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Wenn Die Wahrheit Stirbt

Titel: Wenn Die Wahrheit Stirbt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie , Andreas Jäger
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sie durch die Fenster neben dem Gartentor lugte, sah sie die vertraute Einrichtung: den schwarzen Halbmondtisch vor der winzigen Küchenzeile, die moderne Liege aus Stahl und Leder, die sie und Duncan immer »die Folterbank« genannt hatten, und das ordentlich gemachte Bett mit dem Bücherregal als Kopfteil. Nur die Blumen, die Hazel ihr immer hingestellt hatte, schienen zu fehlen, und die Bücher und Spielsachen, die Toby in der ganzen Wohnung zu zerstreuen pflegte. Sie hatte das merkwürdige Gefühl, aus der Zeit gefallen zu sein - als hätte ihr Leben einen Zickzackkurs beschrieben und sie wieder zum Ausgangspunkt zurückgeführt.
    Und als sie nun über die Mauer spähte, waren es nicht Toby und Holly, die im Garten spielten, sondern Holly und die kleine Charlotte Malik. Tim saß auf der Terrasse, ein Bier neben sich auf den Steinplatten. Hazel, die dieselbe Kombination aus Shorts und ärmelloser Bluse trug wie am Vortag, stieß die kleinen Mädchen auf den Schaukeln an.
    Als Gemma das schmiedeeiserne Tor öffnete, sprang Holly von der Schaukel, rannte auf sie zu und schrie: »Tante Gemma! Tante Gemma! Komm und schubs mich an!«
    Gemma nahm sie auf den Arm und drückte sie. »Du hast mir auch gefehlt, Schätzchen. Aber ich kann dich jetzt gerade nicht anschubsen. Ich muss mit deinem Papa reden.« Sie ließ Holly auf den Boden gleiten, tätschelte ihr kurz den Kopf und schickte sie davon.

    Als Tim Gemmas Gesichtsausdruck sah und den Mann und die Frau bemerkte, die sie begleiteten, erhob er sich langsam aus seinem Stuhl. Hazel ließ Charlottes Schaukel ausschwingen. Sie sah auf das Kind hinunter und rief Holly zu: »Komm mal her und schubs Charlotte ein bisschen an, Schatz. Du bist an der Reihe.«
    »Aber ich will nicht -«
    »Auf der Stelle«, sagte Hazel in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete. Holly zog einen Flunsch und stapfte los, doch dann blickte sie sich zu ihrer Mutter um, als ob sie spürte, dass etwas nicht in Ordnung war. Hazel ging zur Terrasse und blieb ein paar Schritte vor Tim stehen.
    Gemma übernahm die Vorstellung. »Tim, Hazel: Das ist Detective Inspector Weller vom Revier Bethnal Green. Und das ist Janice Silverman vom Jugendamt.«
    »Schlechte Nachrichten, nicht wahr?«, sagte Tim und ging auf sie zu.
    »Es tut mir leid,Tim.« Gemma legte die Hand auf seinen Arm. »Naz Malik wurde heute Morgen im Haggerston Park tot aufgefunden.«
    »Was - Wie -« Obwohl Tim offenbar darauf vorbereitet gewesen war, schwankte er ein wenig. »Ich verstehe n-«
    »Setzen wir uns doch erst mal hin, Mr. Cavendish.« Weller lotste ihn zu seinem Stuhl zurück.Tim sank darauf nieder und umklammerte die Armlehnen wie Rettungsanker, während Weller sich einen anderen Stuhl heranzog. »Wir wissen noch nicht genau, was mit Ihrem Freund passiert ist«, fuhr Weller fort. »Wenn Sie noch einmal wiederholen könnten, was Sie DI James gesagt haben -«
    »Aber ich -« Sein Blick ging in den Garten, und er senkte seine Stimme fast zu einem Flüstern. »Charlotte. O Gott - was wird aus Charlotte?«
    »Sie wird in eine Pflegefamilie kommen«, erklärte Janice Silverman, »solange wir keine Verwandten ausfindig machen können.«

    »Aber Naz hatte keine Verwandten. Er war Waise, und die Tante und der Onkel, die ihn hier in England großgezogen haben, sind vor ein paar Jahren gestorben.«
    »Da wäre noch die Familie seiner Frau.«
    Tim schüttelte den Kopf. »Sie hatten keinen Kontakt mit Sandras Familie. Sie haben Charlotte bewusst von ihnen ferngehalten. Warum kann sie nicht hierbleiben?«
    »Haben Sie oder Mrs. Cavendish eine besondere rechtliche Stellung, was das Kind betrifft?«
    »Also - nein, aber sie fühlt sich hier wohl. Sie kennt mich, und Holly -«
    »Wir leben getrennt«, warf Hazel ein. »Tim und ich leben getrennt. Wir haben das gemeinsame Sorgerecht für Holly, deshalb ist sie nur unter der Woche hier, außer in den Ferien.«
    »Dann wäre es mit Sicherheit nicht angebracht, das Kind hier bei Ihnen zu lassen, Mr. Cavendish. Jetzt muss ich erst einmal mit ihr sprechen, und dann werde ich mich um das Vermittlungsprozedere kümmern.« Sie sah nach den Kindern, und ihre Züge wurden weicher. Die Mädchen hatten mit Schaukeln aufgehört und beobachteten die Erwachsenen. »Charlotte ist die Jüngere von den beiden?«
    »Ja«, antwortete Tim.
    »Vielleicht könnten Sie Ihre kleine Tochter rufen, Mr. Cavendish?«, schlug Silverman vor.
    Hazel reagierte schneller. Sie rief Holly zu sich, nahm ihre Hand und sagte:

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