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Wenn Die Wahrheit Stirbt

Titel: Wenn Die Wahrheit Stirbt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie , Andreas Jäger
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ist«, meinte Kincaid süffisant. »Aber ich verstehe nicht ganz -«
    »Als Azad von Alexanders Festnahme hörte, wurde ihm bewusst, dass er möglicherweise zu einem gewissen Grad für das Geschehene verantwortlich ist - obwohl ihm das natürlich zu dem Zeitpunkt nicht klar war.«
    »Natürlich«, pflichtete Kincaid einigermaßen sarkastisch bei.
    »Hören Sie«, sagte Lou Phillips und wischte sich imaginäre Brösel vom Revers, »Azad ist im Grunde kein schlechter Mensch. Ein Feudalherr, ja, aber das heißt auch, dass er sich um die Seinen kümmert. Er fühlt sich verantwortlich für seine Freunde und Verwandten, und er würde so etwas wie Kinderprostitution niemals billigen. Es waren ihm Gerüchte zu Ohren gekommen, die in Ritchies Club die Runde machten. Gewisse Leute ließen Bemerkungen fallen, vielleicht, weil er des Menschenschmuggels
beschuldigt wurde. Sie wollten wohl auf den Busch klopfen und herausfinden, ob er daran interessiert sei, Kinder zu missbrauchen.
    Aber Azad war nur angewidert. Er erzählte Naz davon. Und dann, am Tag, bevor Naz verschwand - am Tag, bevor er ermordet wurde«, verbesserte Louise sich, »kam es zwischen ihnen zu einem Streit. Am Ende willigte Azad ein, Naz die Namen der Leute zu nennen, von denen er glaubte, sie seien in die Sache verwickelt. Alexander war einer davon. Aber Naz muss die Verbindung zwischen Alexander und Sandra von sich aus hergestellt haben.«
    »Und dann ist Naz zu Alexander gegangen, um ihn zur Rede zu stellen«, schloss Kincaid. »Mit fatalen Folgen. Ihnen ist doch klar, dass ich Ihren Mandanten wegen Beihilfe unter Anklage stellen könnte. Oder wenigstens wegen Behinderung der Justiz.«
    Louise Phillips sah ihn unverwandt an. »Ich glaube nicht, dass Sie das tun werden. Meinem Mandanten ist jetzt erst klar geworden, dass seine Informationen für diesen Fall relevant sein könnten.«
    Kincaid wusste, dass es ihm nicht gelingen würde, das Gegenteil zu beweisen, und so versuchte er, wenigstens einigermaßen gute Miene zum bösen Spiel zu machen. »Wäre Mr. Azad bereit, vor Gericht auszusagen?«
    »Vielleicht«, antwortete Louise. »Aber zuerst müssen Sie dafür sorgen, dass das Beweismaterial ausreicht.«
     
    Gemma saß an ihrem Schreibtisch und biss ab und zu in ihr Sandwich, während sie sich darauf konzentrierte, ihre liegengebliebenen Fälle abzuarbeiten. Aber da sie alle Augenblicke entweder auf die Uhr sah oder sich vergewisserte, dass ihr Handy wirklich eingeschaltet war, kam sie weder mit der Arbeit noch mit ihrem Imbiss recht voran.

    Sie hatte Janice Silverman schon zwei Nachrichten hinterlassen, obwohl sie wusste, dass die Anhörung vor dem Familiengericht sich länger hinziehen konnte. Immerhin hatte sie es sich verkniffen, Kincaid anzurufen, da sie sicher war, dass er sich bei ihr melden würde, sobald er etwas von der Suchaktion im Garten des Hauses in Hoxton hörte.
    Als das Telefon tatsächlich klingelte, ließ sie vor Schreck ihr Brot mit Eiersalat und Kresse auf die Tastatur fallen.
    Es war Betty Howard, und ihre warme Stimme klang ungewöhnlich gestresst. »Hast du schon was gehört, Gemma?«
    »Nein. Ich rufe dich sofort an, wenn ich etwas weiß, das verspreche ich dir, aber vielleicht meldet Mrs. Silverman sich vorher schon bei dir.«
    »Sie ist so unruhig heute, die kleine Charlotte«, sagte Betty leise. »Letzte Nacht wollte sie gar nicht in ihrem Bettchen schlafen. Sie wollte zu Toby, und sie hat die ganze Zeit nach dir gejammert und nach dem ›großen Mann‹.«
    »Dem großen Mann?«, wiederholte Gemma verwirrt. Sie wischte die Überreste ihres Sandwiches von der Tastatur und warf sie in den Abfalleimer.
    »Sie meint Duncan, aber sie kann seinen Namen noch nicht richtig aussprechen.«
    Gemma lächelte. Naz Malik war ein schmächtiger Mann gewesen, weshalb Duncan Charlotte im Vergleich zu ihrem Vater wie ein Riese vorkommen musste - aber offensichtlich wie ein gutmütiger Riese. Charlotte hatte ihn schnell ins Herz geschlossen, doch ihr vertrauensseliges Wesen ängstigte Gemma ebenso sehr, wie es sie rührte. Das Kind war nie misshandelt worden. Wie würde sie mit Gail und ihren Onkeln zurechtkommen?
    »Oh, Betty, sie werden sie doch wohl nicht der Familie zusprechen. Wenigstens vorläufig nicht.« Sie wusste, dass sie sich nur selbst zu beruhigen versuchte.

    »Hör mal, Gemma …« Betty klang zögerlich. »Ich hab mir ziemlich viele Gedanken gemacht. Auch wenn der Richter gegen die Familie entscheidet, ist noch nicht gesagt, dass

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