Wenn es daemmert
hat mir denn niemand …?«
»Die Frauenleiche in Largo«, sagte James Cunningham. »Hast du die schon identifiziert?«
Brady schüttelte den Kopf. »Wieso, das ist nicht mein Fall, was hat das denn jetzt …«
»Margaret Williams. Das hat dir auch keiner gesagt.« James Cunningham stellte die Whiskyflasche zurück in den Schrank, nahm sein leeres Glas und brachte es in die Küche.
Loughlin Brady verstand, dass er die Leute, mit denen er sich eingelassen hatte, unterschätzt hatte. Er hatte gedacht, er als Chief Inspector hätte die Sache im Griff, und sie hätten Respekt vor ihm. Er hatte gedacht, er wüsste, wie das Spiel gespielt wurde und dies sei eine gute Gelegenheit, ein wenig Geld dazuzuverdienen. Er hatte auch geglaubt, dass er weniger verwundbar war als all die anderen, die Art Fisher in der Hand hatte, weil er ihnen Drogenkonsum oder Geldwäsche nachweisen konnte oder weil er Fotos und Videos besaß, die sie beim Sex mit Minderjährigen oder Prostituierten zeigten. Brady hatte sich nie auf Arts Angebote, auch mal eins von den Mädchen auszuprobieren, eingelassen. Er hatte immer gedacht, er sei besonders clever und könnte auf dem Vulkan tanzen, ohne dass er auch nur ins Schwitzen kam. Jetzt wusste er, dass er schon lange auf den Abgrund zutanzte und ihn niemand aufhalten wollte. Er konnte nicht mehr zurück.
Cunningham kam aus der Küche zurück und sah Brady mit gespieltem Erstaunen an. »Was denn, du bist immer noch hier?«
Er wagte einen letzten, verzweifelten Versuch. »Bring mich aus diesem Land raus, bevor sie anfangen, mich zu suchen, bitte! Dann sorge ich vorher noch dafür, dass nicht mehr gegen deine Tochter ermittelt wird.«
Cunningham verzog keine Miene, und Brady konnte spüren, wie die Situation immer aussichtsloser wurde. »Du versuchst die falschen Dinge bei den falschen Leuten«, sagte er. »Dein Fehler ist, dass du einfach nicht weißt, wo die Prioritäten anderer liegen. Das ist das Erste, was ein guter Erpresser wissen sollte. Und jetzt: Gute Nacht.« Cunningham blieb abwartend in der offenen Tür stehen. Brady ging durch den Flur zur Haustür und überlegte, ob es noch irgendetwas gab, was er sagen könnte. Aber ihm fiel nichts ein. Cunningham hatte Recht: Er hatte keine Ahnung von den Prioritäten des Air Commodore. Seine Tochter Mina gehörte ganz offensichtlich nicht dazu.
7.
Der Mann auf der Rückbank drückte ihr den Lauf seiner Waffe in die Rippen. Weder er noch der Fahrer sprachen ein Wort, bis sie am Ziel angekommen waren. Mina hatte den Eindruck, dass sie kreuz und quer durch die Stadt gefahren waren, denn sie waren ungefähr eine halbe Stunde unterwegs gewesen, und Arthur’s Seat war immer noch sehr nah. Nur, dass sich der Vulkan jetzt westlich von ihnen befand, wie Mina durch einen Blick in den Himmel feststellte.
Sie hatten an der Rückseite eines Gebäudes gehalten und es durch eine Tür betreten, die in den Keller führte. Mina wurde durch verschiedene Gänge geführt, dann stiegen sie mehrere Treppen hinauf, bis sie vor einer Wohnungstür stehen blieben. Es gab kein Namensschild. Der Mann mit der Pistole klopfte, und wenige Sekunden später öffnete die Frau, mit der sie telefoniert hatte: Anna.
»Etwas dramatisch, ich weiß«, sagte sie mit einem nonchalanten Lächeln.
Mina antwortete nicht. Sie folgte Anna in ein ganz in Cremetönen gehaltenes Wohnzimmer. Die beiden Männer blieben im Flur.
»Sie wollten mit mir sprechen«, sagte Anna herausfordernd.
»Verabreden Sie sich immer so?«
»Nur beim ersten Mal. Man weiß doch nie, mit wem man es zu tun hat, und ich habe mich nach unserer Begegnung natürlich ein wenig bei den Mädchen umgehört. Sie sind wohl kaum an einer Arbeit bei mir interessiert.«
»Ich bin an einem Ihrer … Kollegen interessiert. Eines seiner Mädchen ist ihm weggelaufen. Sie hatte die Adresse einer, wie sie sagte, guten Frau. Ich vermute, dass Sie das sind.«
»Wie heißt das Mädchen?«
»Pepa.«
Anna lächelte. »Suchen Sie Pepa?«
»Ja. Auch. Ich suche vor allem ihn.«
»Warum?«
Mina zögerte. Sie hatte sich den ganzen Tag überlegt, wie viel sie dieser Frau sagen sollte. Sie hoffte, dass sie das Richtige tat. »Die Polizei sucht mich wegen Mordes an Matthew Barnes, dem Golfspieler. Pepa weiß, dass ich es nicht war. Deshalb suche ich sie. Der Mann, Arthur, hat den Mord begangen. Er hat auch mein Haus angezündet und meine Mutter umgebracht. Und jetzt ist er hinter mir her.«
Anna schien weder erschrocken noch
Weitere Kostenlose Bücher