Wenn Die Wahrheit Stirbt
Toby seine Pilze mit Todesverachtung verputzt hatte -, räumte Duncan den Tisch ab. »Lass uns den Abwasch später machen, wenn es kühler ist, und lieber noch mit Charlotte raus in den Garten gehen, solange es hell ist«, schlug er vor. »Vielleicht möchte sie ja schaukeln.«
Das Haus hatte einen eigenen Garten, der nur durch einen Metallzaun und ein Tor vom Gemeinschaftsgarten getrennt war. Dieser Gemeinschaftsgarten, eine parkartige Grünanlage, die an den Längsseiten von Häuserreihen gesäumt und an beiden Enden mit hohen Zäunen abgeschlossen war, gehörte zu den
großen Pluspunkten des Hauses, und sowohl die Kinder als auch die Hunde hatten dort schon viele glückliche Stunden verbracht. Eine Schaukel aus verwittertem Holz, die ein ehemaliger Nachbar dagelassen hatte, hing an einem der hohen Bäume in der Nähe ihres eigenen Gartens.
Toby stürmte durch das Tor hinaus, gefolgt von den Hunden, die sich im Gefühl ihrer neu gewonnenen Freiheit schier überschlugen. Während Toby auf die Schaukel kletterte, jagten die Hunde wild im Kreis herum. Die Sonne war schon hinter den Häusern auf der anderen Seite des Gartens versunken, und das Licht, das durch das Geäst drang, war mild und golden. Es war kühler geworden, und in der leichten Brise hing der Duft des Nachtjasmins, den Gemma in einem Topf auf der Terrasse gepflanzt hatte.
Duncan kam mit zwei Gläsern gekühltem Weißwein zur Terrassentür heraus. »Du hast dein Handy in der Küche liegenlassen. Betty hat gerade angerufen und gesagt, dass es doch ein bisschen später wird. Ich hab sie beruhigt, dass das kein Problem ist.«
Behutsam ließ Gemma Charlotte herunter, und als sie sich auf ihren Stuhl setzte, kletterte das Mädchen nicht wieder auf ihren Schoß. Bob, der grüne Stoffelefant, war in der Küche zurückgeblieben.
Gebannt beobachtete Charlotte Toby und die Hunde und wisperte: »Georgy. Teth.«
Nun kam auch Kit heraus und stopfte mit einer Hand sein Mobiltelefon in die Jeanstasche. In der anderen hielt er eine Plastikröhre mit Quietschbällen, dem Lieblingsspielzeug der Hunde. Er kniete sich neben Charlotte, nahm einen Ball heraus und führte ihr vor, wie er quietschte, wenn man ihn zusammendrückte. Sie kicherte. »Möchtest du den Ball für die Hunde werfen?«, fragte er.
Charlotte blickte zu Gemma auf, die aufmunternd nickte. »Nur zu, Schätzchen.«
Als Kit ihr die Hand hinhielt, nahm Charlotte sie, und zusammen gingen sie durch das Tor. Anfangs war sie noch recht zurückhaltend, doch Kit half ihr, den Ball zu werfen, und bald schon rannte sie mit den Jungs und den Hunden umher und quiekste vor Vergnügen. Ihre braunen Beinchen, die unter den rosa Shorts hervorschauten, waren noch ganz rundlich vor Babyspeck.
In den Fenstern der Häuser auf der anderen Seite des Gartens gingen schon die ersten Lichter an, als Duncan sich neben Gemma auf den Stuhl sinken ließ und nach seinem Weinglas griff. »Mein Gott«, sagte er, während er den Kindern zusah, »sie ist wirklich ein kleiner Engel, nicht wahr?« Sein Ton hatte fast etwas Entschuldigendes. »Du hattest recht, weißt du?«, fügte er leise hinzu. »Ich würde auf keinen Fall wollen, dass sie zu jemandem kommt, der nicht gut für sie sorgt.«
»Ich habe heute Roy Blakely einen Besuch abgestattet«, erwiderte Gemma, die gleich ihre Chance erkannt hatte.
»Blakely?«
»Sandras Freund vom Markt in der Columbia Road. Der, bei dem sie Charlotte am Tag ihres Verschwindens abgegeben hatte.« Sie sah ihn von der Seite an. »Du hast es mir nicht ausdrücklich verboten.«
»Ganz schön dreist.« Er kniff sie zärtlich in den Oberschenkel. »Und was hast du herausgefunden?«
»Gail Gilles war eine miserable Mutter.«
»Und das überrascht dich?«
Gemma zuckte mit den Achseln. »Roy Blakely kennt sie, seit sie beide Kinder waren. Er würde ungern vor dem Familiengericht gegen sie aussagen, aber die Vorstellung, dass sie Charlotte bekommen könnte, behagt ihm auch nicht.«
»Hat er dir irgendetwas Konkretes über die Brüder verraten?«
»Nein«, antwortete Gemma, ohne ihre Enttäuschung zu verbergen. »Aber er erzählte mir, dass Sandra ein Zerwürfnis mit
ihrer ehemaligen Galeristin gehabt habe. Und deshalb … na ja, deshalb habe ich gleich auch noch bei ihr vorbeigeschaut.«
»Inoffiziell?«, fragte Kincaid und zog eine Braue hoch.
Gemma trank einen Schluck Wein. »Inoffiziell.«
»Und?«
»Ihr Name ist Pippa Nightingale, und sie ist … interessant. Sie schien ehrlich erschüttert
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