Wenn du stirbst, zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie

zur Seite und mir geht auf, dass sie das vielleicht trotz allem tut.
    Es herrscht ein unbehagliches Schweigen und Lindsay springt ein. »Ich verstehe nicht, was daran so dramatisch ist. Du weißt, dass Rob dich mag. Es ist schließlich nicht so, als wäre das ein One-Night-Stand oder so was.«
    Â»Er mag mich schon, aber …« Ich bin kurz davor zu gestehen, dass ich mir nicht sicher bin, ob wir zusammenpassen, aber im letzten Augenblick kriege ich es nicht hin. Sie würden mich für verrückt halten. Ich verstehe mich ja selbst nicht. Es ist irgendwie, als sei die Vorstellung von ihm besser als er selbst. »Wisst ihr, ich werde nicht mit ihm schlafen, nur damit er mir sagt, dass er mich liebt.«
    Ich hatte diese Worte eigentlich gar nicht aussprechen wollen und einen Augenblick erschrecken sie mich so sehr, dass ich nichts weiter sagen kann. Das ist nicht der Grund, warum ich vorhatte, mit Rob zu schlafen – um diesen Satz zu hören, meine ich. Ich wollte es einfach hinter mich bringen. Glaube ich. Ehrlich gesagt weiß ich gar nicht mehr, warum mir das so wichtig war.
    Â»Wenn man vom Teufel spricht«, murmelt Ally.
    Dann rieche ich Zitronenmelisse und Rob drückt mir einen nassen Kuss auf die Wange.
    Â»Hi, Mädels.« Er greift über den Tisch, um sich eine Fritte von Elody zu nehmen, und sie zieht ihr Tablett aus seiner Reichweite. Er lacht. »Hey, Slammer. Hast du meine Nachricht gekriegt?«
    Â»Hab ich.« Ich sehe auf den Tisch hinab. Ich habe das Gefühl, wenn ich jetzt seinem Blick begegne, vergesse ich alles, vergesse die Nachricht und dass er mich allein gelassen hat und dass er immer die Augen offen lässt, wenn er mich küsst.
    Gleichzeitig will ich eigentlich gar nicht, dass sich irgendwas ändert.
    Â»Na? Was hab ich verpasst?« Rob beugt sich vor und stützt sich mit den Händen auf dem Tisch ab – etwas zu fest, denke ich. Elodys Cola light macht einen Satz.
    Â»Die Party bei Kent und dass Sam nicht hingehen will«, platzt Ally heraus. Elody stößt ihr den Ellbogen in die Seite und Ally schreit auf.
    Rob dreht den Kopf und sieht mich an. Sein Gesicht ist vollkommen ausdruckslos. »Wolltest du darüber mit mir reden?«
    Â»Nein … na ja, irgendwie schon.« Ich habe nicht damit gerechnet, dass er die SMS erwähnen würde, und es macht mich nervös, dass ich nicht weiß, was er denkt. Seine Augen sehen ganz besonders dunkel aus, fast trüb. Ich versuche ihn anzulächeln, aber ich habe das Gefühl, als wären meine Wangen mit Watte ausgestopft. Ich kann nicht anders, als mir vorzustellen, wie er schwankend seine Hand hochhält und sagt: »Fünf Minuten.«
    Â»Und?« Er richtet sich auf und zuckt mit den Schultern. »Was denn?«
    Lindsay, Ally und Elody starren mich an. Ich kann ihre Blicke spüren, als würden sie Wärme abgeben. »Ich kann hier nicht darüber reden. Ich meine, jetzt nicht.« Ich nicke mit dem Kopf in ihre Richtung.
    Rob lacht: ein kurzes, schroffes Geräusch. Und jetzt kann ich erkennen, dass er wütend ist und es nur verbirgt.
    Â»Natürlich nicht.« Er weicht zurück, beide Hände erhoben, als würde er etwas abwehren. »Wie wär’s damit? Du lässt es mich wissen, wenn du bereit zum Reden bist. Ich warte auf Nachricht von dir. Ich würde dich nie unter Druck setzen wollen, weißt du?« Er betont einige der Wörter und ich kann den Sarkasmus aus seiner Stimme heraushören – nur ganz schwach, aber er ist da.
    Es ist offensichtlich – für mich zumindest –, dass er über viel mehr redet als über unser Gespräch, aber bevor ich etwas erwidern kann, macht er eine schwungvolle Bewegung mit der Hand, eine Art Verbeugung, dann dreht er sich um und geht weg.
    Â»Mein Gott.« Ally stochert in dem Salat auf ihrem Teller herum. »Was war das denn?«
    Â»Ihr streitet doch nicht ernsthaft, oder, Sam?«, fragt Elody mit weit aufgerissenen Augen.
    Bevor ich antworten muss, stößt Lindsay ein zischendes Geräusch aus. Sie reckt ihr Kinn und zeigt damit auf einen Punkt hinter mir. »Psychopathenalarm. Sperrt die Messer und die Babys weg.«
    Juliet Sykes hat gerade die Schulmensa betreten. Ich war so auf heute konzentriert – darauf, es in Ordnung zu bringen, auf die Vorstellung, dass ich es in Ordnung bringen kann –, dass ich Juliet total vergessen habe.