Wenn du stirbst, zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie
damit er abkühlt â, aber er hinterlässt einen roten Fleck auf meinem Schenkel und ich würde am liebsten weinen. »So schwer ist das doch nicht. Rot: Anhalten. Grün: Weiterfahren. Ich weià schon, dass es dir nicht ganz so leichtfällt zu kapieren, was Gelb bedeutet, aber man sollte meinen, mit ein bisschen Ãbung könntest du das in den Griff kriegen.«
Lindsay und Elody starren mich beide fassungslos und schweigend an, aber ich höre nicht auf, ich kann einfach nicht aufhören, das ist alles Lindsays Schuld, Lindsay mit ihrem beschissenen Fahrstil. »Man könnte ja sogar Affen beibringen, besser zu fahren als du. Also? Was soll das? Musst du beweisen, dass dir alles scheiÃegal ist? Dass dir nichts etwas bedeutet? Niemand? Ditsch hier gegen einen Kotflügel, streif da einen Spiegel, ups, zum Glück haben wir Airbags, dazu sind StoÃstangen doch da, fahr einfach weiter, immer weiter, es kriegt keiner mit. WeiÃt du was, Lindsay? Du musst nichts beweisen. Wir wissen schon,dass dir alle scheiÃegal sind auÃer dir selbst. Das wussten wir schon immer.«
Mir geht die Luft aus und nachdem ich aufgehört habe zu reden, herrscht einen Augenblick lang vollkommenes Schweigen. Lindsay sieht mich noch nicht mal an. Sie starrt stur geradeaus, beide Hände am Lenkrad. Ihre Knöchel sind weiÃ, weil sie es so fest umklammert. Die Ampel wird grün und sie gibt ordentlich Gas. Der Motor heult auf und klingt wie entfernter Donner.
Es dauert eine Weile, bis Lindsay etwas sagt, und als sie es tut, klingt ihre Stimme leise und erstickt. »Woher nimmst du dir das Recht, mich derart anzuschreien �«
»Mädels.« Elody meldet sich von hinten zu Wort. »Kein Streit, okay? Lasst es einfach sein.«
Die Wut durchströmt mich immer noch wie elektrischer Strom. Sie lässt mich alles deutlicher sehen, schärfer, als wäre ich seit Jahren nicht so wach gewesen. Ich drehe mich zu Elody um.
»Wieso setzt du dich eigentlich nie durch?«, frage ich. Sie weicht ein bisschen zurück und ihr Blick huscht zwischen Lindsay und mir hin und her. »Du weiÃt, dass stimmt, was ich sage. Sie ist eine miese Schlampe. Los, sag es.«
»Lass sie aus dem Spiel«, zischt Lindsay.
Elody öffnet den Mund und schüttelt dann kaum wahrnehmbar den Kopf.
»Wusst ichâs doch«, sage ich und verspüre gleichzeitig Triumph und Ãbelkeit. »Du hast Angst vor ihr. Wusst ichâs doch.«
»Ich hab dir gesagt, du sollst sie in Ruhe lassen.« Lindsay wird schlieÃlich laut.
» Ich soll sie in Ruhe lassen?« Das Gefühl der Klarheit verschwindet. Stattdessen fühlt sich alles an, als würde es sich drehen und meinerKontrolle entgleiten. »Du bist doch diejenige, die sie andauernd wie den letzten Dreck behandelt. Du. Elody ist dermaÃen erbärmlich. Guckt euch nur mal an, wie Elody sich an Steve ranmacht â dabei mag er sie noch nicht mal. Guck, Elody ist schon wieder voll. Ich hoffe, sie kotzt mir nicht ins Auto, sonst stinken die Ledersitze nach Alkoholikerin. «
Beim letzten Wort holt Elody lautstark Luft. Ich weiÃ, dass ich zu weit gegangen bin. In dem Moment, als ich es sage, möchte ich es schon zurücknehmen. Mein Spiegel ist immer noch runtergeklappt und ich kann sehen, wie Elody mit zitternder Unterlippe aus dem Fenster guckt, als versuchte sie sich das Weinen zu verkneifen. Regel Nummer eins unter besten Freundinnen: Es gibt bestimmte Dinge, die man niemals sagt.
Ganz plötzlich steigt Lindsay auf die Bremse. Wir sind mitten auf der Route 120, ungefähr achthundert Meter von der Schule entfernt, aber hinter uns ist viel Verkehr. Ein Auto muss auf die Gegenfahrbahn ausweichen, um uns nicht hinten reinzufahren. Glücklicherweise gibt es keinen Gegenverkehr. Sogar Elody schreit auf.
»Mann.« Mein Herz rast. Das Auto fährt wütend hupend an uns vorbei. Der Beifahrer kurbelt sein Fenster runter und schreit irgendwas, aber ich kann es nicht hören; ich sehe nur ein Basecap und ärgerlich aufblitzende Augen. »Was machst du da?«
Die Autos hinter uns hupen auch, aber Lindsay schaltet in Parkstellung und rührt sich nicht.
»Lindsay«, sagt Elody ängstlich, »Sam hat Recht. Das ist nicht witzig.«
Lindsay stürzt sich auf mich und ich glaube schon, sie will mich schlagen. Stattdessen lehnt sie sich rüber und stöÃt die Beifahrertür
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