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Wenn es daemmert

Wenn es daemmert

Titel: Wenn es daemmert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoe Beck
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Noch länger, und er würde sich Kakerlaken auf dem Fußboden einbilden. Eine Dusche vorm Schlafengehen wäre das Richtige. Die beiden würden nichts bemerken, sie würden denken, er arbeite.
    Cedric öffnete die Tür zu seinem Badezimmer und fing an, sich auszuziehen. Gerade faltete er seine Hosen zusammen, als er im Waschbecken ein fremdes Haar entdeckte. Ein kurzes, schwarzes Haar.
    Doug.
    Cedric stürmte halb ausgezogen, wie er war, hinunter in die Küche, packte Doug am Shirt, zerrte ihn vom Tisch weg und schrie: »Du warst in meinem Badezimmer!«
    »Hey, koch mal wieder runter«, schrie Doug zurück, und jeder andere hätte gesehen, dass er in diesem Moment Angst vor Cedric hatte. Vor einem schmächtigen, feingliedrigen Jungen, den der durchtrainierte Amerikaner um einen Kopf überragte. Nur Cedric sah nichts davon, er dachte einzig daran, dass diese verlogene Kreatur in seine privaten Räume eingedrungen war und sie verseucht hatte, sodass er keinen Platz mehr hatte, an dem er sich sicher fühlen konnte. »Pete war in unserem Bad, und ich musste ganz dringend …«
    Cedric schlug ihm so lange mit der Faust ins Gesicht, bis Doug zu Boden ging.
    Pete zog Cedric von Doug runter. Was er dabei sagte, hörte Cedric nicht. Er hörte nichts mehr. Nur ein Rauschen in seinen Ohren. Dann fand er sich auf dem Boden vor dem Kühlschrank sitzend und merkte, dass er weinte.
    Pete kümmerte sich um Doug, oder vielmehr sorgte er dafür, dass Doug nicht auf Cedric losging. Als seine Sinne wieder halbwegs funktionierten, hörte er, wie Pete zu Doug sagte: »Du bist selbst schuld, du weißt, dass er diesen Sauberkeitszwang hat!«
    Diesen Sauberkeitszwang. Es war das erste Mal, dass es jemand in seiner Gegenwart aussprach.
    »Ich gehe nach oben«, sagte Cedric leise und stand langsam auf. Und zu Doug sagte er: »Es tut mir leid. Wir reden später, in Ordnung?«
    »Nichts ist in Ordnung!«, schrie Doug, und Pete musste wieder dazwischengehen. Cedric hatte keine Kraft, noch länger zu bleiben.
    Er musste schlafen.
    Gerade wollte er sein Mobiltelefon ausschalten, als es klingelte. Es war reiner Reflex, dass er den Anruf beantwortete – es musste die Müdigkeit sein, denn normalerweise ließ er Anrufe mit unterdrückter Nummer auf seiner Mailbox stranden.
    »Hallo«, sagte er leise. Nichts, nur dumpfes Rauschen und statisches Knistern. »Hallo«, sagte er wieder, diesmal etwas lauter. Am anderen Ende räusperte sich jemand. Er hörte die Stimme eines Mädchens sagen: »Danke.« Dann wurde die Verbindung beendet.
    Cedric schaltete das Gerät aus und schlief sofort ein.

9.
    Pete bestellte ein Taxi, das sie ins Krankenhaus bringen sollte. Doug hatte sich eine Packung tiefgekühlten Fisch aus dem Gefrierfach genommen und hielt sie abwechselnd auf sein anschwellendes rechtes Auge und seine blutende Nase.
    »Ehrlich gesagt weiß ich nicht, ob das so eine gute Idee war«, sagte Pete mit Blick auf den Fisch. »Wenn der anfängt zu tauen …«
    »Mir egal. Wir sind gleich da.« Doug starrte ein paar Sekunden aus dem Fenster, dann fing er wieder an. »Dieser widerliche, stinkende, arrogante Sack. Was denkt der sich eigentlich!«
    Pete räusperte sich. »Du provozierst ihn immer. Du weißt, es macht ihn krank, wenn jemand sein Bad benutzt. Und ich glaube, heute kam einfach eine Menge für ihn zusammen.«
    »Ach ja? Was denn? Hat er vielleicht auch noch einen Möwenschiss auf dem Auto gehabt?«
    Pete schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht, aber er war anders als sonst. Er hatte so etwas …« Er suchte nach dem richtigen Wort: »… Gehetztes.«
    »Interessiert mich einen Dreck«, knurrte Doug, legte den Kopf zurück und hielt den Tiefkühlfisch auf sein Auge. Er zog den Ärmel seines Sweaters über die Hand und versuchte damit, die Blutung aus der Nase zu stoppen. Als sie vor dem Krankenhaus ankamen, sprang Doug einfach raus und überließ es Pete, die Rechnung zu bezahlen.
    Das war typisch für Doug. Um Beträge unter tausend Pfund kümmerten sich diese reichen Schnösel erst gar nicht. Für Pete waren fünf Pfund eine Menge Geld, aber er schaffte es nicht, etwas zu sagen. Er wusste, er setzte sich viel zu selten durch. Genauer gesagt setzte er sich nie gegen andere durch. Er selbst nannte es Harmoniesucht. In Wirklichkeit aber hatte er Angst davor, dass die Aggressionen der anderen etwas in seinem Innersten weckten, von dem er das deutliche Gefühl hatte, dass es besser weiterschlummerte.
    Pete wusste nicht genug über Cedric. Sie waren

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