Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Wenn du stirbst, zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie

Titel: Wenn du stirbst, zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Oliver
Vom Netzwerk:
Grundsatz zu verbreiten.« Kent legt eine Hand auf sein Herz.
    Ein Gedanke taucht in meinem Kopf auf – Du würdest nicht mit mir reden, wenn du dich erinnern würdest  –, aber ich schiebe ihn beiseite. Das hier ist Kent McFuller. Er kann sich glücklich schätzen, dass ich überhaupt mit ihm rede. Im Übrigen habe ich nicht vor, heute Abend zu seiner Party zu gehen: ohne Party keine Juliet Sykes, kein Grund für Kent, mich zur Sau zu machen. Und was am allerwichtigsten ist: kein Unfall.
    Â»Du meinst wohl, deine schrägen Ideen zu verbreiten«, sage ich.
    Â»Ich nehme das als Kompliment.« Kent sieht plötzlich ernst aus. Er verzieht das Gesicht, so dass all die hellen Sommersprossen auf seiner Nase sich wie ein Sternbild anordnen. »Warum flirtest du mit Mr Daimler? Er ist ein Perverser, weißt du?«
    Ich bin so überrascht über die Frage, dass es einen Augenblick dauert, bis ich antworten kann. »Mr Daimler ist kein Perverser.«
    Â»Glaub mir, das ist er.«
    Â»Eifersüchtig?«
    Â»Kaum.«
    Â»Außerdem flirte ich gar nicht mit ihm.«
    Kent verdreht die Augen. »Na klar.«
    Ich zucke mit den Schultern. »Warum interessiert dich das so?«
    Kent wird rot und sieht zu Boden. »Einfach so«, murmelt er.
    Mein Magen sackt ein bisschen weg und mir wird klar, dass ein Teil von mir eine andere Antwort erhofft hat – eine persönlichere. Allerdings wäre es natürlich eine Katastrophe, wenn Kent mir wirklich hier mitten auf dem Gang seine unsterbliche Liebe gestehen würde. Trotz seiner schrägen Art will ich ihn nicht öffentlich demütigen – er ist nett und wir waren als Kinder miteinander befreundet und all das –, aber ich könnte nie, wirklich niemals mit ihm ausgehen, nicht in einer Million Leben. Zumindest nie in meinem Leben: dem, das ich zurückwill, wo das Gestern dem Heute vorausgeht und das dem Morgen. Allein die Melone macht das unmöglich.
    Â»Hör mal.« Kent wirft mir aus den Augenwinkeln einen Blick zu. »Meine Eltern sind dieses Wochenende nicht da und ich hab für heute Abend ein paar Leute eingeladen …«
    Â»Mh-mhm.« Weiter vorne sehe ich Rob auf die Schulmensa zugehen. Er wird mich jeden Augenblick entdecken. Ich kann es gerade nicht ertragen, ihn zu sehen. Mein Magen verkrampft sich und ichstelle mich schnell mit dem Rücken zur Mensa vor Kent. Ȁh … wo wohnst du noch mal?«
    Kent sieht mich seltsam an. Ich habe mich gerade wie eine menschliche Barrikade aufgestellt. »Man muss von der Route 9 abbiegen. Weißt du nicht mehr?« Ich antworte nicht und für einen kurzen Augenblick erstirbt das Lächeln auf seinem Gesicht. Er sieht achselzuckend weg. »Na ja, wahrscheinlich nicht. Du warst ja nur ein paarmal da. Wir sind erst kurz vor der weiterführenden Schule da hingezogen. Vom Terrace Place. Du erinnerst dich doch noch an unser altes Haus am Terrace Place, oder?« Das Lächeln ist wieder da. Es stimmt: Seine Augen haben genau die gleiche Farbe wie Gras. »Du warst immer in der Küche und hast die besten Kekse geklaut. Und ich habe dich um die riesigen Ahornbäume im Vorgarten gejagt. Weißt du noch?«
    Als er die Ahornbäume erwähnt, taucht eine Erinnerung in meinem Kopf auf, die sich ausbreitet wie etwas, das die Wasseroberfläche durchstößt und immer weitere Kreise zieht. Wir saßen in dem kleinen Zwischenraum zwischen zwei riesigen Wurzeln, die sich wie die Wirbelsäulen von Tieren aus dem Boden schlängelten. Ich erinnere mich, dass er zwei Ahornsamen auftrennte, einen auf seine Nase steckte und einen auf meine und sagte, dass daran alle Leute erkennen könnten, dass wir verliebt seien. Ich war wahrscheinlich gerade mal fünf oder sechs.
    Â»Ich … ich …« Das Letzte, was ich gebrauchen kann, ist, dass er mich an die guten alten Zeiten erinnert, als ich nur aus Knien und Nase und Brille bestand und er der einzige Junge war, der in meine Nähe kam. »Vielleicht. Bäume sehen für mich irgendwie alle gleich aus, weißt du?«
    Er lacht, obwohl das gar nicht witzig gemeint war. »Was meinst du? Kommst du heute Abend? Zu meiner Party?«
    Das bringt mich in die Wirklichkeit zurück. Die Party. Ich schüttele den Kopf und weiche langsam zurück. »Nein. Ich glaube nicht.«  
    Sein Lächeln wird ein wenig schwächer. »Es wird

Weitere Kostenlose Bücher