Wenn die Würfel fallen
wieder zurückkomme. Um ganz sicher zu sein, daß ich nie wieder
wagen würde zurückzukommen, schoben sie mir diese Sache in die Schuhe. Sie
verbreiteten das Gerücht, daß ich das Geld hätte, weil sie hofften, daß früher
oder später jemand wie Johnny es glauben würde. Dann würde er mir vielleicht
bei dem Versuch, herauszufinden, was ich mit dem Geld getan hatte, eine Kugel
durch den Kopf jagen.«
»Prachtvolle Geschichte«, sagte
ich. »Warum versuchen Sie nicht, sie an Schäfer zu verkaufen? Schäfer von der Tribune. Vielleicht kann er sie
gebrauchen. Sie hat nur einen Fehler, Howard. Ich glaube sie Ihnen nicht.«
Fletcher zuckte gleichgültig
die Schultern. »Ganz wie Sie wollen, Wheeler«, sagte er. »Mich stört das
nicht.«
Ich zog meinen Revolver aus dem
Schulterhalfter und hielt ihn in der Hand. »Ich könnte auch anders mit Ihnen
umspringen«, drohte ich. »Ganz anders.«
»Warum tun Sie es nicht?«
spottete er. »Glauben Sie, ich bin so ein kleiner Gauner, der angesichts eines
Revolvers in Ohnmacht fällt?«
»Ich bin Polizeibeamter«, sagte
ich und drückte im Geist beide Daumen, daß es stimmte. »Ich könnte Sie beide
niederschießen und in Pine City eine Woche lang den Helden des Tages spielen.«
»Ich hoffe, es macht Ihnen
Spaß«, sagte er kurz.
Ich vernahm Johnnys gackerndes
Lachen und warf einen Blick zu ihm hinüber. Er hatte sich ein wenig im Sessel
aufgerichtet. Seinem Gesichtsausdruck konnte ich entnehmen, daß er sich wieder
etwas besser fühlte. »Klar«, sagte er. »Howard hat recht, Polyp. Erschießen Sie
doch uns beide! Das hat nur einen Nachteil. Sie werden dann das Geld niemals
finden — falls Howard den Zaster hat!«
»Ich brauche ihn ja nicht
umzubringen«, sagte ich. »Ich kann ihn in den Arm oder vielleicht auch ins Bein
schießen. Eine Stelle, die sehr weh tut, aber keine Wunde, die tödlich ist.«
»Seien Sie nicht kindisch,
Wheeler!« sagte Fletcher verächtlich. »Schießen Sie mich doch in den Arm oder
ins Bein. Ich sage Ihnen dann, daß mir gerade einfiele, daß ich die siebzig
Mille doch habe. Ich werde Ihnen erzählen, daß ich sie irgendwo im Park unter
einem Rosenstrauch versteckt habe. Oder vielleicht in einem Postschließfach. Oder sonstwo . Woher wollen Sie wissen, ob ich die Wahrheit
sage? Auf diese Weise könnten wir das Spiel wochenlang treiben, falls Sie das
möchten.«
Er ging zur Bar hinüber und
kehrte mir den Rücken zu, während er sich ein Glas eingoß. »Im Wandschrank
meines Schlafzimmers hängt ein blauer Anzug«, sagte er. »In der Brusttasche
steckt eine Brieftasche. Darin sind sechs, vielleicht siebenhundert Dollar.
Nehmen Sie das Geld, Wheeler, und verschwinden Sie!«
»Sind Sie verrückt?« sagte ich
heiser. »Ich brauche mehr als das bißchen! Eine verdammte Menge mehr! Mit
siebenhundert Dollar würde ich gar nirgends hinkommen.«
Fletcher drehte sich langsam um
und schaute mich an. »Sie wollen weg, Wheeler? Weshalb bleiben Sie nicht in
Pine City?«
»Ich kann nicht hierbleiben«,
sagte ich in erregtem Ton. » Genausowenig wie Sie — sofern
Sie nicht noch einmal unter Anklage, einen Doppelmord begangen zu haben, stehen
wollen!«
»Wovon, verdammt, sprechen Sie
überhaupt?«
»Gabrielle«, erklärte ich. »Ich
ließ sie in meiner Wohnung allein zurück.«
»Na und?« fragte Johnny.
Ich sah Fletcher an. »Sie
verlor heute beim Verhör beinahe die Nerven, obgleich Hazelton neben ihr stand. Ich hatte nicht daran gedacht, und als es mir einfiel, da war
es zu spät. Sie werden einen Wachposten vor dem Haus aufgestellt haben, in dem
ich wohne. Gleich nachdem ich es verlassen hatte, werden sie hinaufgegangen
sein und sie festgenommen haben. Zeit, ihr Fragen zu stellen, haben sie mehr
als genug. Und sie wird die Nerven verlieren, Fletcher. Das kann praktisch
jeden Augenblick der Fall sein — vielleicht ist es sogar schon geschehen. Und
Sie wissen, wie ich dann dastehe.«
»Als korrupter Polyp!« sagte
Johnny Torch. »Ein Polyp, der jemandem für Geld ein Alibi verschafft hat.« Er
begann zu lachen. »Ein Polyp, der davonläuft, ohne zu wissen, wohin! Das kann
ich verstehen, Howard! Ist das nicht ein Witz?«
»Sei nicht so albern und denk
lieber nach!« sagte Fletcher nervös. »Wenn er dafür ins Gefängnis kommt, setzen
sie mich gleich in die Zelle nebenan. Wir müssen hier verschwinden!«
Ich ging ins Schlafzimmer,
während die beiden noch debattierten. Ich zog die Brieftasche aus dem blauen
Anzug im Wandschrank und öffnete sie.
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