Wenn du stirbst, zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie
das Gefühl der Panik zurückzudrängen, das in mir aufsteigt. Ich senke den Kopf und blicke so zu ihm auf, wie ich es bei Lindsay gesehen habe, wenn sie unbedingt etwas von Patrick will. »Das bedeutet nur, dass du weniger Zeit mit mir hast.«
»Wir werden genug Zeit haben.« Rob küsst seine Fingerspitzen und tippt damit zweimal an meine Wange. »Vertrau mir. Habe ich dich je hängenlassen?«
Du wirst mich heute Abend hängenlassen. Der Gedanke kommt mir, bevor ich es verhindern kann.
»Nein«, sage ich zu laut. Rob hört mir allerdings gar nicht mehr zu. Adam Marshall und Jeremy Tucker sind zu uns gestoÃen und sie fahren gerade ihr BegrüÃungsritual ab, bei dem sie aufeinander draufspringen und miteinander kämpfen. Manchmal denke ich, dass Lindsay Recht hat und Typen genau wie Tiere sind.
Ich hole mein Handy raus, um die Nachricht zu lesen, obwohl es eigentlich nicht nötig ist.
party bei kent mcfreaky heut abend. bist du dabei?
Meine Finger fühlen sich taub an, als ich zurücksimse: ok. Dann gehe ich zum Mittagessen und habe das Gefühl, als wöge das Geräusch von dreihundert Stimmen schwer, als wäre es ein kräftiger Wind, der mich hoch hinauf- und davontragen wird.
BEVOR ICH AUFWACHE
»Und? Bist du nervös?« Lindsay hebt ein Bein und schwingt es hin und her, um den Schuh zu bewundern, den sie gerade aus Allys Schrank stibitzt hat.
Aus dem Wohnzimmer dröhnt Musik. Ally und Elody singen sich da drüben zu »Like a prayer« die Seele aus dem Leib. Ally trifft keinen einzigen Ton auch nur annähernd. Lindsay und ich liegen rücklings auf Allys enormem Bett. Alles bei Ally zu Hause ist 25 Prozent gröÃer als bei normalen Leuten: der Kühlschrank, die Ledersessel, die Fernseher â sogar die Champagner-Magnumflaschen, die ihr Vater im Weinkellerlagert (absolut unantastbar). Lindsay hat mal gesagt, sie fühlt sich bei Ally wie Alice im Wunderland.
Ich lehne meinen Kopf an ein riesiges Kissen, auf dem steht: Die Schlampe ist zu Hause . Ich habe bereits vier Gläschen gekippt, weil ich dachte, es würde mich beruhigen, und die Lichter über mir blinken und verschwimmen. Wir haben alle Fenster aufgemacht, aber ich fühle mich immer noch fiebrig.
»Vergiss nicht zu atmen«, sagt Lindsay. »Dreh nicht gleich durch, wenn es ein bisschen wehtut â vor allem am Anfang. Verspann dich nicht. Davon wirdâs nur noch schlimmer.«
Mir ist ziemlich übel und Lindsay macht es nicht besser. Ich konnte den ganzen Tag nichts essen, deshalb war ich am Verhungern, als wir zu Ally kamen, und habe ungefähr fünfundzwanzig der Pesto-Ziegenkäse-Toasthäppchen verschlungen, die sie gezaubert hat. Ich bin mir nicht sicher, wie gut sich der Ziegenkäse mit dem Wodka verträgt. Darüber hinaus hat Lindsay mich gezwungen, ungefähr sieben Listerine-Mundpflegestreifen zu essen, weil in dem Pesto Knoblauch ist und sie sagte, dass Rob sonst das Gefühl hätte, seine Jungfräulichkeit an die Köchin eines italienischen Restaurants zu verlieren.
Wegen Rob bin ich gar nicht so nervös â ich kann mich überhaupt nicht darauf konzentrieren, seinetwegen nervös zu sein. Die Party, die Fahrt, das, was möglicherweise passieren wird: Das ist es, wovon ich in Wirklichkeit Magenkrämpfe bekomme. Wenigstens hat mir der Wodka geholfen, Luft zu kriegen, und ich bin nicht mehr ganz so zittrig.
Natürlich kann ich Lindsay nichts davon erzählen, deshalb sage ich: »Ich werd schon nicht durchdrehen. SchlieÃlich machen das alle, stimmtâs? Wenn Katie Carjullo das kann â¦Â«
Lindsay verzieht das Gesicht. »Uh. Egal, was du tust, es ist nichtdas Gleiche, was Katie Carjullo tut. Du und Rob âºmacht Liebeâ¹.« Sie malt mit den Fingern Anführungszeichen in die Luft und kichert, aber ich weiÃ, dass sie es ernst meint.
»Glaubst du?«
»Natürlich.« Sie neigt den Kopf, um mich anzusehen. »Du nicht?«
Ich möchte am liebsten fragen: Woran merkt man den Unterschied?
In Filmen weià man immer, wann die Leute zusammengehören, weil hinter ihnen die Musik lauter wird â banal, aber wahr. Lindsay sagt immer, sie könne ohne Patrick nicht leben, und ich bin mir nicht sicher, ob man sich so fühlen muss oder nicht.
Wenn ich manchmal mit Rob irgendwo stehe, wo viele Leute sind, und er den Arm um meine Schultern legt und mich
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