Wenn es daemmert
Schade. David, der ehrenwerte Richter, ist vergleichsweise langweilig. Er bekam von mir einen VIP -Pass für meine Saunen und Clubs in Edinburgh. Seither schleicht er sich regelmäßig in ein Striplokal, fasst den Mädchen an die Brüste, und dreimal in der Woche verschwindet er mit einer im Séparée.«
»Für das Ende seiner Karriere würde es ausreichen.«
»Natürlich. Aber David ist ein wichtiger Mann für mich. Ich bot Robert und David nach einer Weile übrigens eine finanzielle Beteiligung an einigen meiner Geschäfte an. Denn ich wusste, wenn es um Geld geht, sind sie zu allem bereit. Sie verdienten in ihren Berufen schon viel Geld, aber sie wollten mehr. Und so investierten sie in die organisierte Kriminalität und fühlten sich als die großen Fädenzieher.«
»Wussten sie, dass du ihr Bruder bist?«
»Nein! Das wussten sie anfangs nicht! Sie dachten, ich sei ein etwas trotteliger Zuhälter. Nach zwei Jahren sagte ich es ihnen dann aber. Wie gesagt, der Untergang der Barringtons sollte langsam vonstattengehen. Ich hatte keinen Blitzkrieg geplant.«
»Wann hast du mit deinem Vater, mit Roland gesprochen?«
»Oh«, Arthur lachte. »Ich wollte mir erst einmal ansehen, wie er auf das, was seine Söhne so treiben, reagiert. Also ließ ich Roland, anonym, versteht sich, wohldosierte Informationen über das Treiben von David und Robert zukommen. Sicher hat er sich gewundert, dass er niemals Geldforderungen bekam. Ein Erpresser, der nicht sagt, was er will? Wann kommt das dicke Ende? Diese Ungewissheit hat ihn fast noch kränker gemacht als die Entgleisungen seiner Söhne.«
»Kurz vor seinem Tod warst du bei ihm. Eine Nachbarin hat dich gesehen. Sie hat gesagt, Roland hätte sich selbst ins Gesicht gesehen.«
»Ich bin der einzige Sohn, der ihm ähnlich sieht. Ist das nicht wundervoll? Ja, ich war bei ihm. Zum ersten Mal habe ich ihn persönlich gesprochen. Er sah mich an und wusste sofort, wer ich war: sein Sohn. Ich sagte ihm, dass die Fotos und Briefe, die er all die Jahre erhalten hatte, von mir waren. Und ich sagte ihm auch, was ich tat. Ich sagte: Vater, eines haben wir gemeinsam, nämlich Minderjährige. Du hast sie gefickt, als du noch ficken konntest, und ich bringe sie in unser schönes Land zu Perversen wie dir. Ich sagte ihm: Es liegt an dir. Wenn du öffentlich zugibst, was für Söhne du in die Welt gesetzt hast, dann höre ich auf. Sofort! Dann packe ich bei der Polizei aus und nenne alle Namen. Das wäre der größte Schlag aller Zeiten in Großbritannien gegen die organisierte Kriminalität, gegen den Menschenhandel, gegen die Pornoringe, gegen jedes Verbrechen, das dir einfällt! Er sagte: Niemals werde ich das tun! Und ich machte ihm klar, dass die Verantwortung für all die armen kleinen Kinder nun bei ihm lag.«
»Das tat sie nicht. Die Verantwortung hattest du. Und du hast sie noch«, rief Mina.
»Habe ich? Wenn ich es nicht mache, macht es ein anderer. Und ich suche den Kindern wenigstens ein halbwegs vernünftiges Umfeld aus. Sie müssen nicht auf der Straße schlafen, sie fangen sich keine schlimmen Krankheiten ein, nein, für sie ist gesorgt.«
Er hörte sich an wie Anna, dachte Mina. Sie beruhigen alle irgendwie ihr Gewissen. Wenn sie noch ein Gewissen haben.
»Roland ist also nicht auf deine Forderung eingegangen?«, fragte sie.
»Nein. Er hat das getan, was man in seinen Kreisen wohl ›die Konsequenzen ziehen‹ nennt. Ich nenne es Feigheit. Er hat Selbstmord begangen, einen Tag, nachdem ich bei ihm war.«
»Ich dachte, es war ein natürlicher …«
»Diese Ärzte heutzutage …«, seufzte Arthur, »für ein bisschen Kleingeld schreiben sie dir alles auf den Totenschein. Einfach alles.«
»Und meine Mutter? Hast du sie umgebracht, weil sie dir auf die Schliche gekommen war?«
Arthur gab einen Laut des Erstaunens von sich. »Meine Liebe, ich dachte, ihr stündet euch etwas näher! Ich hatte keinen Grund, sie umzubringen. Ich bedaure ihren Tod mehr als alles andere, denn ich hatte immer gehofft, sie einmal besser kennenzulernen.«
Wenn nicht Arthur, wer dann?, dachte Mina. Oder log er? Er hatte keinen Grund zu lügen. »Aber der Stein mit der Nachricht«, sagte sie, »das warst doch du?«
»Ich wollte euch beide warnen. Zieht euch zurück, seid vorsichtig.«
»Warum? Weil du Matt getötet hattest?«
»Was denn, den auch noch? Meine Liebe, ich bringe niemanden um. Ich stelle manchmal Menschen vor die Wahl, was sie mit ihrem Leben machen wollen, aber ich bringe
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