Wenn die Sterne verlöschen
brauchbare Anti-Schwerkraft-Gerät zu bauen.
Es war meine Aufgabe, für die Abonnenten der Tele-News Press menschlich Interessantes an der Zwei-Felder-Theorie aufzuspüren, und darauf stößt man, wenn man sich mit menschlichen Wesen und nicht mit abstrakten Ideen beschäftigt. Da das Interview mit Professor Priss, keine leichte Sache war.
Natürlich wollte ich ihn über die Möglichkeiten der Anti-Schwerkraft fragen, für die sich jeder interessierte, und nicht über die Zwei-Felder-Theorie, die niemand verstehen konnte.
»Anti-Schwerkraft?« Priss preßte die bleichen Lippen aufeinander und überlegte. »Ich bin mir nicht ganz sicher, ob sie je möglich sein wird. Ich habe die Sache noch nicht zu meiner Zufriedenheit gelöst. Ich sehe nicht genau, ob die Gleichungen der Zwei-Felder-Theorie eine endliche Lösung haben, die sie selbstverständlich haben müßten, wenn ...«
Und dann versank er in seinen Gedanken.
Ich stachelte ihn an. »Bloom sagt, er glaubt, solch ein Gerät kann gebaut werden.«
Priss nickte. »Jaja, aber ich frage mich. Ed Bloom hat in der Vergangenheit die verblüffende Gabe gehabt, Dinge zu sehen, die nicht gleich zu bemerken waren. Er hat einen ungewöhnlichen Kopf. Er ist damit ja auch reich genug geworden.«
Wir saßen in der Wohnung von Priss. Gewöhnlich und bürgerlich. Ich konnte mir nicht verkneifen, rasch hierhin und dorthin zu schauen. Priss war nicht reich.
Ich glaube nicht, daß er meine Gedanken las. Er sah meine Blicke. Und ich glaube, seine Gedanken beschäftigten sich damit. Er sagte: »Der reine Wissenschaftler wird gewöhnlich nicht mit Reichtum belohnt. Der auch gar nicht erstrebenswert wäre.«
Ich dachte dabei, das kann schon sein. Priss war gewiß auf seine Weise belohnt worden. Er war der dritte Mensch in der Geschichte des Nobelpreises, der ihn zweimal erhalten hatte, und der erste, der beide für wissenschaftliche Leistungen bekam, und zwar ungeteilt. Da kann man sich nicht beschweren. Wenn er nicht reich war, so war er auch nicht arm.
Aber er hörte sich nicht wie ein zufriedener Mensch an. Vielleicht ärgerte Priss nicht nur der Reichtum Blooms, vielleicht auch die Berühmtheit Blooms. Vielleicht war es die Tatsache, daß Bloom gefeiert wurde, wohin er auch kam, während Priss außerhalb wissenschaftlicher Kongresse und Vereinigungen weithin unbekannt war.
Ich kann nicht sagen, wieviel davon in meinen Augen oder den Falten meiner Stirn anzusehen war, aber Priss fuhr fort: »Aber wir sind Freunde, wissen Sie. Ein-, zweimal die Woche spielen wir zusammen Billard. Ich schlage ihn regelmäßig.«
Ich sagte: »Möchten Sie sich dazu äußern, ob es Bloom gelingen wird, ein Anti-Schwerkraft-Gerät zu bauen?«
»Sie meinen, ob ich mich auf etwas festlegen will? Hm. Nun, lassen Sie mich nachdenken, junger Mann. Was verstehen wir überhaupt unter Anti-Schwerkraft? Unsere Auffassung von Schwerkraft gründet sich auf Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie, die jetzt einhundertfünfzig Jahre alt ist, die sich innerhalb ihrer Grenzen aber als fest erwiesen hat. Wir können uns eine Vorstellung von ihr machen ...«
Ich lauschte höflich. Ich hatte Priss schon darüber reden hören; es war gar nicht sicher, ob ich etwas aus ihm herausbekommen würde, ich mußte ihn jedoch bis dahin seinen eigenen Weg gehen lassen.
»Wir können uns eine Vorstellung von ihr machen«, sagte er, »wenn wir uns das Universum als eine flache, dünne, superelastische und unzerreißbare Gummidecke vorstellen. Wenn wir uns Masse mit Gewicht verknüpft vorstellen, wie es auf der Erdoberfläche ist, dann würden wir erwarten, daß eine Masse, die auf der Gummidecke ruht, eine Vertiefung hervorruft. Je größer die Masse, desto tiefer die Vertiefung.«
Er fuhr fort: »Im wirklichen Universum gibt es alle Arten von Massen, und man muß sich unsere Gummidecke als übersät mit Vertiefungen vorstellen. Jeder Gegenstand, der über die Decke rollen würde, müßte auf seinem Lauf in Vertiefungen hinein und wieder hinaus und dabei ziellos seine Richtung ändern. Diese Schwanken und Richtungswechseln deuten wir als Beweis für die Existenz der Schwerkraft. Wenn der sich bewegende Gegenstand der Mitte einer solchen Vertiefung nahe genug kommt und sich langsam genug bewegt, dann wird er eingefangen und wirbelt in dieser Vertiefung herum. Bei Abwesenheit von Reibungskräften wirbelt er ewig im Kreis herum. Anders ausgedrückt, was Isaac Newton als Kraft deutete, hat Albert Einstein als geometrische
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