Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Wenn du stirbst, zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie

Titel: Wenn du stirbst, zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Oliver
Vom Netzwerk:
besteht sie darauf, die Pille zu nehmen, die sie in ihrer zerknitterten Verpackung direkt neben ihren Pfefferminzpastillen aufbewahrt. Sie behauptet, sie mache das deswegen, damit ihr Dad sie nicht findet, aber alle wissen, dass sie sie gerne während des Unterrichts hervorzieht, damit die Leute denken, sie habe schon Sex. Nicht, dass sie damit irgendjemanden täuschen könnte. Die Schule ist klein: Man weiß hier solche Sachen übereinander.
    Einmal hat Elody zu Ally gesagt, sie habe »Schwangerschaftsatem«, und wir haben uns alle halb totgelacht. Das war in der Elften, im Mai, und wir lagen ausgestreckt auf Allys Trampolin. Es war der Samstagmorgen nach einer ihrer bisher besten Partys. Wir hatten alle einen leichten Kater, unsere Gehirne fühlten sich schwummerig an und wir waren vollgefressen mit Pfannkuchen und Speck, die wir im Diner in uns reingestopft hatten, und total glücklich. Ich lag dort auf dem Trampolin, das sich hob und senkte, schloss die Augen, damit mich die Sonne nicht blendete, und wünschte, dass dieser Tag nie zu Ende ginge.
    Es läutet und Ally kreischt: »Ooh! Wir kommen zu spät.«
    Ich spüre, wie sich in mir erneut ein dunkles Loch auftut. Ein Teil von mir ist versucht, sich den ganzen Tag auf dem Klo zu verstecken, aber das geht nicht.
    Ich weiß, dass ihr wisst, was als Nächstes passiert. Dass ich zu spät zu Chemie komme. Dass ich mich auf den letzten freien Platz neben Lauren Lornet setze. Dass Mr Tierney einen Test mit drei Fragen austeilt.
    Das Schlimmste daran? Ich habe den Test schon mal gesehen und weiß die Antworten trotzdem nicht.
    Ich leihe mir einen Stift. Lauren fängt an, mir etwas zuzuflüstern; sie will wissen, ob er funktioniert. Mr Tierneys Buch knallt auf den Tisch.
    Alle erschrecken außer mir.
    Unterricht. Läuten. Unterricht. Läuten.
    Verrückt. Ich werde verrückt.
    Als in Mathe die Rosen geliefert werden, zittern mir die Hände. Ich atme tief durch, bevor ich das kleine beschichtete Kärtchen aufklappe, das an der Rose hängt, die Rob mir geschickt hat. Ich stelle mir vor, dass da etwas Unglaubliches steht, etwas Überraschendes, etwas, das alles besser macht.
    Du bist wunderschön, Sam.
    Ich bin so glücklich, mit Dir zusammen zu sein.
    Sam, ich liebe Dich.
    Ich hebe die Ecke der Karte vorsichtig an und linse hinein.
    Hab Dich l…
    Ich klappe das Kärtchen schnell zu und stecke es in meine Tasche.
    Â»Die ist ja schön.«
    Ich blicke auf. Das Mädchen, das als Engel verkleidet ist, steht da und starrt die Rose an, die sie gerade auf meinen Tisch gelegt hat: Ihre Blütenblätter sind rosa und cremefarben meliert wie Eis. Das Mädchen hat immer noch seine Hand ausgestreckt. Feine blaue Adern durchziehen ihre Haut wie ein Netz.
    Â»Mach ein Foto. Das hält länger«, fahre ich sie an. Sie wird so rot wie die Rosen, die sie in der Hand hält, und stammelt eine Entschuldigung.
    Ich mache mir nicht die Mühe, die Nachricht zu lesen, die an dieser Rose hängt, und den Rest der Stunde über halte ich den Blick fest auf die Tafel gerichtet, um jegliches Zeichen von Kent zu vermeiden. Ich konzentriere mich so fest darauf, ihn nicht anzusehen, dass ich beinahe verpasse, wie Mr Daimler mir zuzwinkert und lächelt.
    Beinahe.
    Nach der Stunde holt Kent mich ein, die rosa-cremefarbene Rose in der Hand, die ich absichtlich auf meinem Tisch liegen gelassen habe.
    Â»Die hast du vergessen«, sagt er. Seine Haare hängen ihm wie immer über ein Auge. »Schon okay, du kannst es ruhig sagen: Ich bin unglaublich.«
    Â»Ich hab sie nicht vergessen.« Ich gebe mir Mühe, ihn nicht anzusehen. »Ich will sie nicht haben.«
    Ich werfe ihm einen kurzen Blick zu und sehe, wie sein Lächeln einen Augenblick lang verblasst. Dann leuchtet es wieder mit voller Kraft wie ein verdammter Laserstrahl.
    Â»Was soll das heißen?« Er versucht sie mir zu geben. »Hat dir nie jemand gesagt, dass man umso beliebter ist, je mehr Rosen man zum Valentinstag bekommt?«
    Â»Ich glaube nicht, dass ich auf diesem Gebiet Nachhilfe nötig habe. Und schon gar nicht von dir.«
    Da verschwindet sein Lächeln endgültig. Ein Teil von mir hasst, was ich tue, aber alles, woran ich denken kann, ist die Erinnerung – oder der Traum oder was immer es ist – daran, wie er sich zu mir beugt und ich denke, er will mich küssen, ich bin mir ganz sicher, aber

Weitere Kostenlose Bücher