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Wenn Die Wahrheit Stirbt

Titel: Wenn Die Wahrheit Stirbt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie , Andreas Jäger
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überhaupt eine Beförderung angestrebt hatte, die ihr einen reinen Bürojob beschert hatte.

    »Ich bin nicht lange weg«, fügte sie noch hinzu, ehe sie die Treppe hinuntereilte und durch die Eingangstür ins Freie stürmte. Auf den Stufen hätte sie fast einen uniformierten Constable umgerannt. Er grinste sie an und fragte: »Wo brennt’s denn, Chefin?«
    »Im Laden um die Ecke«, antwortete sie lächelnd.
    »Für mich dann bitte Kaffee und Zigaretten!«, rief er ihr nach, und sie winkte ihm zu.
    Sie bog in die Ladbroke Grove ein. Nachdem sie beschlossen hatte, das Auto stehen zu lassen, um nicht auf dem Rückweg in den Berufsverkehr zu geraten, ging sie weiter bis zur U-Bahn-Station Holland Park und nahm dort die District-and-Circle-Linie bis Kings Cross. Dort stieg sie um in Richtung Old Street, und während sie auf dem Bahnsteig stand und die Augen schloss, als der warme Wind von einem Zug in der Gegenrichtung aus dem Tunnel wehte, dachte sie über ihr Vorgehen nach. Es war vielleicht überstürzt, aber durch die besondere Bindung, die sie zu Charlotte entwickelt hatte, fühlte sie sich verpflichtet. Wer sonst würde etwas unternehmen, wenn sie es nicht täte?
    Was sie Melody nicht gesagt hatte, war, dass sie Doug Cullen angerufen und ihn gebeten hatte, eine Adresse in Sandra Gilles’ Akte nachzuschlagen.
    »Roy Blakely?«, hatte Cullen gefragt. »Wer ist das?«
    »Tim zufolge war Blakely der Letzte, der Sandra am Tag ihres Verschwindens gesehen hatte. Ich möchte mich nur mit ihm über Sandra unterhalten. Ich wüsste nicht, dass es irgendeine direkte Verbindung zwischen ihm und Naz Malik gibt, also machen Sie sich keine Sorgen, ich mische mich schon nicht in Ihre Ermittlungen ein.«
    »Das heißt, Sie haben Duncan Bescheid gesagt?«, fragte Cullen misstrauisch.
    »Noch nicht, aber ich werde es ihm sagen.« Allmählich war Gemma ein wenig genervt. »Geben Sie mir einfach nur die Adresse, Doug. Ich kläre es später noch mit ihm.«

    Doch als sie nun die Treppe an der Station Old Street nach oben ging und keuchend und verschwitzt aus dem Untergrund auftauchte, fragte sie sich schon, ob das Ganze wirklich so eine gute Idee gewesen war. Dann blickte sie auf und sah den Ozone’s Angel , und wieder hatte sie dieses merkwürdige Gefühl einer Verbundenheit mit Sandra, das sie schon an jenem ersten Abend empfunden hatte. Ja, sie musste das durchziehen, und wenn sie damit irgendwem auf den Schlips trat, dann würde sie eben mit den Konsequenzen leben müssen.
    Sie ging die Old Street hinunter und verfiel in einen lockeren, federnden Gang. Als sie sich der Columbia Road näherte, bog sie in eine Seitenstraße ein, überprüfte noch einmal die Adresse, die sie sich auf einem Zettel notiert hatte, und warf einen Blick in ihren Straßenatlas. Nachdem sie noch ein paar Minuten gegangen war, erreichte sie eine Sackgasse mit relativ neuen Wohneinheiten. Sie wirkten fast wie Reihenhäuser, dachte Gemma beim Näherkommen; sie waren zweistöckig, hatten schräge Dächer mit roten Ziegeln und waren in Blocks angeordnet, umgeben von attraktiven Grünanlagen.
    Roy Blakelys Wohnung war an der Ecke eines der Blocks. Der Eingangsbereich war sauber gefliest, und die Haustür stand offen. Gemma spähte hinein, während sie klingelte, doch drinnen war es dunkel, und sie war von der grellen Sonne noch ganz geblendet. Sie hörte leise Fernsehgeräusche, dann Schritte, und schließlich trat ein Mann in den Hausflur.
    »Sind Sie von den Gaswerken, junge Frau?«, fragte er und musterte sie beifällig. »Muss schon sagen, ein wesentlich erfreulicherer Anblick als der alte Knabe, den sie letztes Mal geschickt haben.« Er hatte einen ausgeprägten Cockney-Akzent, war schätzungsweise in den Fünfzigern und kräftig gebaut, mit einem weißen T-Shirt, das seine muskulösen Schultern erkennen ließ. Sein dichtes silberfarbenes Haar war kurz geschnitten, und auf seinen bloßen Unterarmen schimmerte feiner silbriger Flaum.

    »Mr. Blakely?«, sagte Gemma.
    »In Person. Was kann ich für Sie tun?«
    »Mein Name ist Gemma James, und ich würde gerne mit Ihnen über Sandra Gilles sprechen.«
    Roy Blakelys freundliches Gesicht wurde von einer Sekunde auf die andere verschlossen. »Da kann ich Ihnen nicht helfen, junge Frau, und außerdem hab ich noch im Garten zu tun. Also -«
    »Mr. Blakely, warten Sie. Ich bin Polizeibeamtin, aber ich bin nicht dienstlich hier. Ich bin gekommen, weil ich mir Sorgen um Charlotte Malik mache, Sandras Tochter. Wussten

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