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Wenn Die Wahrheit Stirbt

Titel: Wenn Die Wahrheit Stirbt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie , Andreas Jäger
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erschossen?« Sie schüttelte den Kopf, kippte dann die halbe Tasse in sich hinein, als wäre sie kurz vor dem Verdursten.
    »Also, wie wäre es dann, wenn Sie mir verraten würden, ob Ihr Partner nun geglaubt hat, dass Azad seinen Neffen - Verzeihung, seinen Großneffen - beseitigt hatte? Das würde doch erklären, warum Naz Malik plötzlich beschlossen hatte, Azads Verteidigung niederzulegen. Und dann können Sie mir noch sagen, ob Sie Azad zutrauen, dass er Ihren Partner aus dem Weg geräumt haben könnte, falls Naz dahintergekommen war, dass er für das Verschwinden des besagten Neffen verantwortlich war. Klingt ein bisschen verwirrend, aber Sie können mir wohl folgen. Und Ihnen ist sicher auch aufgefallen, dass ich nicht gefragt habe, ob Azad schuldig im Sinne der Anklage ist.«
    »Ich dachte, Sie hätten gesagt, dass wir nicht über Azad reden würden«, gab Phillips zurück, jedoch mit einem ganz leise angedeuteten
Lächeln. »Obwohl ich Ihre Argumentation durchaus nachvollziehen kann.«
    »Das tun wir ja auch nicht. Wir reden von Naz Malik.«
    »Gewiss. Aber ich fürchte, Superintendent, dass ich Ihnen nicht sagen kann, was Naz gedacht hat, weil ich es nicht weiß.« Sie trank noch einen Schluck von ihrem Kaffee. Schon jetzt schien das Koffein ihr einen Energieschub verschafft zu haben. »Wenn Sie allerdings meine Meinung hören wollen - ganz inoffiziell: Ich glaube nicht, dass Azad seinem Neffen etwas angetan hat. Ich traue es dem alten Schlawiner durchaus zu, dass er den Jungen auf der Ladefläche eines Lkw außer Landes geschmuggelt und ihn zu seiner Mutter in Sylhet zurückgeschickt hat, damit sie ihm gehörig die Leviten liest.« Sie griff nach ihrer Handtasche - eine automatische Bewegung - und zog die Hand gleich wieder zurück. »Ich glaube aber nicht , dass Azad irgendetwas mit dem Mord an Naz zu tun hatte. Azad hat seine eigenen Vorstellungen von Loyalität. Ich weiß nicht, ob die auch mich einschließen, aber ich glaube schon, dass sie Naz eingeschlossen haben. Und Sandra auch, denke ich.«
    »Und wer profitiert dann von Naz Maliks Tod, wenn nicht Azad? Hat Malik ein Testament hinterlassen?«
    Phillips verdrehte die Augen. »Naz war Anwalt. Selbstverständlich hatte er ein Testament. Naz und Sandra haben beide ihr gesamtes Vermögen Charlotte vermacht. Ich bin als Testamentsvollstreckerin eingesetzt.«
    »Aber einen Vormund haben sie nicht benannt?«
    »Nein. Wissen Sie, das war ja genau das Problem.« Sie rieb an dem zerfransten Nagelhäutchen eines Fingers. »Es war … schwierig. Sie konnten sich nicht entscheiden. Es gab niemanden, dem sie vertrauten.«
    »Was Charlotte betraf, oder was ihr Geld betraf?«
    »Charlotte. Ich glaube, den beiden lag nicht allzu viel am Geld, solange nur für Charlotte gesorgt war.«

    »Ist es ein großes Erbe?« Kincaid dachte an das Haus in der Fournier Street und an die Preise, die er in den Schaufenstern der Immobilienmakler des Viertels gesehen hatte.
    »Ja, ganz beträchtlich, denke ich. Der Wert des Hauses dürfte wegen der Wirtschaftskrise ein bisschen gesunken sein, aber es ist sicher trotzdem noch ein Vermögen wert. Es war fast abbezahlt, und Naz war immer sehr vorsichtig. Sie haben nicht viel für sich selbst ausgegeben, bis auf das, was sie in die Renovierung des Hauses gesteckt haben, und den Rest hat er angelegt.«
    Kincaid dachte einen Moment lang nach. »Wobei wir natürlich immer davon ausgehen, dass Sandra Gilles nicht morgen wieder auf der Bildfläche erscheint.«
    »Ja, davon müssen wir leider ausgehen«, erwiderte Louise Phillips. »Und solange Sandra verschwunden bleibt, ist die Situation in der Tat sehr kompliziert.«
     
    »Ich bin mal kurz weg - ich habe noch etwas zu erledigen.« Es war die ruhige Zeit um die Mitte des Nachmittags, und Gemma hatte Melody auf dem Flur vor dem CID-Büro angehalten. »Alle Einsatzpläne sind auf dem neuesten Stand. Rufen Sie mich an, wenn etwas Dringendes anliegt.«
    »Was haben Sie denn vor?«, fragte Melody mit gedämpfter Stimme. »Sie wollen doch nicht zu Charlottes Großmutter, oder?«
    Gemma war nicht in der Stimmung, sich irgendjemandem anzuvertrauen. »Ich brauche nur ein bisschen frische Luft.« Das war ja auch nicht gelogen, sagte sie sich. Zwar war es nicht mehr so drückend heiß wie am Wochenende, aber immer noch sehr warm, und die Luft in ihrem Büro war furchtbar stickig. Vom Starren auf den Computerbildschirm platzte ihr schier der Kopf, und sie fragte sich allmählich, warum sie

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