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Wenn du mich brauchst

Wenn du mich brauchst

Titel: Wenn du mich brauchst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Frey
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mit den Schultern. »Keine Ahnung. Ein Mann. Greenberg oder so.«
    Meine Mutter unterdrückte ein Seufzen. Manchmal riefen bei uns Ehemänner von Ehefrauen an, die sich in Leek verliebt hatten. Sie wollten meine Mutter über ihren betrügerischen Ehemann in Kenntnis setzen. Sie regten sich auf, sie klagten meiner Mutter ihr Leid, sie baten sie um Hilfe, sie beschimpften sie sogar. Je nachdem, was für ein Temperament sie gerade hatten. Es kam auch vor, dass Frauen anriefen, und das war noch schlimmer. Die Frauen offenbarten meiner Mutter ihre sogenannte Liebe zu Leek meist auf dramatische Weise und baten meine Mutter, ihn doch gefälligst freizugeben, etwas in dieser Richtung.
    Rosie ging langsam Richtung Terrassentür.
    »Ja, bitte?«, hörten wir sie vorsichtig fragen.
    »Wer war es denn?«, erkundigte sich meine deutsche Großmutter und man konnte förmlich sehen, wie sie ihr Salatblattohr ausfuhr.
    »Keine Ahnung«, murmelte ich matt.
    Aus Moons Zimmer dröhnte Musik, I want to be a Billionaire.
    »Sein Gehör will er sich anscheinend auch noch ruinieren«, sagte mein deutscher Großvater und zupfte vertrocknete Blätter aus Moons Baum. Danach vertiefte er sich mit ärgerlicher Miene wieder in seinen mitgebrachten Stapel Bücher. Opa Herrmann ist seit seiner Pensionierung vor ein paar Jahren ein Scrabble -Fanatiker. Er besucht internationale Scrabbl e-Turniere und nimmt die Sache sehr ernst. Ich warf einen abwesenden Blick auf den Bücherturm: Es waren allesamt Werke über Strategien der verschiedensten Spiele. Schach, Bridge, Whist, Backgammon, Poker, Scrabble.
    Rosie war im Haus verschwunden. Ich wünschte, Kendra wäre hier, aber sie hatte sich vor einer halben Stunde Godot geschnappt und war mit ihm eine Runde gegangen.
    Zögernd stand ich auf und folgte meiner Mutter ins Haus. Vielleicht brauchte sie mich. Nach der Helle im Freien kam mir das Haus komplett dunkel vor und darum prallte ich fast gegen Rosie, die wie angewurzelt mitten im Raum stand.
    »Nein, ich kann heute nirgendwohin kommen!«, sagte sie gerade heftig, aber ihre Stimme zitterte vor Nervosität. »Ja, ich bin Rosa Luise Lovell. – Woher kennen Sie meinen kompletten Namen und wer sind Sie? – Geht es um Leek? Ich meine, um meinen Mann?«
    Sie schwieg einen Moment.
    »Ja, ich habe eine Tochter namens Sky, aber …«
    Ich runzelte die Stirn. Was wollte dieser Anrufer von mir?
    »Hören Sie, ich wiederhole mich nur ungern, aber ich werde heute keinesfalls irgendwohin kommen und mich mit Ihnen und Ihrer Frau treffen. Und auch nicht morgen oder übermorgen. Mein Mann ist derzeit verreist. Und dieses Geheimnistuerische gefällt mir überhaupt nicht. Wer sind Sie? Was wollen Sie? Sind Sie vielleicht so ein Perverser, wie die, die manchmal anrufen, nur um sich aufzugeilen?«
    Das Amerikanisch meiner Mutter war immer schlecht, aber wenn sie sich aufregte, wurde es grotesk.
    Rosie hatte das Telefon ausgeschaltet und fing an zu weinen.
    »Irgendein Verrückter«, schluchzte sie leise, zog die Nase hoch und sank auf ihre Yogamatte. »Er hat nach dir gefragt, Skydarling. Oh Himmel, was zu viel ist, ist zu viel.«
    »Rosie?«
    Meine Großmutter tastete sich über die Terrassenschwelle herein.
    Meine Mutter gab keine Antwort.
    »Wer war dran? Warum weint deine Mutter?«, wandte sie sich stattdessen verärgert an mich.
    »Irgendein Perverser«, sagte ich vage.
    »Habt ihr denn keine Trillerpfeife für so was parat?«, fragte Oma Dorothea alarmiert.
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Dann ist es eure eigene Schuld. Wenn so ein Typ am anderen Ende ist, hilft nur eins: laut pfeifen! Das wirkt.«
    Wie auf Kommando klingelte das Telefon erneut, Rosie zuckte zusammen. Diesmal ließen wir, in Ermangelung einer Trillerpfeife, den Anrufbeantworter anspringen.
    Kendra steckte den Kopf zur Tür herein, hinter ihr tapste Godot herein. Erleichtert tauschte ich einen Blick mit meiner besten Freundin. Ich war heilfroh, dass sie zurück war. Wenigstens eine Vernünftige in diesem Irrenhaus.
    »Er ist es wieder …«, flüsterte meine Mutter und lauschte.
    »Was sagt er?«, fragte meine Großmutter.
    Ja, was sagte er?
    Er wiederholte seinen Namen. Er entschuldigte sich umständlich für die Störung. Und für seine Beharrlichkeit.
    »Soll ich ihn wegdrücken?«, fragte ich meine Mutter leise.
    Der Mann redete unterdessen weiter. Er sagte uns, wo er wohnte – in einem der teureren Vororte von Los Angeles – und dass er ganz sicher kein Perverser sei.
    »Was will er dann?«,

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