheiratet, hatte ich erfahren müssen, wie gewalttätig Mati sein konnte. Eines Abends geriet er in einem Lokal vollkommen außer sich, als er zufällig einen ehemaligen Freund von mir erblickte. Plötzlich sprang er wutentbrannt auf. Die Luft, die er einatmete, schien ihn auf einmal doppelt so groß zu machen. Seine Augen sahen schwarz und wie aus Stein gemeißelt aus. Man konnte förmlich zusehen, wie die Fähigkeit zur Empathie aus seinem Körper entwich. Sein Kiefer erstarrte, und der bloße Gedanke an die Eiseskälte, die er ausstrahlte, verursacht mir immer noch eine Gänsehaut. Er stürzte sich auf den nichts ahnenden Kerl wie ein Löwe auf seine Beute und warf ihn in die Luft. Dann packte er ihn erneut und schleuderte ihn auf die Theke, wobei ein Glas zu Bruch ging.
    In all dem Tumult sah ich, dass Mati nach einer Flasche griff, ihr den Hals abschlug und drauf und dran war, seinem Opfer, das wehrlos am Boden lag, die Kehle durchzuschneiden. Glücklicherweise gingen ein paar andere Bargäste sowie das Personal dazwischen, um den Wahnsinnigen zur Vernunft zu bringen.
    In dieser Nacht schliefen wir nicht zu Hause. Mati hatte Angst, die Polizei würde ihn wegen Körperverletzung festnehmen. Ich fühlte mich schrecklich. Mati erklärte mir, dass zwischen ihm und meinem ehemaligen Freund verschiedene Dinge vorgefallen seien, und natürlich weiß man, dass Alkohol auch den friedlichsten Menschen zu einem Monster machen kann. Wie oft hatte ich nicht schon vollkommen sinnlose Schlägereien in irgendwelchen Kneipen miterlebt?
    Doch hätte ich aus der Brutalität und Gefühlskälte, die an diesem Abend bei Mati zutage traten, meine Lehren ziehen sollen, ehe es zu spät war. Hatte ich mich früher in seiner Gegenwart sicher und geborgen gefühlt, weil er mir wie ein mutiger Ritter vorgekommen war, der mich jederzeit mit seiner Lanze verteidigt hätte, so hatte ich jetzt jedes Mal einen Kloß im Hals, wenn wir ausgingen. Ich hatte Angst, irgendjemand könnte mich ein wenig zu lange ansehen und Matis Wut provozieren. Warum glauben eigentlich so viele, dass man den Grad der Liebe zu einem Menschen an der Eifersucht erkennen kann? Jedes Mal, wenn Mati vor Eifersucht die Besinnung verlor, bat er mich nachher um Verzeihung und sagte, es liege nur daran, dass ich ihm so viel bedeute. Bevor unser Sohn David geboren wurde, geschahen die schlimmsten Ausbrüche immer dann, wenn Mati zu viel getrunken hatte. Das sind ja auch die Ausbrüche, die sich am nächsten Tag am leichtesten relativieren und entschuldigen lassen.
    Ich war in dieser Zeit ziemlich isoliert und hielt mich die meiste Zeit zu Hause auf. Meine Freundin Stefanie wohnte mit ihrem Freund in derselben Gegend.
    Oft tranken wir morgens gemeinsam Kaffee und verbrachten den Tag miteinander. Ich hatte mich außerdem mit einem Mädchen angefreundet, das mit einem von Matis Kumpeln zusammen war. Wir hatten beide eine Vorliebe für Hunde. Ich hatte einen Labrador, der Rocky hieß, und sie besaß eine Rottweilerhündin namens Annisa.
    Der Sommer kam, und Mati nahm sein Krafttraining wieder auf, verbrachte viel Zeit im Fitnesscenter. Morgens hatte er schon immer schlechte Laune gehabt, doch nun spürte ich, dass seine psychische Verfassung allgemein schlechter wurde. Immer öfter fuhr er bei Nichtigkeiten aus der Haut.

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