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Wenn die Seele nicht mehr leiden kann - Gewalt in der Ehe (German Edition)

Wenn die Seele nicht mehr leiden kann - Gewalt in der Ehe (German Edition)

Titel: Wenn die Seele nicht mehr leiden kann - Gewalt in der Ehe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marita R. Naumann
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Inzwischen bemerkte ich frühzeitig, wenn etwas nicht stimmte mit ihm. Seine schlechte Laune hing dann wie eine Gewitterwolke in unserer Wohnung und drohte mich zu ersticken. Ich wusste, dass er nur auf den geringsten Fehler von mir wartete, damit er mir an den Kopf werfen konnte, was für eine Versagerin ich sei. Oder er drohte mir damit, mich in den Bauch zu treten, um dem ganzen Elend ein Ende zu bereiten, und mich rauszuschmeißen. Ich bewegte mich auf Zehenspitzen, um ihn nicht zu reizen. Wenn er damit begann, Gegenstände an die Wand zu werfen, dann wusste ich, dass ich jetzt nicht mit ihm allein sein sollte, und rief heimlich Stefanie an, um sie zu bitten, rasch zu uns herüberzukommen. Es dauerte jedoch nicht lange, ehe er auch gegenüber meinen Freundinnen sein wahres Gesicht zeigte. Er plusterte sich regelrecht auf und begann Ähnlichkeit mit den Gorillas zu bekommen, denen ich früher im Fitnesscenter begegnet war. Eines Tages fand ich zu Hause beim Aufräumen eine ganze Tasche voller Tablettenpackungen. Da begriff ich plötzlich, wie seine Muskeln so schnell hatten wachsen können. Das war jedoch nichts, verglichen mit dem, was ich kurz darauf beim Aufräumen finden sollte. Ich fragte ihn, warum er anabole Steroide einnahm, und er antwortete, man müsse nur ein bisschen mit der Dosierung aufpassen, dann seien sie völlig ungefährlich.
    Nur die Idioten, die sie mit Alkohol mischten, riskierten angeblich ihre Gesundheit. Ich wusste damals nicht genug über das Thema, um ihm widersprechen zu können.
    Wenn ich jetzt zurückblicke und mir die Verhörprotokolle und Gerichtsunterlagen anschaue, fällt mir auf, dass die schlimmsten Vorkommnisse immer an dem Tag geschahen, auf den ich mich als Kind so sehr gefreut hatte - an meinem Geburtstag.
    Es war Anfang September, und unsere Beziehung hatte gewissermaßen den zweiten Gang eingelegt. Falls an diesem Tag irgendjemand mit einer Torte und Geschenken im Bett überrascht wurde, dann war das definitiv nicht ich. Ich hatte die strenge Anweisung bekommen, Mati an diesem Morgen besonders früh zu wecken, weil er etwas Wichtiges zu erledigen hatte. Es war ungefähr neun Uhr, und ich war seit zwei Stunden auf den Beinen, um unter anderem Wäsche zu waschen. Ich kochte Kaffee und ging dann ins Schlafzimmer, um ihn zu wecken. Ich hatte ein flaues Gefühl im Bauch, so ein leichtes Prickeln, das ich nur spürte, wenn ich Geburtstag hatte. Ich weiß, dass sich das ein bisschen kindisch anhört, denn wenn man zwanzig Jahre alt wird, ist es doch nicht mehr das Gleiche wie in der Kindheit, wenn man wach im Bett liegt und voller Vorfreude auf die Schritte und das Kichern der anderen lauscht. Wenn Mama oder ich Geburtstag hatten, haben wir mit der ganzen Familie zusammen im Bett gesessen, die Geschenke ausgepackt und es uns mit ein paar belegten Broten gemütlich gemacht. Solche Erinnerungen sind es wohl, die seinerzeit in mir lebendig waren und eine Art Glücksgefühl auslösten.
    Ich schüttelte ihn vorsichtig, weil ich wusste, dass er den ganzen Tag schlecht gelaunt sein würde, wenn er mit dem falschen Fuß zuerst aufstand.
    „Mati!“, sagte ich und schüttelte ihn etwas stärker, doch er lag vollkommen regungslos da, wie tot. Ich tat alles, was ich konnte, um ihn an diesem Morgen aus dem Bett zu bekommen, aber es war zwecklos.
    Er zeigte keinerlei Regung. Noch heute bin ich mir sicher, dass er am Abend zuvor Schlaftabletten genommen hatte, ehe er ins Bett ging. Das tat er normalerweise nach dem Training, weil ihn der Adrenalinschub sonst nicht schlafen ließ. In regelmäßigen Abständen versuchte ich ihn wachzurütteln, gab aber irgendwann auf.
    Um elf Uhr hörte ich ihn aus dem Schlafzimmer schreien:
    „Komm her, du nichtsnutzige Hure!“ Mein schwangerer Bauch war noch nicht besonders groß, dennoch schaffte ich es nicht schnell genug, bei ihm zu sein. Als ich ins Wohnzimmer kam, stand er dort in Unterhose und war vor Wut ganz grau im Gesicht.
    „Hast du nicht verstanden, was ich gestern zu dir gesagt habe, du dreckige Fotze? Wozu bist du überhaupt zu gebrauchen, wenn du nicht mal in der Lage bist, mich morgens zu wecken?“
    Diese Worte gellen immer noch in meinem Kopf, als sei es gestern gewesen. Die Schmetterlinge in meinem Bauch hatten sich in Steine verwandelt. Ich wollte gerade an ihm vorbei ins Schlafzimmer schlüpfen, als er nach einem vierarmigen gusseisernen Kerzenleuchter griff und ihn mir mit voller Wucht in den Rücken stieß. Ich versuchte, meinen

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